Ausschussprotokoll

Landtag Ausschussprotokoll

Nordrhein-Westfalen                                                                                                                                 13/572

13. Wahlperiode                                                                                                                                           06.05.2002


Medienausschuss



21. Sitzung (öffentlich)

6. Mai 2002

Düsseldorf - Haus des Landtags

9.30 Uhr bis 16.50 Uhr

Vorsitz: Claudia Nell-Paul (SPD)

Stenograf(inn)en: Beate Mennekes, Franz-Josef-Eilting, Christoph Filla,

Eva-Maria Bartylla, Iris Staubermann, Gertrud Schröder-Djug,

Uwe Scheidel, Simona Roeßgen, Heike Niemeyer, Michael Endres,

Otto Schrader, Günter Labes (Federführung)



Verhandlungspunkte und Ergebnisse: Seite

1 Aktuelle Viertelstunde

Hier: NRW Medien GmbH 1

Der Ausschuss nimmt einen Bericht von Staatssekretär Adamowitsch entgegen. Anschließend werden von den Staatssekretären der Staatskanzlei Fragen der Abgeordneten beantwortet.



2 Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen (LMG NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 13/2368

Öffentliche Anhörung von Sachverständigen 9

1 Aktuelle Viertelstunde

Hier: NRW Medien GmbH

Vorsitzende Claudia Nell-Paul teilt mit, die CDU-Fraktion habe diese Aktuelle Viertelstunde beantragt. Außerdem gebe es von der FDP ebenfalls zu dem Thema "Entwicklung der NRW Medien GmbH" die Bitte um einen Bericht. Es habe eine Verständigung darauf stattgefunden, dieses Thema heute im Rahmen einer Aktuellen Viertelstunde zu behandeln. Nach dem Bericht der Landesregierung zu diesem Thema erhielten die Fraktionen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme. Eine ausführliche Debatte über die Entwicklung der NRW Medien GmbH solle jedoch auf der nächsten Sitzung am 31. Mai 2002 stattfinden. Dann werde auch der Geschäftsführer der NRW Medien GmbH anwesend sein.

CdS StS Adamowitsch berichtet:

Die Abgeordneten Hegemann und Dr. Grüll haben für ihre Fraktionen gebeten, dass die Landesregierung sich zu den Presseveröffentlichungen der letzten Tage und zu den Perspektiven der NRW Medien GmbH hier im Medienausschuss äußert.

Ich will das tun, nicht zuletzt deshalb, weil ich in der Gründungsphase - bis Ende 2001 - für das Thema Medien GmbH und die Gestaltung der entsprechenden Verträge als Chef der Staatskanzlei verantwortlich war. Dies war zwischen Frau Kollegin Meckel und mir so verabredet, und das ist auch hier im Medienausschuss bekannt.

Ich denke es ist hilfreich, sich zunächst einmal in Erinnerung zu rufen, dass die Errichtung der GmbH mehrere Phasen durchlief. Ich verweise auf die Ausschusssitzung vom 19. Januar 2001, in der ich Ihnen das Grobkonzept erstmals vorgestellt habe.

In der ersten Phase hat die Landesregierung intern geprüft, wie die Konstruktion einer Medien GmbH aussehen könnte. Dazu gehörten, neben anderem, natürlich auch die Finanzierung und die Suche nach einem geeigneten Geschäftsführer. Am 21. Juni 2001 wurde der Gesellschaftervertrag vor einem Notar geschlossen.

Kurz danach, zu Beginn der zweiten Phase, übernahm Herr Bauer die Gründungsgeschäftsführung. Bis zum Ende des Jahres 2001 hat er neben der Auswahl von ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Gesellschaft geschaffen.

Mit dem 1. Januar 2002 ist die GmbH - wie geplant - in ihre dritte Phase eingetreten und hat ihre operative Arbeit aufgenommen.

Bereits am 28. September 2001, das habe ich noch gut in Erinnerung, hatten Frau Kollegin Meckel und Herr Bauer den Haushalt und die Grundstruktur der Gesellschaft im Ausschuss vorgestellt. Sie haben auch die zum Teil komplizierten Verfahren erläutert, die sich aus dem Zusammenwirken einer auf das operative Geschäft der Medienwirtschaft ausgerichteten privaten Gesellschaft und der damit veränderten Aufgabe der Staatskanzlei ergeben können. Ich will einräumen, dass sich daraus Abstimmungsprobleme ergeben haben. Sie sind Gegenstand dessen, worüber der "Focus" in der letzten Zeit berichtet hat. Dazu Folgendes: Der "Focus"-Artikel und die Veröffentlichungen der "Rheinischen Post" beruhen ganz offensichtlich auf Indiskretionen, die ich nach Art, Umfang und Qualität so in meinem bisherigen Berufsleben noch nicht erlebt habe. Ich bedauere, dass davon auch schützenswerte Rechte Dritter betroffen sind.

Bei diesen Indiskretionen spielt ein gelber Klebezettel eine besondere Rolle. Den hat - damit es hier keinen Zweifel gibt - meine Persönliche Referentin mir zur Erinnerung an einen Vorgang geheftet, auf den ich gleich noch eingehen werde. Wie auch immer dieser Klebezettel zum "Focus" gelangt sein mag ­ auch im Medienausschuss möchte ich klarstellen: Meine Referentin genießt weiterhin mein Vertrauen. Daran will und werde ich auch nicht den Hauch eines Zweifels aufkommen lassen.

Dieser Klebezettel sollte mich daran erinnern, dass ich Frau Kollegin Meckel noch über die Ergebnisse einer Prüfung durch den Justiziar meines Hauses informieren sollte, um die sie gebeten hatte. Gegenstand der Prüfung war der Anstellungsvertrag mit Herrn Bauer und die Frage, zu welchen Bedingungen Herr Bauer den Vertrag vorzeitig auflösen könnte.

Diese Prüfung hatte folgenden Hintergrund: Ich habe eben dargestellt, dass die Medien GmbH im Januar 2002 ihre operative Arbeit aufgenommen hat. Daraus hat sich, wie gesagt, ein erheblicher Abstimmungsbedarf zwischen Staatskanzlei und Medien GmbH ergeben.

Tatsächlich ist es im 1. Quartal 2002 bei den entsprechenden Gesprächen und bei der Übertragung von Aufgaben der Staatskanzlei auf die Medien GmbH zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Ich halte dies im Übrigen nicht für außergewöhnlich, denn immerhin ging es darum, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in neue Strukturen, zudem in privatrechtlicher Form, zu überführen. Ich darf einige der aufgetretenen Probleme kurz skizzieren:

Der Geschäftsführer der Medien GmbH hat einen den handelsrechtlichen Erfordernissen entsprechenden Businessplan vorgelegt. Dieser enthält: Plan-, Gewinn- und Verlustrechnung, Liquiditätsplanung, Investitionsplanung, Leasingplanung, Personalplanung und Drei-Jahres-Planung.

Bei einer 100%igen Tochter des Landes wie der Medien GmbH gelten jedoch zusätzlich die besonderen haushaltsrechtlichen Vorgaben des Landes für die Erstellung eines Wirtschaftsplanes. Wie sich die Vorgaben des öffentlichen Rechts, insbesondere der Landeshaushaltsordnung mit den Anforderungen des Handelsrechts harmonisieren lassen, dazu war eine Reihe von intensiven Gesprächen notwendig.

Hierzu einige Beispiele, die nach meiner Auffassung deutlich machen, wie die beiden Welten ­ die der öffentlichen Verwaltung einerseits und die der Tätigkeit des Staates in privatrechtlicher Form andererseits ­ aufeinandertreffen:

Erstens. Unabdingbarer Bestandteil eines Wirtschaftsplanes ist grundsätzlich ein Organigramm, das den organisatorischen Aufbau erkennen lässt und einen Stellenplan, der die vorhandenen Stellen und die Vergütungsstruktur widerspiegelt. Seitens der Staatskanzlei wurde deshalb im Interesse weitestgehender Transparenz zunächst eine stellenscharfe Aufschlüsselung im Wirtschaftsplan verlangt. Der Geschäftsführer war bereit, der Gesellschafterin gegenüber die erbetenen Auskünfte im Einzelnen zu geben, regte aber aus nachvollziehbaren Gründen an, dieses nicht im Wirtschaftsplan dezidiert veröffentlichen zu müssen. Inzwischen ist dieses Problem in der Weise gelöst, dass sich die Staatskanzlei und die Medien GmbH auf einen Stellenplan nach Bandbreiten geeinigt haben.

Zweitens. Die Abgrenzung von Medienqualifikations- und Medienkompetenzprojekten.

Drittens. Die Übergabe bzw. die Übernahme von Förderprojekten.

Dies alles war für die Beteiligten mit kontroversen Fragen verbunden, aber diese sind in der Zwischenzeit ausgeräumt.

Lassen sie mich auf die Prüfungsbitte von Frau Kollegin Meckel zurückkommen: Während dieser Phase intensiver Beratungen gab es zwar keinen konkreten Anlass. Aber es gehört zur vorausschauenden Planung, sich auch mit der Frage zu beschäftigen, wie ein Geschäftsführervertrag ­ von welcher Seite auch immer ­ aufzulösen sei.

Deshalb ist mir der Hinweis wichtig, dass Frau Kollegin Meckel vorsorglich den von mir erwähnten Prüfauftrag angeregt hat. Ihr war der Vertrag zwar bekannt, aber schließlich war ich es, der den Vertrag mit Herrn Bauer ausgehandelt und unterschrieben hat. Dementsprechend habe ich einen Prüfauftrag an das Justiziariat meines Hauses gegeben.

Zum Vertrag mit Herrn Bauer möchte ich einige Anmerkungen machen. Sie wissen, dass ich mich zu Einzelheiten von Verträgen nicht äußern darf.

Wie alle Anstellungsverträge enthält auch der mit Herrn Bauer geschlossene Vertrag die folgenden üblichen Vertragsbestandteile: Regelung der Aufgaben und Pflichten, Regelung der Vertragsdauer, Regelung der Bezüge und Nebenleistungen, Nebentätigkeiten, Regelung eines Wettbewerbsverbotes.

Zu den Nebenleistungen gehört auch der im "Focus"-Artikel erwähnte 7er BMW mit Fahrer. Das orientiert sich an der Ausstattung eines Staatssekretärs. Soweit die Presse berichtet, dass Herr Bauer zunächst einen Audi A 6 mit Navigationssystem erbeten hat, kann ich Ihnen sagen, dass beide Fahrzeugtypen in der Landesregierung von Staatssekretären gefahren werden. Die Leasingkosten beider Autotypen weisen keine wesentliche Differenz auf.

Zum Gehalt von Herrn Bauer möchte ich nicht den "Focus" kommentieren, sondern Folgendes feststellen:

Die Medien GmbH ist eine erwerbswirtschaftlich ausgerichtete Gesellschaft. Sie ist nicht als Verwaltungsstelle zur Abwicklung von Förderprojekten konzipiert. Vielmehr nimmt sie umfangreiche und anspruchsvolle Dienstleistungsaufgaben wahr, die im Gesellschaftsvertrag spezifiziert sind. Zur Erfüllung dieser Aufgaben benötigt die GmbH einen Geschäftsführer, der ein komplexes Anforderungsprofil erfüllen muss. Diese Personen sind nur auf dem privatwirtschaftlichen Beschäftigungsmarkt zu gewinnen. Dass dort in Spitzenpositionen durchweg höhere Gehälter gezahlt werden als im öffentlichen Dienst, dürfte dem Ausschuss bekannt sein. Hinzufügen möchte ich: Die Gehälter von Geschäftsführern von Landesgesellschaften bewegen sich im Spannungsfeld von Besserstellungsverbot" und Branchenüblichkeit".

Zum Schluss möchte ich feststellen: Die Landesregierung wird weiterhin an der Medien GmbH und dem dahinter liegenden Konzept einer modernen Medienwirtschaftspolitik festhalten. Die NRW Medien GmbH wird weiterhin wie geplant und unter der Führung von Herrn Bauer die TIMES-Märkte und die Medienqualifikation in Nordrhein-Westfalen fördern und weiterentwickeln.

In den nächsten Tagen werden die Vorsitzenden Ihrer Fraktionen Briefe erhalten, in denen Sie gebeten werden, Mitglieder für den Aufsichtsrat der Medien GmbH zu benennen.

Lassen sich mich noch eine abschließende Anmerkung machen: Gemessen an dem, was sich zur Zeit an einem anderen Medienstandort an finanziellen und insolvenzrechtlichen Problemen auftut, bei denen weder ein Ende und die wirkliche Dimension abzusehen sind noch die politische Verantwortung geklärt ist, halte ich die derzeitige Berichterstattung über unsere Medien GmbH und die Medienaktivitäten unseres Landes für bemerkenswert. Dies gilt auch für das, was Sie heute im "Focus" zu diesem Thema lesen können.

Lothar Hegemann (CDU) erkundigt sich nach den Gründen, die Frau Meckel bewogen hätten, vier Wochen nach Aufnahme der operativen Arbeit ganz allgemein zu fragen, wie man sich von einem Geschäftsführer trennen könne. Außerdem bitte er mitzuteilen, ob diese Indiskretion bereits irgendwelche Konsequenzen nach sich gezogen habe bzw. ob der Versuch einer Klärung stattgefunden habe, wie es zu dieser Indiskretion habe kommen können. Schließlich wolle er erfahren, ob das Medienforum in der vorgesehenen Form stattfinden werde. Ferner sollte Frau Meckel noch bestätigen, dass die Verschiebung des Medienforums vorgenommen worden sei, um die Teilnahme Berliner Prominenz zu ermöglichen, und außerdem mitteilen, welche Mehrbelastungen diese Tatsache für die NRW Medien GmbH bedeute.

Dr. Stefan Grüll (FDP) möchte mit Hinweis darauf, dass der Staatssekretär von "dem Vertrag" gesprochen habe, wissen, ob er mit seiner Annahme falsch liege, dass mindestens zwei Verträge geben müsste, und zwar einen vom 1. August bis zum 31. Dezember 2001 und einen vom 1. Januar 2002, der nach dem Bericht des "Focus" eine mehrjährige Befristung enthalte. Gefragt werden müsse, worauf sich die vorsorgliche Prüfung bezogen habe und wann diese mit welchem Ergebnis stattgefunden habe. Wenn das Ergebnis der Prüfung in den zweiten Vertrag Eingang gefunden hätte, würde diese einen Sinn ergeben.

Zu der vom Staatssekretär mit dem Unterton des Unmutes auf Indiskretion zurückgeführte kommentierte Berichterstattung des "Focus", müsse er anmerken, dass er, Grüll, es vorziehe, aus dem "Focus" das Notwendige zu erfahren, statt, wie bisher, nicht entsprechend informiert worden zu sein.

Dr. Frank Freimuth (SPD) warnt vor einer zu starken Personalisierung in dieser Debatte. Die "klebrige Geschichte" aus dem "Focus" wolle er aus heutiger Sicht auch gar nicht weiter kommentieren. Der Bericht des Staatssekretärs habe deutlich gemacht, dass es eine arbeitsfähige NRW Medien GmbH gebe mit den Zielen: Beratung der Landesregierung und Stärkung des Medienlandes Nordrhein-Westfalen. Diese Einrichtung habe man mit den entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattet. Als Gegenleistung werde vor allem anständige Arbeit erwartet. Aus Sicht der Sozialdemokraten müsse aber eine parlamentarische Kontrolle gewährleistet sein. Deshalb bitte er noch einmal um eine klare Bestätigung, dass es in absehbarer Zeit die Aufsichtsratslösung geben werde.

Oliver Keymis (GRÜNE) betont, Presseartikel nicht zu kommentieren. Ärgerlich empfinde er aber, was man erfahre. Ihn überrasche schon, dass solche Verträge geschlossen würden. In der "Rheinischen Post" werde unter der Überschrift "Clement: Manche Manager zu gierig" genau dieses Thema aufgegriffen. Nach seinem Eindruck hänge ein Teil der jetzt zu führenden Diskussion damit zusammen, dass jemand sehr gutwillige Verträge habe abschließen können. Er bitte die Frage zu beantworten, ob zutreffe, dass Herr Bauer sich diesen Vertrag selbst geschrieben und der Staatssekretär diesen quasi nur paraphiert habe. Außerdem bitte er mitzuteilen, ob dieser Vertrag dem Finanzminister vorgelegen habe. Nach seinem Wissen würden Geschäftsführer bei landeseigenen Gesellschaften sozusagen kategorisiert. Dazu gehöre auch, wie sich das finanzielle Engagement auf den Landeshaushalt auswirke.

Im Übrigen empfinde er die augenblickliche Entwicklung bei der NRW Medien GmbH als höchst ärgerlich, weil alle ein Interesse daran hätten, dass diese Einrichtung als Effizienzagentur ordentlich laufe, und zwar unter Verwendung des Startkapitals, das man zunächst habe zur Verfügung stellen können. Zurückweisen müsse er insoweit die Kritik von Herrn Grüll, weil Herr Bauer gewusst habe, mit welchem Etat er diese Arbeit beginnen würde. Insofern liege für diesen kein Grund vor, dies nachträglich in irgendeiner Form - sei es lanciert oder wie auch immer - zu kritisieren. Über Dienstwagen wolle er nicht viel sagen, aber bemerkenswert finde er schon, dass Herr Grüll mit zweierlei Maß messe. In diesem Fall habe Dr. Grüll nämlich öffentlich geäußert, Dienstwagen spielten keine Rolle, während dieser Sachverhalt in anderen Zusammenhängen, wenn es um die Grünen gehe, von Herrn Grüll ständig thematisiert werde.

Staatssekretärin Dr. Miriam Meckel (StK) legt dar, zu dem Hintergrund ihrer Prüfbitte habe Staatssekretär Adamowitsch ausgeführt, dass in der ersten Phase des operativen Geschäftes der GmbH eine Reihe von Abstimmungsnotwendigkeiten und damit zwangsläufig auch Abstimmungsproblemen aufgetreten seien im Hinblick darauf, wie die beiden Welten einer privatwirtschaftlichen GmbH, vom Land getragen, und den Anforderungen der Landeshaushaltsordnung zusammenzubringen seien. In diesem Zusammenhang habe an der einen oder anderen Stelle der Eindruck gewonnen werden können, Herr Bauer wolle sich nicht länger mit den Anforderungen der Landeshaushaltsordnung beschäftigen, was in Ansätzen durchaus aus der Sicht eines Geschäftsführers einer privaten Gesellschaft zu verstehen sei. Auf dieser Grundlage habe sie nicht um die Prüfung gebeten, wie sich das Land von Herrn Bauer trennen könne, sondern darum, was passieren würde und welche Ansprüche gestellt werden könnten, wenn Herr Bauer sich entschlösse, sich aus dem Geschäftsführervertrag zurückziehen zu wollen. Diese Prüfbitte sei dann durch den Kollegen Adamowitsch und das Justiziariat der Staatskanzlei bearbeitet worden.

Was das Medienforum betreffe, habe sie tatsächlich einmal ausgeführt, in den Übergabegesprächen mit der GmbH sei beschlossen worden, den Termin des Medienforums von der ersten auf die zweite Wochenhälfte zu verlegen, weil dann die Möglichkeit gegeben wäre, bestimmte Berliner Politiker und Medienvertreter eher für eine Teilnahme am Medienforum gewinnen zu können, weil dort - wie in Nordrhein-Westfalen, verbunden mit den gleichen terminlichen Problemen - die üblichen Kabinetts- und Fraktionssitzungen in der ersten Wochenhälfte stattfänden. Ansonsten liege die Zuständigkeit für die Ausgestaltung und Durchführung des Medienforums bei der NRW Medien GmbH. Heute würden in einer Pressekonferenz um 13.00 Uhr in Köln der Öffentlichkeit das bisher bestehende Programm sowie die Planungen für das Medienforum vorgestellt.

CdS StS Adamowitsch teilt zu den Konsequenzen bezüglich der Indiskretionen mit, er habe einen Prüfauftrag in der Staatskanzlei veranlasst. Dieser sei noch nicht abgeschlossen. Er könne nur abgeschlossen werden, wenn er über den Weg dieses gelben Zettels sicher sein könne. Wenn er zu einem Ergebnis komme und über belastbare Hinweise verfüge, die er verwenden könne, müssten entsprechende Überlegungen angestellt werden. Ihn hätten diese Indiskretionen verärgert und enttäuscht. Sicherlich werde man verstehen, dass solche Vorgänge den Chef der Staatskanzlei nicht mit Freude erfüllten.

Zu den Verträgen treffe zu, dass mit Herrn Bauer in der zweiten Phase eine vertragliche Bindung vorgelegen habe. Ende des letzten Jahres sei dann von ihm, Adamowitsch, mit Herrn Bauer ein Vertrag geschlossen worden, der die Tätigkeit als Geschäftsführer der NRW Medien GmbH zum Gegenstand gehabt habe. Die Prüfbitte vom Februar dieses Jahres beziehe sich auf den im Dezember letzten Jahres abgeschlossenen Vertrag.

Was die Schaffung des Aufsichtsrats angehe, würden in dieser Woche die entsprechenden Briefe an die Fraktionsvorsitzenden versandt, in denen vorgeschlagen werde, wie dieses Gremium aussehen solle. Danach solle jede Fraktion in diesem Aufsichtsrat ein Mandat haben.

Zu dem Thema der Gehaltshöhe von Herrn Bauer habe er bereits darauf hingewiesen, dass diese sich im Spannungsfeld zwischen dem so genannten Besserstellungsverbot und der Branchenüblichkeit bewegen müsse. Bei dem Besserstellungsverbot handele es sich um einen Begriff aus dem Zuwendungsrecht. Die NRW Medien GmbH stelle aber keine Zuwendungsempfängerin dar. Vielmehr hätten Staatskanzlei und NRW Medien GmbH am 16. und 20. November 2001 einen Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrag auf privatrechtlicher Basis abgeschlossen, vergleichbar mit der Struktur des Vertrages mit der Filmstiftung. Das Zuwendungsrecht und damit auch das Besserstellungsverbot finde in dieser privatrechtlichen Konstellation keine Anwendung. Deshalb sei das Land nicht an die im öffentlichen Dienst gezahlten Gehälter gebunden, verliere diese aber auch nicht aus den Augen. Andererseits müssten die Gehälter in landeseigenen Gesellschaften regelmäßig auch an der Branche orientiert sein. Die NRW Medien GmbH sei erwerbswirtschaftlich ausgerichtet und nicht als Verwaltungsstelle zur Abwicklung von Förderprojekten konzipiert. Vielmehr nehme diese Einrichtung im Gesellschaftsvertrag spezifizierte umfangreiche und anspruchsvolle Dienstleistungsaufgaben wahr. Zur Erfüllung dieser Aufgaben benötige diese GmbH einen Geschäftsführer, der ein komplexes Anforderungsprofil erfüllen müsse. Solche Personen könnten nur auf dem privatwirtschaftlichen Beschäftigungsmarkt gewonnen werden. Dass dort höhere Gehälter als im öffentlichen Dienst bezahlt würden, dürfte auch in diesem Ausschuss bekannt sein.

Im Zusammenhang mit dem Besserstellungsverbot gebe es eine Grundsatzbestimmung des Finanzministeriums. Dieser Vertrag von Herrn Bauer bewege sich im Rahmen dessen, was mit dem Finanzministerium vom Grundsatz her auch für andere Verträge vereinbart worden sei. Nach dieser Veröffentlichung im "Focus" habe er sich noch einmal mit dem Finanzministerium abgestimmt. Das Finanzministerium habe danach an diesem Vertrag keinerlei Anmerkungen zu machen.

Dr. Stefan Grüll (FDP) hebt heraus, für ihn erscheine irrelevant, wer den Vertrag entworfen habe, weil entscheidend sei, wer diesen unterschreibe. Die beiden den Vertrag unterschreibenden Parteien würden sich schon Gedanken machen, worunter sie ihre Unterschrift setzten. Da der Staatssekretär aber die Frage nach dem Entwurfverfasser nicht beantwortet habe, wecke das seine Neugier.

Klarstellen wolle er auf die Ausführungen von Herrn Keymis hin, dass er, Grüll, gesagt habe, wenn man einen kompetenten Menschen gewinnen wolle, der gute Arbeit leiste und nach den Vorstellungen der FDP-Fraktion bei der NRW Medien GmbH einen ordentlichen Etat zu verwalten haben und nicht eine Event-Agentur leiten solle, dann wäre die Frage des Dienstwagens für ihn heuchlerisch. Wenn dieser Geschäftsführer jedoch nur wenig Geld erhalte und lediglich ein Medienforum zu organisieren hätte, dann wäre jeder Dienstwagen einer zuviel.

CdS StS Adamowitsch teilt zur Vertragsentstehung mit, er habe sich mit Herrn Bauer in mehreren Gesprächsrunden über die Bausteine des Vertrages unterhalten. Des weiteren habe es von Herrn Bauer briefliche Anmerkungen gegeben. Auf die eine bezüglich des Dienstwagens sei er, Adamowitsch, eingegangen. Die Staatskanzlei habe dann die schriftlichen und mündlichen Vereinbarungen in einen Vertrag gegossen. Dieser Vertrag trage die Unterschriften von ihm und Herrn Bauer.

Lothar Hegemann (CDU) erinnert an die Erklärung von Herrn Bauer im Ausschuss, auf weitere, auch selbstständige, Nebentätigkeiten nicht zu verzichten. Dazu wolle er wissen, ob es beim Land vergleichbare Fälle bei Geschäftsführerverträgen etwa der Größenordnung nach gebe. Vielleicht könne im Hauptausschuss berichtet werden, was die anderen Geschäftsführer bei landeseigenen Gesellschaften verdienten. Dies sei der zweite Fall im Medienbereich, wo jemand mehr als der Ministerpräsident verdiene. Der Ministerpräsident befinde sich rund um die Uhr im Einsatz, Herr Bauer habe jedoch eine Teilzeitbeschäftigung. Aus der Erklärung von Frau Meckel, diesen Vertrag nicht unterschrieben zu haben, könne entnommen werden, dass sie diesen auch nicht unterschrieben hätte. Frau Meckel sollte dazu insoweit ausdrücklich eine Erklärung abgeben, weil nur die Distanzierung vom Chef der Staatskanzlei nicht ausreiche.

CdS StS Adamowitsch informiert, zwischen ihm als Staatssekretär und Herrn Bauer sei eine Vertragsanlage über Nebentätigkeiten ausgehandelt worden. Diese unterlägen einem Wettbewerbsverbot. Somit sei das, was Herr Bauer nach diesem Vertrag an Nebentätigkeiten ausüben könne, unstrittig. Zurückweisen wolle er aber eine Darstellung, als wäre Herr Bauer so etwas wie ein Freizeitgeschäftsführer. Die Gehaltshöhen der einzelnen Geschäftsführer von landeseigenen Gesellschaften dürften nicht bekannt gegeben werden, weil es sich um personengeschützte Daten handele. Zu der grundsätzlichen Frage nach der Höhe der Gehälter von Geschäftsführern in landeseigenen Gesellschaften habe er bereits Anmerkungen insbesondere bezüglich des Themas Besserstellungsverbotes gemacht.

Dr. Stefan Grüll (FDP) äußert mit Blick auf die nächste Sitzung des Medienausschusses die Bitte, die Landesregierung möge präzise darlegen, ob das vom Staatssekretär ursprünglich verfolgte Ziel, alle medienrelevanten Titel der Ressorts der NRW Medien GmbH zu übertragen, worauf die Sympathie der FDP-Fraktion für diese Einrichtung beruhe, noch im Blick sei, wenn gesagt werde, man sei an dem Fortbestand der NRW Medien GmbH interessiert. Wenn die Version "NRW Medien GmbH light" gemeint werde, entfiele nämlich seine Zustimmung zu diesem Instrument.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul schließt die Aktuelle Viertelstunde mit dem nochmaligen Hinweis, dass in der Sitzung am 31. Mai dieses Thema erneut auf der Tagesordnung stehen werde.

Die Sitzung des Ausschusses wird im Anschluss im Plenarsaal mit der Anhörung zum Landesmediengesetz fortgesetzt.



2 Öffentliche Anhörung

Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen (LMG NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 13/2368

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Ein herzliches Willkommen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament, hier im Landtag Nordrhein-Westfalen! Wir sind heute zu einer öffentlichen Anhörung zusammengekommen. Thema der Anhörung ist das Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf der Landesregierung mit der Drucksache 13/2368.

Dieser Gesetzentwurf wurde dem Landtag am 12.03.2002 als Drucksache zugeleitet, am 20.03.2002 erfolgte die Einbringung in erster Lesung im Plenum. Am 08.04.2002 gab es eine Sondersitzung des Medienausschusses auf Antrag der Koalitionsfraktionen, einziger Tagesordnungspunkt war der Beschluss über eine öffentliche Anhörung. Am 19.04.2002 hat die Landesregierung den Gesetzentwurf bereits im Medienausschuss vorgestellt. Auch der Landesrechnungshof hat dazu einen Bericht abgegeben.

Sie werden sich wundern, dass wir hier in so großer Runde sind und Sie alle angeschrieben wurden, Ihre Stellungnahme zum Gesetzentwurf in schriftlicher Form darzulegen. Das hat folgenden Hintergrund: Der Medienausschuss hat nach zum Teil streitiger Diskussion, Einvernehmen darüber erzielt, wie diese Anhörung durchgeführt werden soll. Üblicherweise finden Anhörungen mit fünf bis zehn Sachverständigen statt. Wir waren aber der Meinung, da dieses Gesetz sehr viele interessiert und betrifft, dass wir all denjenigen, die mit diesem Gesetz arbeiten und von diesem Gesetz betroffen sind, die Möglichkeit geben sollten, ihre Stellungnahme im Parlament einzubringen.

Das bedeutet: Wir haben ca. 70 Sachverständige angeschrieben, um ihre Meinung einzuholen, und in ähnlicher Größenordnung Rückmeldungen bekommen, wofür wir uns heute schon ganz herzlich bedanken.

Sie werden hoffentlich Verständnis dafür haben, dass wir durch dieses breite und offene Verfahren nicht gewährleisten konnten, dass jeder von Ihnen seine schriftliche Stellungnahme hier noch einmal mündlich vortragen kann. Das würde sicherlich dieses heutige Forum überfordern, sodass wir ein nicht ganz neues, aber doch unübliches Verfahren für den Landtag gewählt haben. Das heißt, die Damen und Herren Abgeordneten haben sich durch Ihre Stellungnahmen sehr intensiv vorbereitet. Wir werden somit direkt in eine Fragerunde einsteigen. Sie haben dann die Möglichkeit, konkret auf die Fragen der Abgeordneten zu antworten.

Damit wir dieses Gesetz in einem gewissen inhaltlichen Zusammenhang diskutieren, möchten wir die heutige Anhörung in fünf Blöcke aufteilen. Wir beginnen mit Block 1 - Zulassung und Programm, dahinter befinden sich die Abschnitte I, II, III und V. Sie merken, dass wir auch bei der Zusammenstellung der Blöcke in den Paragraphen des Gesetzentwurfes zum Teil gesprungen sind. Wir meinen aber, dass es richtig und wichtig ist, den inhaltlichen Zusammenhang herzustellen.

Danach folgen Block 2 - Landesanstalt für Medien -, Block 3 - Medienkompetenz/Mediennutzerschutz, Lokaler Hörfunk und Bürgermedien -, Block 4 - Kabelbelegung und Digitalisierung - und Block 5 - sonstige Vorschriften.

(Die Vorsitzende gibt dann Ablaufhinweise.)

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt die Liste der Sachverständigen mit Angabe der Zuschriftennummern vor. Die Zuschriften können Sie auch im Internet finden.

Zur Geschäftsordnung hat jetzt Herr Hegemann das Wort.

Lothar Hegemann (CDU): Es war vereinbart, dass direkt in die Diskussion eingestiegen wird. Einige haben aber in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass sie wegen der unstrittig kurzen Zeit bitten, eine weitere mündliche Stellungnahme abgeben zu können. Ich meine, diejenigen, die es gewünscht und keine andere Erklärung bekommen haben, sollten dazu auch die Möglichkeit erhalten. Ich will jetzt nicht ein Fass aufmachen, dass alle dann vortragen möchten. Das wäre bei 70 Eingeladenen zu extrem. Aber wenn jemand um die Möglichkeit einer mündlichen Stellungnahme bittet - es ist bei einem Hearing auch nicht ungewöhnlich, etwas vorzutragen -, sollten wir diesem Wunsch stattgeben.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Das war ein Antrag zur Geschäftsordnung. Ich verweise darauf, dass sich die Fraktionen auf ein anderes Verfahren verständigt haben. Ich appelliere an diejenigen, die diesen Wunsch geäußert haben, im Sinne der Gerechtigkeit für die anderen Sachverständigen, die sich an das Verfahren gehalten haben, sich auf die genannte Vorgehensweise einzulassen. Sie haben sicherlich auch aufgrund der Tatsache, dass wir die Blöcke gebildet haben, heute mehrfach die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Ich glaube, dass Sie alle dadurch großen Raum haben, Ihre Meinung hier einzubringen.

Wird das, was Herr Hegemann formell beantragt hat, von den Fraktionen gewünscht?

Dr. Stefan Grüll (FDP): Ich überlasse es Ihnen, ob Sie das formell als Gegenrede werten oder nicht. - Dass auch die FDP-Fraktion nicht mit der Geschwindigkeit einverstanden war, erwähne ich der Vollständigkeit halber. Gleichwohl haben wir uns, weil wir noch nicht die Mehrheit haben, darauf mit einlassen müssen, dass es heute hier in der Weise abläuft, wie es ablaufen soll. In dem Kontext haben wir uns allerdings auf einen bestimmten Anhörungsablauf verständigt, Herr Hegemann. Ich wäre auch lieber in der Regierung als in der Opposition. Nur weil vielleicht der eine oder andere den Satz, auf den Sie zu Recht hinweisen, nicht geschrieben hat, weil er bereit ist, sich an das Verfahren zu halten, sollten wir im Interesse der Gleichbehandlung den Tag für alle Beteiligten so wenig schmerzhaft gestalten, wie er unter den misslichen Umständen nur gestaltet werden kann. Insofern spreche ich formal gegen diesen Antrag.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Ich kann formal nur so verfahren, dass ich jetzt den Ausschuss darüber abstimmen lasse.

Wer dem Antrag von Herrn Hegemann zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. - Das ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir verfahren dann so, wie wir es vereinbart haben. Ich bitte diejenigen, die sich jetzt möglicherweise zurückgesetzt fühlen hinsichtlich der Abgabe Ihrer Stellungnahme, die Größe dieses Forums zu sehen und unseren Wunsch zu akzeptieren, wirklich in eine breite Diskussion einzusteigen. Jeder, der hier sitzt, sollte sich vorstellen: Hätten wir nur fünf geladen, käme er vielleicht gar nicht zu Wort. Ich bitte Sie also, wirklich anzuerkennen, dass es darum geht, eine breite Debatte zum Landesmediengesetz zu eröffnen.

Ich rufe jetzt auf den Block 1

Zulassung und Programm

Ich bitte dann um Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. - Als erster Redner hat Herr Keymis das Wort.

(Die Vorsitzende gibt zunächst noch einige Hinweise zur Bedienung der Mikrophonanlage.)

Oliver Keymis (GRÜNE): Ich möchte eine Frage an Professor Stock stellen. Mich interessiert das Thema "Führerscheinprinzip". Mich beschäftigt diese Frage nach wie vor, weil wir über das Gesetz seit einiger Zeit reden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dazu Ausführungen machen würden.

Meine zweite Frage richtet sich ebenfalls an Professor Stock und an Frau Bock-Rosenthal. Sie steht im Zusammenhang mit dem Thema "Vielfalt und Qualität". Wir Grünen haben das in unserem Grundlagenpapier bereits im Mai vorigen Jahres zum Prinzip für das Gesetz erhoben. Meine Frage an Sie lautet: Reicht das, was wir dazu bisher im Gesetzentwurf vorgelegt haben, aus, um die Erfüllung dieser beiden Prinzipien hinreichend zu sichern, wie wir das aus unserer Sicht gern sehen würden?

Dr. Frank Freimuth (SPD): Schönen guten Morgen! Herzlichen Dank für die zahlreichen schriftlichen Stellungnahmen. Das ermöglicht uns Parlamentariern eine offene Diskussion zu diesem Gesetzentwurf. Herzlichen Dank auch dafür, dass Sie heute Morgen nach Düsseldorf gekommen sind.

Ich habe zunächst eine Frage zu einem der Zentren dieses Gesetzentwurfes, nämlich zu dem Thema "Zulassung und Zuweisung". Der Gesetzentwurf sieht ja, wie wir alle wissen, eine Trennung von Zulassung und Zuweisung vor. Meine Frage lautet: Wie beurteilen Sie diese Trennung von Zulassung und Zuweisung? Meine zweite Frage erfolgt auf der Grundlage dieser Trennung von Zulassung und Zuweisung: Welche Empfehlungen haben Sie, was die Ausgestaltung der Trennung angeht? Sind die Anforderungen in Bezug auf die Zulassung - das betrifft die §§ 4 bis 9 - ausreichend? Sind die Programmgrundsätze und die Sanktionsmöglichkeiten ausreichend oder ergänzungsbedürftig?

Mir persönlich ist auch vor dem Hintergrund der Ereignisse von Erfurt sehr wichtig die Frage: Sind aus Ihrer Sicht die Regelungen zum Jugendschutz - § 35 - ausreichend?

Meine Fragen richten sich insbesondere an die Landesanstalt für Rundfunk, den DGB, den Deutschen Journalistenverband, an die Verbraucherzentrale und an den Landesjugendring.

Lothar Hegemann (CDU): Ich habe eine Frage an die LfR und an den VPRT: Können Sie mit den Regelungen des Gesetzes in allen Punkten etwas anfangen? Wissen Sie jetzt, was Sie zu tun haben, was Ihre Pflicht ist?

An den VPRT folgende Frage: Sind Sie mit dem Zulassungsverfahren, das der Gesetzentwurf vorsieht, für den privaten Wettbewerb einverstanden, z. B. bezüglich des Ballungsraumfernsehens?

Dann noch eine Frage an die Verleger: Sind Sie mit den Regelungen zu den Beteiligungen - als Anbieter und als Zulieferer zu möglichen Fensterprogrammen - einverstanden?

Dr. Stefan Grüll (FDP): Ich möchte den Verlegern es auch mit Blick auf die Zeit ein wenig einfacher machen. Wenn vermutlich heute Nachmittag die FDP-Fraktion die Streichung des § 33 Abs. 4 beantragen wird, fände das Ihre Zustimmung? Von der LfR würde mich die Antwort interessieren auf die Frage: Teilen Sie meine Einschätzung, dass auf diesen § 33 Abs. 4 vollständig verzichtet werden könnte? Meine zweite Frage: Mit Blick auf die Quotierungen in § 33 Abs. 2 und 3 argumentiert die Landesregierung damit, dass es verfassungsrechtlich notwendig sei, eine Begrenzung auf 25 % vorzunehmen. Das geschieht unter Hinweis darauf, dass sich der nordrhein-westfälische Medienmarkt beispielsweise von dem hessischen, wo ja eine andere prozentuale Kappung besteht, unterscheide. Mir ist bisher nicht einleuchtend, worin der Unterschied liegt. Könnten Sie mir an dieser Stelle weiterhelfen?

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Nachdem nun alle Fraktionen einmal gesprochen haben, würde ich Sie jetzt um Stellungnahme bitten. Wir fangen an mit Frau Bock-Rosenthal, der ich jetzt das Wort gebe.

Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal (Landesrektorenkonferenz NRW/Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen des Landes NRW): Frau Vorsitzende, erlauben Sie mir zuerst mitzuteilen, dass ich zwei Organisationen vertrete. In der Anwesenheitsliste bin ich nur für die Landesrektorenkonferenz Nordrhein-Westfalen eingetragen; das sind die Universitäten. Ich vertrete aber auch die Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen, und zwar seit der Konstituierung der ersten Landesrundfunkkommission.

Meine Damen und Herren, ich möchte zu der Frage, die im ersten Block ansteht, zunächst zu bedenken geben, dass wir in sehr bewegten medienpolitischen Zeiten agieren. Als dieses Gesetz vor anderthalb Jahren vom Ministerpräsidenten angekündigt wurde und hier signalisiert wurde, man möchte die Weichenstellung für die Zukunft, für die Digitalisierung mit einem solchen Gesetz vornehmen, war die gesamte Medienlandschaft noch in einer völlig anderen Verfassung als heute.

Ich erinnere nur daran, dass z. B. der verhinderte Verkauf der Kabelnetze an Liberty die gesamte Situation, was die Umgestaltung der Kabelnetze und die Möglichkeit der Digitalisierung in der Bundesrepublik angeht, verändert hat. Ganz besonders ish in Nordrhein-Westfalen leidet unter diesen Bedingungen. Wir müssen sehen, dass wir mit einer gesetzlichen Strukturierung vernünftige Weichenstellungen finden.

Bezüglich des Zusammenbruchs der Kirch-Gruppe möchte ich daran erinnern, dass es auch die Medienpolitik war, die in der Vergangenheit dazu geführt hat, dass es ein Duopol in Deutschland - Bertelsmann und Kirch - hat geben können. Da ich in der Landesrundfunkkommission von Anfang an dabei war, möchte ich auch daran erinnern, dass die erste Landesrundfunkkommission am Ende ihrer Amtszeit nach dem damaligen Recht einen Beschluss gefasst hat, in dem es um die Vielfaltssicherung nach Anteilseignern ging. Damals hat die Landesrundfunkkommission beschlossen, dass die Kirch-Gruppe sich hätte entflechten müssen, sonst hätte Sat.1 hier keine Verlängerung der Lizenz erhalten. Herr Doetz, der heute für den VPRT hier ist, wird sich erinnern.

Das heißt, nach dem damaligen Gesetz hat die Landesrundfunkkommission hier durchaus Zähne gezeigt. Dann kam das "Wunder von Bad Neuenahr", und man hat für die Vielfaltsicherung ganz andere Strukturen gefunden, nämlich die Messung von Zuschaueranteilen. Über die hohen Margen, die damals angelegt worden sind, hat sich dann in der Bundesrepublik diese Duopolstruktur entwickeln können mit der Kirch-Gruppe auf der einen und der Bertelsmann-Gruppe auf der anderen Seite und ein paar kleinen dazwischen.

Damit Ihnen allen das deutlich wird, erinnere ich auch daran: Es sind nicht nur die Kräfte des Marktes, es ist nicht nur die Wirtschaftspolitik, sondern es ist die Medienpolitik als solche, die die Gesamtentwicklung beeinflusst hat. Deshalb möchte ich Sie alle heute herzlich bitten, sich im Zusammenhang mit der Schaffung dieses Landesmediengesetzes bewusst zu sein, wie viel durch die Politik vorgeformt wird.

Es gibt noch andere Bedingungen, wenn ich z. B. daran denke, dass hier ein Ballungsraum-fernsehen eröffnet werden soll: Bundesweit gibt es kein Ballungsraumfernsehen, das schwarze Zahlen schreibt. Alle schreiben rote Zahlen. Alle sind nicht zuletzt aufgrund des Zusammenbruches der Kirch-Gesellschaften in sehr schwierigen Situationen.

Es gibt also aus meiner Sicht vielfältige Gründe zu sagen: Was wir bräuchten, ist eigentlich eine Politik der ruhigen Hand, die durch dieses schwierige Fahrwasser Kontinuität ermöglicht. Gerade im Hinblick auf die Zulassungen und im Hinblick auf die Programmqualität, auch im Hinblick auf die Kabelbelegung, was in einem späteren Block kommt, würde ich sehr dafür plädieren, dass wir hier für Kontinuität sorgen und keine abrupten Umbrüche zulassen.

Zum Gesetzesvorschlag ganz konkret: Hier wird vorausgesetzt, dass man im Zuge einer Art Medienführerschein zwei Teile des bisherigen Lizensierungsverfahrens auseinander nehmen kann, dass man für ein Zulassungsverfahren sorgt, das nach der Vorstellung dieses Gesetzes im Grunde jedem ermöglicht, eine Lizenz zu erhalten.

Ich plädiere auch aus den langen Erfahrungen heraus, die ich als Vorsitzende des Ausschusses für landesweite und in Kabelanlagen weiterverbreitete Rundfunkprogramme in der LfR habe, sehr dringend dafür, nicht nur einen Führerschein vorzusehen, der nicht viel mehr abprüft als die Tatsache, ob jemand die bürgerlichen Ehrenrechte hat oder nicht. Ein Führerscheinprinzip heißt für mich auch, dass jemand beweisen und belegen muss, dass er überhaupt fahren kann. Das würde bedeuten, dass hier Vorschriften hinein müssen, die abfordern zu dokumentieren, dass man überhaupt in der Lage ist, Programm zu machen, dass man in der Lage ist, das auch nach wirtschaftlichen Kriterien zu machen, dass man nicht nur z. B. einen schwunghaften Handel mit Lizenzen aufmacht, und dass es der neuen Landesanstalt für Medien auch erlaubt ist, extremistische Sender oder so etwas herauszufiltern. Wir haben in der Vergangenheit solche Fälle gehabt. Wir hätten fast einen Milli-Görüs-Sender lizensiert, wenn wir nicht hätten genau hinschauen können.

Ich plädiere also sehr deutlich dafür, in § 5 - Zulassung - wieder einzuführen:

"Sie müssen wirtschaftlich und organisatorisch in der Lage sein, eine Rundfunkveranstaltung, die anerkannten journalistischen Grundsätzen und den programmlichen Anforderungen dieses Gesetzes genügt, antragsgemäß durchzuführen."

Ich halte das für völlig unverzichtbar. Ansonsten ist dieser Teil eine Farce.

Übrigens kann man, wenn man nicht nur die Zulassung von Fernsehprogrammen, sondern auch die Zulassung von Mediendiensten regeln will, wie das ja vorgesehen ist, gesetzestechnisch sehr wohl differenzieren und die Latte für die Lizensierung von Rundfunkprogrammen anders anlegen, als wenn es rein um Mediendienste geht. Das halte ich nur für eine gesetzestechnische Frage.

Dann zu den Fragen der Qualität! In § 31 - Programmgrundsätze - ist im Verhältnis zum alten Gesetz der entscheidende Absatz herausgefallen. Herausgefallen ist auch der alte § 11, worin der Programmauftrag und die verfassungsrechtliche Anbindung geklärt sind. Auch hier kann mann meiner Meinung nach gesetzestechnisch unterschiedlich formulieren, je nachdem, ob es sich um reine Mediendienste oder um Rundfunk handelt.

Ich würde deshalb dringend dafür plädieren, in den § 31 - Programmgrundsätze - sowohl Elemente des alten § 11 - Programmauftrag - zu integrieren als auch den alten § 12 Abs. 3 LRG, der die operationalisierbaren Vorschriften zum Programmauftrag und zur Qualitätssicherung enthält, unbedingt wieder zu integrieren. Ein ausformulierter Vorschlag hierzu liegt in den Zuschriften der beiden Landesrektorenkonferenzen vor.

Meine Damen und Herren, gerade in den medienpolitisch sehr bewegten Zeiten, in denen wir uns befinden, halte ich es für unverzichtbar, diesen Programmauftrag hier noch einmal deutlich zu artikulieren. Denn alles, was die Landesanstalt für Rundfunk bisher in dieser Richtung zur Qualitätssicherung hat unternehmen können, ist ja nicht nur auf der Schiene der Programmbeschwerden oder auf der Schiene von Monita erfolgt. Im Grunde haben wir versucht, in einer kommunikativen Art und Weise die Themen der Qualitätssicherung anzugehen. Das heißt, wir haben Forschung initiiert, die eine vergleichende Betrachtung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem Privatrundfunk ermöglicht hat und die uns dann auch in Diskussionen mit privaten Veranstaltern gebracht hat. Wir haben, denke ich, ein Stück weit erfolgreich daran mitgewirkt, dass es beispielsweise einen "code of conduct" der Privaten gibt und dass es die Programmbeobachtungen auf der Ebene der DLM gibt. All das haben wir mit unseren Forschungen angestoßen.

Das alles wäre nicht mehr möglich, wenn die Programmaufträge zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem privaten Rundfunk so unterschiedlich formuliert würden, dass Herr Pleitgen dann vielleicht mit Recht monieren würde: Bitte, das könnt ihr nicht mehr vergleichen! - Genau das ist uns beim ersten Forschungsprojekt passiert. Da haben wir vom Intendanten des WDR einen bösen Brief bekommen, was uns eigentlich einfiele, einen Vergleich zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Rundfunk anzustellen. Das konnten wir nach dem bisherigen Gesetz sehr wohl, und das ist ein sehr wichtiger Faktor.

Wenn hier politisch nach außen verkündet wird "Wir wollen eine Liberalisierung des Privatrundfunks" und gleichzeitig gesagt wird "Wir halten aber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hoch; das soll die Messlatte sein" - meine Damen und Herren, das funktioniert nicht, wenn hier nicht mindestens eine Vergleichbarkeit möglich ist. Darauf möchte ich deutlich aufmerksam machen, denn wir haben in der Vergangenheit gerade in unseren Forschungsprojekten gesehen, dass es Angleichungsprozesse und Nivellierungsprozesse gibt: Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk geht herunter, geht in Richtung "Infotainment" und dergleichen. Je weiter wir liberalisieren, deregulieren und die Programmanforderungen im Privatrundfunkbereich nach unten ziehen, desto schwerer machen wir es den Öffentlich-Rechtlichen. Das muss man ganz deutlich sagen. Ich bitte Sie, dass Sie sich dieser Verantwortung, meine Damen und Herren Abgeordneten, bewusst sind. Das ist keine Gesetzesrhetorik, die hier drin steht.

Es stehen beispielsweise folgende Vorschriften im Gesetzentwurf: Jedes Vollprogramm muss in der Erfüllung des Programmauftrages die Vielfalt der Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck bringen. Die bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen in jedem Vollprogramm angemessen zu Wort kommen. Auffassungen von Minderheiten sind zu berücksichtigen. Jedes Vollprogramm soll in der Berichterstattung angemessene Zeit für die Behandlung kontroverser Themen von allgemeiner Bedeutung vorsehen.

Meine Damen und Herren, diese Thematik - die Behandlung kontroverser Themen - war das erste Forschungsprojekt, das wir zur Operationalisierung und zur Programmbeobachtung bei Professor Weiß in Auftrag gegeben haben, der heute die Programmberichterstattung für die gesamte DLM macht. Das ist also keine Gesetzesrhetorik. Es sind vielmehr sehr wichtige Vorschriften.

Anderswo wird es anders geregelt. In unserem Nachbarland Frankreich werden die Minuten gezählt, in denen die Vertreter der politischen Parteien Gelegenheit haben, zu einzelnen Punkten Stellung zu nehmen. Ich plädiere nicht dafür, dass wir das so machen; missverstehen Sie mich bitte nicht. Es war aber für uns sehr interessant, denen einmal über die Schulter zu schauen, wie sehr dies als relevant für die politische Meinungsbildung in einer Demokratie betrachtet wird. Das ist der eigentliche Kern dieser Sache. Alles andere können Sie nachlesen.

Prof. Dr. Martin Stock (Universität Bielefeld): Es fällt mir leicht, mich kurz zu fassen, denn ich bin in sämtlichen Punkten mit dem einig, was Frau Bock-Rosenthal eben schon vorgetragen hat.

Falls Sie die schriftlichen Stellungnahmen studiert haben, werden Sie den Eindruck gewonnen haben, dass wir am selben Strang ziehen. Ich möchte nur ein paar ergänzende Bemerkungen zu dem verfassungsrechtlichen Hintergrund dieser Fragen machen.

Es waren zwei Fragen, die von Herrn Keymis zunächst gestellt wurden. Erstens. Wie steht es mit dem Führerscheinprinzip? Zweitens. Wie steht es mit der Vielfalts- und sonstigen Qualitätssicherung? - Diese beiden Dinge stehen miteinander im Zusammenhang. Das ist eben auch schon angesprochen worden. Ich habe diese Zusammenhänge in meinen schriftlichen Stellungnahmen etwas genauer herauszuarbeiten versucht und erlaube mir, darauf zu verweisen und nur ganz kurz noch einmal eine Anmerkung dazu zu machen.

Erstens. Deregulierung des Zulassungsverfahrens gleich Führerscheinprinzip. Zweitens. Deregulierung der programmlichen Standards, die auf Vielfaltsicherung und sonstige Qualitätssicherung angelegt sind. - Das sind in meinen Augen die beiden entscheidenden Punkte an diesem Gesetzentwurf, und die müssen wir grundsätzlich diskutieren.

Das Neue an dem Gesetzentwurf ist nun, dass diese beiden Punkte miteinander verbunden sind. Schon im Zulassungsverfahren wird ein Deregulierungsschritt getan, der nachher nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wie ich meine. Ich halte gerade dieses Zusammenwirken dieser beiden Deregulierungsschritte für ein riskantes Konzept.

Ich habe darauf hingewiesen, dass im Hintergrund unterschiedliche Vorstellungen des Inhalts vom Grundrecht der Rundfunkfreiheit stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat nach wie vor auch für den privaten Sektor festgehalten an dem Konzept der Rundfunkfreiheit als öffentlich dienender Freiheit, welche funktional zu verstehen ist, und dieses Konzept ist im bisherigen NRW-Rundfunkrecht sowohl im WDR-Gesetz als auch im Landesrundfunkgesetz verankert gewesen. Im Landesrundfunkgesetz erfährt es gewisse Abstriche, das hat die Verfassungsrechtsprechung genau abgebildet.

Unser § 11 und unser bisheriger § 12 LRG sind nicht so ganz vollmundig formuliert wie die §§ 4 ff. des WDR-Gesetzes, aber sie ähneln ihnen in gewisser Weise. Das ist ein Ausdruck verfassungsrechtlicher Grundsätze. Nach dem Verfassungsrecht kann man eben nicht einfach beliebig deregulieren - auch nicht auf dem privaten Sektor. Man kann nicht sagen: Die wesentlichen qualitätssichernden Angebote kommen vom öffentlichen Sektor, dem privaten Sektor geben wir frei. Wir streben da ein presseähnliches Modell der Marktsteuerung an. - Das geht nach der bisherigen Verfassungsrechtsprechung eben nicht.

Die Konsequenz ist, dass man diese beiden Deregulierungsschritte, die jetzt anstehen, im einfachen Gesetz - wie ich meine - nicht vollziehen kann. Daraus folgt, dass schon im Zulassungsverfahren eine auf programmliche Anforderungen bezogene Zulassungsvoraussetzung wieder eingeführt werden muss. Das hat Frau Bock-Rosenthal auch ausgeführt.

In § 5 hatten wir bisher eine solche Klausel, und ich denke, die sollte man auch nicht streichen. Ich habe bisher übrigens auch keine in irgendeiner Weise plausible Erläuterung gehört, warum man das streichen will. Wenn man die bisherigen Regelungen beibehält, ergibt sich eine Querverbindung zu den programmrechtlichen Anforderungen. Heute ist es der § 31. Auch ich bin der Meinung, dass das, was in § 31 steht, nicht ausreicht. Wir müssen vor allem den alten gesetzlichen Programmauftrag beibehalten. Das muss, wie ich meine, vor § 31 in das Gesetz hineingeschrieben werden. Warum § 11 LRG NW gestrichen werden soll, hat mir bisher niemand erklären können, und ich halte es auch nicht für ratsam.

In dem bisherigen § 12 ist es vor allem der Absatz 3 - Binnenpluralität für Vollprogramme; auch das hat Frau Bock-Rosenthal schon gesagt -, an dem wir festhalten möchten. Wenn man diese programmlichen Anforderungen beibehält, kann man auch im Zulassungsverfahren eine darauf bezogene Zulassungsvoraussetzung artikulieren, und dann mag man über alles Weitere reden.

Ich möchte noch eine Schlussbemerkung zu der Vorstellung machen, man könne ein einheitliches Mediengesetz in der Weise machen, dass man die bisherigen rundfunkspezifischen Standards dereguliert und - presseähnlich - auf ein geringeres Regelungsniveau zurückfährt, etwa auf das der Mediendienste. Das ist eine Vorstellung von Konvergenz, die ich für kurzsichtig halte. Sie ist auch verfassungsrechtlich durch nichts gedeckt. Ein einheitliches Konzept von Medienregulierung, das sich auf dem unteren Nenner befindet, ist verfassungsrechtlich überhaupt nicht verständlich zu machen. Vielmehr redet man da von abgestufter Deregulierung. Alle Experten sind sich seit Jahren einig, dass wir abgestufte, differenzierte Lösungen brauchen, einerseits für den klassischen Rundfunk, andererseits für die Mediendienste. Diese kann man in das gleiche Gesetz hineinschreiben, aber solche Differenzierungen sehe ich hier gar nicht.

Das Thema Mediendienste ist in dem Gesetzentwurf nicht bewältigt. Will man den Programmauftrag mit der Begründung streichen, das Regelungsniveau müsse heruntergefahren werden, damit auch die Mediendienste darunter fielen, dann ist das eine Vorstellung von Einheit, die ich für ganz und gar unakzeptabel halte. Dabei möchte ich es bewenden lassen.

Ulrike Kaiser (Deutscher Journalistenverband Landesverband NRW e.V.): Ich kann mich auf meine beiden Vorredner beziehen.

Auch für den Deutschen Journalistenverband ist Rundfunk keine Ware wie jede andere, sondern Rundfunk hat eine dienende Funktion. Rundfunk bedarf der positiven Ordnung, um die Funktionsfähigkeit dieses Mediensystems zu garantieren. Voraussetzungen dafür, dass es funktioniert, sind die Meinungs- und Informationsvielfalt und die journalistische Unabhängigkeit.

Zu all diesen Punkten sagt das Gesetz beim Zulassungsverfahren nichts aus. Es gibt keine Zulassungskriterien. Das läuft also voll auf das Modell der Deregulierung hinaus, und das halten wir dem Rundfunk für nicht angemessen, und das ist auch bislang von der Verfassungsrechtsprechung so gestützt.

Wir halten es daher für dringend erforderlich, dass der Rundfunk auf der Basis eines Programmauftrages arbeitet. § 11 des Landesrundfunkgesetzes sollte daher für potenzielle Veranstalter und ebenso sollten Programmanforderungen für Vollprogramme festgeschrieben werden. Mit einem differenzierten Zulassungsverfahren zwischen Rundfunkveranstaltern und anderen Mediendiensten könnten wir uns einverstanden erklären.

Dr. Norbert Schneider (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich bin in der interessanten Situation, dass drei Mitglieder meiner Kommission gesprochen haben und ich jetzt das Papier der Kommission meinen Äußerungen zugrunde legen soll, was aber nicht geht, weil darin in allen Punkten - bis auf einen Punkt - anders votiert wird. Ich sage Ihnen einfach, was ich selber von den Fragen halte, die mir gestellt worden sind.

Erstens. Das Problem Zulassung/Zuweisung. Das hat die Landesanstalt in ihrem ersten Papier vor eineinhalb Jahren bereits ausführlich als einen der Punkte notiert, die für ein modernes Mediengesetz eigentlich von Bedeutung wären.

Die Einwände, die Sie eben gehört haben, will ich nicht von mir aus kommentieren. Ich will nur ein paar praktische Dinge dazu sagen. Die Landesanstalt für Rundfunk hat die letzte analoge Lizenz im Jahre 1994 ausgelegt. Das ist schon einige Tage her. Die letzte digitale ziehen wir gerade wieder zurück, da der bekannte Veranstalter SingleTV aufgeben muss, was uns mit tiefer Befriedigung erfüllt.

Wir haben in den letzten Jahren immer die Auffassung vertreten, dass die Lizenz nicht mehr das Nadelöhr zur Veranstaltung von Rundfunk ist, sondern die Kapazität, die man im Kabel bekommt, bzw. dass der Satellit von irgendwoher ohne irgendeine Auflage zu uns kommen kann. Der Satellit ist nicht reguliert, wie Sie wissen. Das heißt, wir haben es mit einem praktischen Problem zu tun: Wo ist eigentlich der Punkt, an dem die Rundfunkfreiheit real wird und nicht nur als eine Fiktion in einem Gesetz vorangestellt wird, aber nie praktisch werden kann?

Das führt uns zu dem Ergebnis, die Zulassung und die Zuweisung zu trennen. Wir haben all das, was für die Zulassung jetzt moniert worden ist, am Schnittpunkt der Zuweisung im Gesetz. Deshalb sind wir, deshalb bin ich auch damit einverstanden.

Wir wollen im Übrigen auch nicht aus den Verhältnissen insoweit aussteigen, dass wir jetzt eine regelrechte Aufforderung zum Lizenzdumping mit einem Gesetz auch noch erlassen, indem wir an einer Stelle die Hürden so hoch machen, dass niemand mehr sie überwinden will und anderswo hingeht. Das heißt, wir bewegen uns eigentlich auf der Linie dessen, was der Rundfunkstaatsvertrag, der ja für alle Länder die Dinge regeln soll, bisher auch getan hat.

Stichwort Programmauftrag, Formulierung des Programmauftrags: Da will ich nur auch aus der Praxis etwas bemerken. Wenn es um Vollprogramme geht, bin ich mir nicht so sicher, ob wir je noch eines lizenzieren werden. Ich habe in den letzten acht Jahren nicht den Eindruck gewinnen können.

Bei Spartenprogrammen ist das kein Thema mehr. Wir haben aber z. B. Vollprogramme, von denen wir den Eindruck haben, dass sie nicht ihrem Programmauftrag gerecht werden. Aber dies ist weder durch das jetzige Recht noch durch ein zukünftiges in irgendeiner Weise anzufassen.

Das Stichwort RTL 2 will ich in dem Zusammenhang nennen. Das ist ein Vollprogramm. Falls Sie das anders sehen, dann wären Sie ganz auf meiner Seite. Aber es ist halt eines. Und wir sehen sehr mühsam, wie wir die ohne jedes Gesetz, sondern nur durch gutes Zureden dazu bringen, dass sie das als ein Vollprogramm ausstrahlen, was wir auch dafür halten.

So viel zu diesem ersten Punkt Zulassung und Zuweisung. Wir haben das in unserer Stellungnahme noch einmal notiert.

Es gibt einen Punkt, den ich ausdrücklich auch noch einmal erwähnen will. Man kann sicher der Intention des Gesetzes, für Rundfunk und Mediendienste gleichermaßen dieses Problem zu lösen, noch etwas hinzufügen. Die Mediendienste kommen im Titel vor. Ich habe sie dann so recht nicht wiedergefunden. Aber das lag vielleicht auch an meiner Leseschwäche. Jedenfalls wenn hier eine Differenzierung vorgenommen würde, die diesen Punkt noch einmal auseinander zieht, dann würde das sicher hinterher der Klarheit dienen.

Damit komme ich zu der Frage, Herr Hegemann, die Sie gestellt haben, ob wir mit diesem Gesetz leben können. Das ist nun eine sehr allgemeine Frage. Ich kann sie auch nur so allgemein beantworten. Ich sage: Ja. Die Landesanstalt für Rundfunk geht gestärkt aus dieser Sache hervor. Wir haben eine Fülle von Satzungsermächtigungen, die hinten immer in dieser etwas stereotypen Weise an die komplizierten Punkte angefügt sind. Da haben wir etwas dazugewonnen. Damit lebe ich gern. Das macht unsere Situation klarer und auch ein bisschen reichhaltiger.

Es gibt ein paar Punkte, die wir nach wie vor für unzureichend formuliert oder gelöst halten. Ich will jetzt nur den nennen, der im ersten Kapitel noch vorkommen könnte. Das ist der § 18. Gerade auf der Basis des eben Gesagten gibt es bei der Frage der Kabelkapazitätszuweisung für mich keinen Änderungsbedarf. Ich finde es nicht zwingend und am Ende sogar eher schädlich, wenn nun die bisher bei der Landesanstalt liegende Kompetenz der Rangfolge von Anfang bis Ende aufgeteilt wird und die letzten fünf an den Kabelnetzbetreiber gehen. Es hat praktische Gründe, die mich dazu veranlassen, dem zu widerraten. Der Kabelnetzbetreiber muss denselben juristischen Aufwand betreiben. Er ist ja an dasselbe Gesetz gebunden, um seine Entscheidung zu begründen, die wir auch schon vorgenommen haben. Er muss Personal einstellen. Er hat es ja. Und er muss dann eigentlich in derselben Logik verbleiben. Sonst wird das Verwaltungsgericht, bei dem die Sachen ohnehin ja beim Ausschluss enden, immer ein Problem haben.

Das zweite halte ich für bedenklicher. Wenn das bei den letzten fünf, die der Kabelnetzbetreiber dann mit Kapazität versehen soll, nach einem Kriterium erfolgt, wie sonst für die anderen auch vorgesehen, stellt sich die Frage, warum es nicht die Landesanstalt macht. Wenn nicht, dann sehe ich die Möglichkeit, dass der Kabelnetzbetreiber mit einzelnen zu Verabredungen kommt, die nicht transparent sind. Und ich kann nicht ausschließen, dass man dann bei den letzten fünf Kapazitäten für Geld bekommt. Das fände ich eine Entwicklung, der jedenfalls der Gesetzgeber nicht die ersten Impulse geben sollte. Das ist zum § 18 zu sagen.

Es gibt ein paar andere Dinge. Es ist nach § 33 gefragt worden. Ich schlage vor, wir teilen unsere Ausführungen. Wenn es Ihnen recht ist, Frau Vorsitzende, beantwortet Herr Hahn-Cremer diese Frage.

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich kann meine Ausführungen zu § 33 sehr kurz machen. Was § 33 Abs. 4 und die Frage von Herrn Dr. Grüll angeht, kann ich das mit Ja beantworten. Sie finden in unserer Stellungnahme auch den Vorschlag, den § 33 Abs. 4 zu streichen.

Ich will auch einen Satz dazu sagen. Ich halte die gewählte Formulierung auch nicht durch die Landesanstalt für Rundfunk für exekutierbar. Wenn Sie sich die Begrifflichkeiten ansehen, wird es sehr schwierig werden, dort etwas zu finden, das dann auch gerichtsfest stattfinden könnte.

Was die andere Frage angeht, bin ich der Auffassung, dass die 24,9 %-Grenze gerechtfertigt ist.

Ich will mich jetzt nicht auf die Frage zum Zeitungsmarkt von Hessen und Nordrhein-Westfalen einlassen. Ich kenne die hessische Situation zu wenig. Aber ich glaube, sie ist deswegen nicht vergleichbar - und deswegen halte ich 24,9 % für gerechtfertigt -, weil Sie nicht nur sozusagen den Zeitungsmarkt, sondern ja auch die anderen Beteiligungen, die Tageszeitungen in Nordrhein-Westfalen haben, mit berücksichtigen müssen. Hessen hat keine solche Lokalradioszene wie wir. Bei den Lokalradios sind aber die Zeitungsverlage maßgeblich beteiligt. Aus diesen Gründen halten wir 24,9 % für gerechtfertigt.

Dr. Udo Becker (Verband der Betriebsgesellschaften in Nordrhein-Westfalen e.V./Verband Rheinisch-Westfälischer Zeitungsverleger e.V.): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich darf gleich auch der guten Ordnung halber sagen: Ich bin hier eingeladen als Geschäftsführer des Verbandes der Betriebsgesellschaften. So steht es jedenfalls auf dem Schild. Ich vertrete aber auch die Interessen der Zeitungsverlage Nordrhein-Westfalens. Ich darf Ihnen gleich Bezug nehmend auf die Fragen, die § 33 Absätze 3 und 4 betreffen, sagen, dass die Zeitungsverleger diese Vorschriften inhaltlich nicht teilen können. Insofern kann ich der Ankündigung von Herrn Dr. Grüll, den Antrag zu stellen, § 33 Abs. 4 ersatzlos zu streichen, nur zustimmen.

Es ist sicher so, dass diese Vorschrift in diesem Bundesland im Wesentlichen lokales Fernsehen oder landesweites Fernsehen mit lokalen Fenstern verhindern wird. Man wird nicht sagen können, dass es verfassungsrechtliche Vorgaben gibt, die es notwendig machen, solche Regelungen in das Gesetz hineinzuschreiben. Denn wie wir alle wissen, sieht die Verfassungsrechtsprechung des Jahres 1986 zum niedersächsischen Landesrundfunkgesetz einen Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung vor. Dies gilt auch bei einer Regulierung zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht.

Wir sind der Auffassung, dass in Nordrhein-Westfalen diese Regulierung an dieser Stelle zu weit geht. Der § 33 Abs. 4 wird am Ende dazu führen, dass im Wesentlichen die jetzt bereits in den Startlöchern stehenden Veranstalter - Sie kennen ja den Sender TV.NRW, diesen landesweiten Fernsehveranstalter mit Beteiligung der Zeitungsverlage - sich mit Fug und Recht überlegen müssen, ob sie das weiter betreiben können. Denn die Wirtschaftlichkeit der Veranstaltung ist - das wissen alle hier im Raum - sehr problematisch.

Ich darf auch hinweisen auf die Situation bei der Kirch-Gruppe und die absehbare Beschränkung der Kirch-Gruppe auf ihre Kernaufgaben. Das hat Folgen für das lokale Fernsehen und für die Möglichkeiten einer bundesweiten Vermarktung. Man ist aus meiner Sicht als Gesetzgeber sicher auch berufen, dafür Sorge zu tragen, dass ein Landesrundfunkgesetz in dieser Form, das neue Landesmediengesetz, funktionsfähig ist. Und die Funktionsfähigkeit ist angesichts des § 33 Abs. 4 nicht gewährleistet. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Deshalb sind wir der Auffassung: Es ist sicher entscheidend auch für den Medienstandort Nordrhein-Westfalen, dass es hier zu einer Streichung dieser Vorschrift kommt. Wir halten das für angemessen, wenn denn die Absicht besteht, eine Öffnung des Medienmarktes in Richtung lokales Fernsehen vorzunehmen.

Für die Zeitungsverleger ganz allgemein gilt, dass wir - wie auch andere Spieler auf diesen Spielfeldern - im Zeichen der Konvergenz und Digitalisierung der Medien gehalten sind, uns auf allen Vertriebskanälen an unsere Nutzer zu wenden. Wir haben nicht nur die Zeitungsleser. Wir haben auch Radiohörer. Wir wollen auch Fernsehzuschauer für uns in den lokalen Märkten gewinnen. Wir haben Internet-User. Und wir werden die Zukunft nur dann für uns gewinnen können und werden unsere eigene Zukunftsfähigkeit als Zeitungsverlage nur dann behaupten können, wenn wir in der Lage sind, attraktive Angebote auf den verschiedensten Medienmärkten machen zu können. Sonst wird die Zeit an Zeitungsverlagen vorbeigehen. Das, denke ich, kann nicht sein. Das kann nicht im Sinne des Medienstandorts NRW sein. Das kann nicht im Sinne der Arbeitsplätze sein, die da letzten Endes auf dem Spiel stehen. Ich will aber darauf jetzt nicht weiter eingehen und dieses Argument nicht zu sehr strapazieren.

§ 33 Abs. 3 ist natürlich auch eine Vorschrift, die uns nicht gefällt. 24,9 % ist wenig phantasievoll. Das ist eine relativ weitgehende restriktive Formulierung. Wenn Sie den Blick in die anderen Landesmediengesetze richten, werden Sie feststellen, dass es nur in Thüringen und in Baden-Württemberg Regelungen gibt, die diese eingeschränkte Formulierung enthalten. In anderen Landesmediengesetzen - vor allen Dingen in Ländern, in denen es überhaupt lokales Fernsehen gibt - werden Sie solche Vorschriften nicht finden. Von daher, denke ich, kann man die 24,9 % auch sicherlich noch einmal zur Diskussion stellen und andere Wege beschreiten, die möglicherweise etwas phantasievoller sind und den Notwendigkeiten der Zeitungsmedien gerechter werden.

Ich will noch einen Satz sagen zu der Frage von Herrn Dr. Grüll, inwieweit es hier eine Sondersituation gibt, die uns von Hessen unterscheidet. Er spricht damit einen Schlagabtausch im Medienausschuss des Landtages am 19. April an. Hier war die Frau Staatssekretärin Meckel zu Gast, die als Begründung für die Regelungen des § 33 Abs. 3 und § 33 Abs. 4 auf die quasi monopolisierte Zeitungslandschaft Nordrhein-Westfalens verwies. Und rückgefragt, warum es denn hier keine hessische Lösungsmöglichkeit gebe, antwortete sie, dass die nordrhein-westfälische Situation ungleich monopolisierter sei als die Situation in Hessen.

Meine Damen und Herren, das ist zwar der Versuch einer Begründung, aber es ist keine Begründung. Dieser Versuch ist schlicht falsch. Das muss ich der Medienwissenschaftlerin Meckel schon einmal vorhalten.

Ich kann dabei auf eine Untersuchung des Jahres 2001 verweisen, die in "Media Perspektiven" erschien und sich den Zeitungsmarkt der Bundesrepublik Deutschland vornimmt. In dieser Untersuchung kommt deutlich zum Ausdruck, dass wir in Nordrhein-Westfalen nur über fünf Ein-Zeitungs-Kreise verfügen. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 9,3 %. Hessen dagegen verfügt über insgesamt 38,5 % Ein-Zeitungs-Kreise. Das sind 10 Ein-Zeitungs-Kreise. Wenn Sie sich die Größenverhältnisse von Hessen und Nordrhein-Westfalen vor Augen führen, heißt das mit anderen Worten: Die hessische Zeitungssituation ist in weiten Teilen einschichtiger als die in Nordrhein-Westfalen. Hier haben wir 46 Verlage, die 42 Zeitungstitel herausgeben. Es ist die Zeitungslandschaft mit der größten Zeitungsdichte bundesweit. Wenn das in "Media Perspektiven" steht - immerhin einer Hauspostille der ARD/Hessischer Rundfunk -, denke ich, spricht vieles dafür, dass man sich auf diese Daten auch verlassen kann.

Wenn also diese These richtig ist, kann man schlechterdings nicht daraus folgern, dass hier in Nordrhein-Westfalen eine Gesetzgebung zum Thema vorherrschende Meinungsmacht Platz greifen muss, die ungleich härter ist als die in anderen Landesmediengesetzen.

Ich bitte also herzlich darum, § 33 Abs. 4 ersatzlos zu streichen. Ich bitte darum, sich vor Augen zu führen, ob man mit einer Änderung der Zielsetzung des § 33 Abs. 3 an diesem Standort Nordrhein-Westfalen, der mit diesem "modernen" Mediengesetz die Zukunft für sich erobern wollte, nicht doch besser fährt.

Dr. Nicola Hirsch (Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirk Nordrhein-Westfalen): Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Auch der DGB Nordrhein-Westfalen hält den vorliegenden Gesetzentwurf im Bereich des Zulassungsverfahrens und im Bereich der Programmgrundsätze verfassungsrechtlich und medienpolitisch nicht für ausreichend. Ich möchte aber nicht verfassungsrechtlich argumentieren. In der Hinsicht schließe ich mich ausdrücklich den Argumenten von Professor Dr. Stock, Frau Professor Dr. Bock-Rosenthal und Frau Kaiser an.

Ich möchte Erfurt aufgreifen. Im Nachgang zu den Geschehnissen in Erfurt haben wir eine breite gesellschaftliche Debatte über die Verantwortung von Medien angeregt und angestoßen. Medien haben unstrittig eine Leitfunktion. Sie prägen unsere Jugend und unsere Menschen. Deswegen machen wir uns darüber Gedanken, wie diese Medienordnung aussehen soll. Deshalb machen wir uns Gedanken darüber, wie auch private kommerzielle Veranstalter diesen Anforderungen unterworfen werden sollen, obwohl sie damit Geld verdienen sollen und wollen.

Im Zusammenhang mit Erfurt ist uns deutlich geworden, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen und gerade die Jugend für bestimmte Angebote im Mediensektor nicht mehr erreichbar sind. Grob zugeschnitten kann man es so formulieren, dass die Jugend für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verloren ist. Gerade angesichts von Erfurt bedeutet dies, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie der private kommerzielle Rundfunk seiner Leitbildfunktion gerecht werden kann. Das bedeutet, wir benötigen auch Programmanforderungen, die das gewährleisten. Wir benötigen dann auch ein Zulassungsverfahren, welches gewährleistet, dass diese Programmanforderungen realisiert werden können. An dieser Stelle taucht wieder das Stichwort der positiven Rundfunkordnung auf. Im Sinne dieser positiven Rundfunkordnung muss schon im Zulassungsverfahren geprüft werden, ob der Veranstalter in der Lage ist, seinen Anforderungen gerecht zu werden.

Ich halte den Begriff "Führerscheinmodell" für einen Etikettenschwindel. Jeder Führerscheinbewerber muss mehr nachweisen, bevor er eigenständig fahren darf, als privat-kommerzielle Rundfunkveranstalter nach dem Landesmediengesetz tun müssten.

Der DGB Nordrhein-Westfalen fordert die Abgeordneten auf, das Landesmediengesetz so auszugestalten, dass schon im Zulassungsverfahren geprüft werden kann, ob die Veranstalter den Programmgrundsätzen gerecht werden können. Wir fordern außerdem, dass die Programmgrundsätze die alten Anforderungen der §§ 11 und 12 des Landesrundfunkgesetzes wieder aufnehmen.

Jürgen Doetz (Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e. V.): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es soll Sie nicht erschrecken, wenn ich mich weitgehend mit dem einverstanden erklären kann, was Herr Dr. Schneider für die Landesmedienanstalt erklärt hat. Ich hoffe, es schadet Ihnen nicht, Herr Dr. Schneider.

Lassen Sie mich vorab eine Bemerkung an die Adresse des DGB machen: Mit Verlaub gesagt, finde ich es unfair - wäre die positive Beschreibung, unanständig wäre die negative -, die Diskussion über die Notwendigkeit von Programmaufträgen mit den Geschehnissen in Erfurt zu begründen. Wir haben Grundsätze. Wir haben einen effizienten Jugendschutz. Die Runde beim Bundeskanzler war sich darüber einig, dass der vorschnelle Ruf nach neuen Regelungen - möglicherweise gesetzliche - genau in die falsche Richtung geht. Ich glaube auch nicht, dass das Landesmediengesetz von Nordrhein-Westfalen derzeit die Frage klären will, wie man mit Gewinnspielen, mit Videofilmen und anderem umgeht. Man wird der notwendigen Debatte um die Konsequenzen von Erfurt nur gerecht, wenn man nicht monokausal diskutiert. Wir stehen als private Veranstalter zweifellos in der Mitverantwortung, ebenso wie viele andere auch. Dies hier als Argument einzuführen, ist für mich wenig hilfreich. Ich halte die Auffassung des Vorsitzenden der ARD bei diesem Gespräch, zumindest sei er sicher, dass der Täter von Erfurt kein ARD-Zuschauer gewesen sei, in dieser Debatte auch nicht für zweckdienlich. Aber dies war nur eine Vorbemerkung.

Deregulierung und Liberalisierung ist ein Motiv des Gesetzes. Herr Professor Dr. Stock, Sie können ohne einen Blick auf die technologische Entwicklung heute leider keine Gesetze mehr beschließen. Was Sie gesagt haben, gehört in eine andere technologische Welt. Ich will gar nicht auf Unterschiede in der Marktbewertung und Marktentwicklung eingehen. Darüber kann man sicherlich verschiedener Meinung sein. Aber dass die Technologie zu Antworten zwingt, die nicht mehr diejenigen von gestern sein können, wenn es glaubhaft sein und umgesetzt werden soll, ist klar. Was haben Sie von einem Gesetz, wenn es keine Chancen gibt, dass die Paragraphen umgesetzt werden können? Das kann nicht die Aufgabe sein. Deshalb halte ich das, was in den §§ 4 bis 9 formuliert wurde, für diesem System entsprechend, für dieser Notwendigkeit entsprechend und für angemessen.

Nun haben Sie diese grundsätzliche Tendenz in dem Gesetzentwurf nicht durchgehalten. Herr Hegemann fragte nach einer allgemeinen Bewertung, ob man damit leben könne. Leben wollen tue ich mit einigen Punkten äußert ungern. Ob wir damit leben können? Der private Rundfunk hat in den letzten zwanzig Jahren trotz allem, was dazu beschlossen wurde, gelernt zu leben. Er hat auch vielfältige Unterstützung erfahren. Dies sei auch gesagt. Die Welt geht davon nicht unter. Was Sie aber hier beschließen, ist in einzelnen Punkten doch sehr rückschrittlich bzw. selbst für die Betroffenen nicht unbedingt zukunftsfähig. Ich nenne nur kurz das Thema der unabhängigen Produzenten, das Sie ohne Rücksicht auf die Diskussion in Europa und bundesweit einführen. Man kann natürlich sagen: Wir sind Vorreiter. Ich frage aber, ob das wirklich den betroffenen Produzenten und dem Programmveranstalter nutzt. In der Praxis erlebe ich viel häufiger, dass sich unabhängige Produzenten oft eine engere Anlehnung an die Medienunternehmen wünschen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Frage, ob es sie sonst morgen noch gibt. Pragmatisch soll es schon sein.

Vielleicht kann man über den Pragmatismus ebenso nachdenken wie über die Aussage zu den Fensterprogrammen, die Sie nach wie vor für die Nutzung terrestrischer Frequenzen vorschreiben. Der Wert terrestrischer Frequenzen wird immer noch weit überschätzt. Bei bundesweiten Veranstaltern beträgt er noch 6 %. Vor zehn Jahren waren es bei bundesweiten Veranstaltern 51 %. Glauben Sie doch nicht, dass diese Entwicklung nicht auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten zum Nachdenken führt. Das passiert bei der Digitalisierung. Wollen Sie wirklich jedem Nutzer innerhalb eines Buketts ein landesweites Fensterprogramm zuschlagen? Die Durchsetzung der Digitalisierung, möglicherweise auch der terrestrischen Digitalisierung, wird damit in weite Ferne geschoben. Es ist nicht so, dass wir diejenigen sind, die die digitale Terrestrik fordern. Derzeit ist es so, dass wir uns breitschlagen lassen, uns an Pilotprojekten zu beteiligen. So sieht die Realität aus. Ob Sie diese Realität fördern, indem Sie die Hürde bei der digitalen Terrestrik noch höher legen, wage ich zu bezweifeln.

Ein weiterer pragmatischer Hinweis zu § 33, in dem eine 20%ige Beschränkungsbeteiligung für bundesweit verbreitete Veranstalter verankert ist: Sie können sich vielleicht vorstellen, dass das eine oder andere Medienunternehmen in den Ländern Bayern, Hamburg und Berlin derzeit Hilfe suchend angesprochen wird, etwas zur Rettung des dortigen Ballungsraumfernsehens zu tun. Es wurde schon auf eine Verbindung der bundesweiten Vermarktung hingewiesen, wenn die drei Ballungsraumsender wegfallen. Für das Medienunternehmen, bei dem ich mein Geld verdiene, könnte ich dann in Hamburg, Bayern und Berlin sagen: Sorry, mich geht die Rettung eures Ballungsraumfernsehens nichts an. Wir haben - Gott sei Dank - bundesweit einen mehr als 20%igen Marktanteil. Auch dies ist ein pragmatischer Hinweis. Man muss das Szenario meines Erachtens immer wieder an der Realität überprüfen.

Bei den Mediendiensten ist es mir ebenso gegangen wie Herrn Dr. Schneider. Sie werden immer wieder einmal genannt, aber es ist nicht stringent und nicht konsequent. Manchmal sollen sie zur Meinungsbildung beitragen. Das können sie nicht. Dann sind sie wieder bei der Belegung nachrangig. Ich würde das Thema Mediendienste schon von der Gesetzesstruktur her noch einmal überprüfen, da es auch um eine gewisse Einheitlichkeit bei der Bewertung dieses Themas geht.

Insgesamt gibt es viel Positives bei dem Gesetzentwurf. Auf den einen oder anderen Punkt wird Frau Haas noch einmal eingehen, weil sie veranstalterbezogen sind und Sat 1 und RTL betreffen, während der VPRT alle vertritt.

Sie hatten mir die Möglichkeit gegeben, etwas Allgemeines zu sagen. Ich habe die Einladung aber auch angenommen, um einige konkrete Punkte zu nennen, aufgrund derer wir unsere Zukunft noch schwieriger sehen, als sie aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung im Werbemarkt schon ist.

Dr. Mechthild Winkelmann (Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen, Landesarbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V.): Aus Sicht der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen darf sich die Zulassung nicht auf rein formale Zulassungskriterien wie uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit und anderes beschränken.

Die bislang in § 5 enthaltenen Zulassungsvoraussetzungen, wonach Antragsteller in der Lage sein müssen, Rundfunkveranstaltungen durchzuführen, die anerkannten journalistischen Kriterien und Grundsätzen genügen, muss sich nach Ansicht der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen auch im neu zu fassenden Landesmediengesetz wiederfinden. Außerdem müssen die Qualitätsstandards für Vollprogramme, wie sie bislang in § 11 festgeschrieben waren, weiterhin "festgeklopft" werden. Der freie Markt stellt an und für sich keine positive Rundfunkordnung her.

Für die Zulassung von Mediendiensten müssen Kriterien für die Zulassung entwickelt werden, anstatt sie im Nachhinein frei auf den Markt zu werfen. Das Gleiche kennen wir analog aus anderen Branchen, beispielsweise bei der Zulassung von Arzneimitteln. Ich möchte Ihren Blick auf § 41 des neuen Landesmediengesetzes lenken. Darin hat der Gesetzgeber formuliert, dass die Qualität von Medienprodukten im Nachhinein zertifiziert werden soll. Dadurch soll Nutzern anhand von Qualitätskennzeichen eine Orientierung darüber verschafft werden, wie Medienprodukte zu bewerten sind. Es stellt sich die Frage, warum Qualität nicht schon bei der Zulassung gesichert werden kann, anstatt die Produkte ex ante zu zertifizieren.

Martin Wonik (Landesjugendring Nordrhein-Westfalen e.V.): Der Landesjugendring möchte sich in der Diskussion zu Block 1 auf einen Kommentar zu § 35 zum Thema Jugendschutz beschränken.

Die Notwendigkeit und Wichtigkeit von Jugendschutz für Kinder und Jugendliche insgesamt ist unbestritten. Der Landesjugendring hat in der aktuellen Landesjugendkommission den Ausschussvorsitz im Bereich Jugendschutz. Diese Themen werden in den Sitzungen des Landesjugendrings regelmäßig intensiv diskutiert. Wir haben uns in den letzten Jahren besonders mit den daily talks, mit den Talkshows, auseinander gesetzt. Wir sind auch daran interessiert, dass im Rahmen von Programmbeschwerden weiterhin darauf geachtet wird, dass keine kinder- und jugendgefährdenden Sendungen verbreitet werden können.

Was uns bedenklich stimmt, ist - das ist jetzt leider in § 93 geregelt -, dass der Landesjugendring als Dialogpartner zu diesem Thema wahrscheinlich nur noch alle 18 bis 24 Jahre gefragt ist. Wir denken, dass dieser Dialog mit den Vertretern - wir sind 21 Verbände mit insgesamt wahrscheinlich 4 bis 5 Millionen organisierten Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen - nicht aufhören darf. So wie die Konstruktion im Moment aussieht, finden wir uns da nicht richtig wieder. Das ist uns sehr wichtig.

Wir haben auch etwas zu § 39 zu sagen. Darüber soll dann in Block 2 noch einmal diskutiert werden.

Noch einmal: Die hohe Betonung des Jugendschutzes, ohne auf aktuelle Anlässe einzugehen, ist etwas, was uns dauerhaft beschäftigt. Wir haben im Moment den Eindruck, dass wir im Dialog gar nicht mehr so gefragt sind.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank. - Ich hoffe, dass Sie den heutigen Tag nicht dazu zählen. Denn Sie sind uns ein wichtiger Partner im Dialog.

Ich habe nun die Aufgabe, eine zweite Runde zu eröffnen. Dazu liegt mir bereits eine Wortmeldung von Frau Brunn vor.

Anke Brunn (SPD): Ich frage jetzt nicht noch einmal zur Zulassung. Dazu wurde schon einiges ausgeführt. Ich frage noch einmal zu Abschnitt III, den Übertragungskapazitäten. Meiner Meinung nach müssten wir gerade zu diesem Punkt die Stellungnahme des DeutschlandRadios hören, zumal doch die Gefahr besteht, dass in der Einteilung zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und den anderen die kleinen Öffentlich-Rechtlichen unter Umständen zu kurz kommen können, wenn das nicht präzise ausgeführt wird.

Es gibt dann noch eine andere Frage zu den Übertragungskapazitäten. Wir würden gerne zu der Zuweisung ergänzend die Stellungnahme der LfR etwas vertieft hören, weil im Zusammenhang mit dem, was heute Nachmittag diskutiert wird - die Belegung von Kabelanlagen -, möglicherweise eine Regelungslücke auftritt. Das müsste hier noch einmal vertieft werden.

Dann habe ich mit Blick auf die Programmanforderungen gerade nach den Stellungnahmen, die eben abgegeben worden sind, die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Ballungsraumfernsehens. Hierzu hat der Vertreter des Verlegerverbandes sehr ausführlich Stellung genommen. Da müssten wir auch noch einmal die Stellungnahme des FORMATT-Instituts mit einbeziehen, die dieses Thema auch für NRW untersucht hat und zu etwas anderen Positionen kommt. Das sollte hier vorgetragen werden.

Wenn man jetzt auf den § 33 Abs. 4 verzichten würde und nur noch den § 33 Abs. 3 hätte und wenn man vonseiten der Veranstalter die Position von Herrn Doetz ernst nimmt, müssten die freien Produzenten dies, was eben gesagt wurde, als Kriegserklärung ansehen. Deshalb müsste man auch deren Position zu dieser Frage hören. Es wäre mir sehr wichtig, wenn Frau Wilde hierzu etwas sagen könnte.

Eine abschließende Frage habe ich an Herrn Stock. Er hat sehr dezidiert die Positionen zu den Notwendigkeiten, den allgemeinen Vorschriften bei Zulassung und Programmqualität usw. erläutert. Die Frage ist, inwieweit sich das bisherige Modell mit seinen tatsächlichen Sanktionsmöglichkeiten in der Praxis so stark bewährt hat, dass man diese Positionen alle beibehalten möchte.

Weil ich in demselben Gremium die Diskussionen verfolge, frage ich mich, ob da nicht vieles aus der Praxiserfahrung heraus für die Vereinfachung spricht, die da vorgesehen ist. Die andere Frage ist, ob die Vereinfachung zu weitgehend ist und die Ermächtigungen für Satzungen nicht so allgemein sind, dass nachher auf der Basis keine Satzungen mehr gemacht werden können. Dazu hätte ich gerne auch Ihre Auffassung gehört.

Dr. Stefan Grüll (FDP): Ich möchte mich auf drei Aspekte beschränken, erstens eine Nachfrage bei Frau Professor Bock-Rosenthal. Sie haben in der Tat zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, Ballungsraumfernsehen dezidiert und kritisch Stellung genommen. Teilen Sie meine Ansicht, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, lediglich die Grundlagen dafür zu schaffen, dass sich einer dort engagieren kann, wenn er denn glaubt, dass es für ihn wirtschaftlich ist? Teilen Sie die Auffassung, dass es dann eine unternehmerische Entscheidung sein muss, wenn jemand zu dem Ergebnis kommt, sich dort aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu engagieren, dass es also nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein kann, diese Entscheidung vorwegzunehmen?

Zweite Bemerkung an Herrn Hahn-Cremer: Ich habe Ihnen wie immer auch in den Feinheiten Ihrer Formulierungen zugehört und festgestellt - Sie mögen mich korrigieren, wenn mein Eindruck mich trügt -, dass Sie die 24,9 % als vertretbar, aus Ihrer Sicht sogar für eher sinnvoll bezeichnet haben, dass Sie aber keinesfalls gesagt haben, eine andere Quotierung, eine andere nicht so restriktive Begrenzung im Gesetz sei verfassungsrechtlich nicht möglich. So habe ich Sie jedenfalls verstanden.

Dass man dann eine politische Entscheidung im Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen treffen muss, steht auf einem anderen Blatt. Dort haben Sie sich positioniert - wenn ich Sie richtig verstanden habe -, aber Weitergehendes - ich verweise an der Stelle auch auf das, was Herr Becker zu Hessen gesagt hat - sei wohl möglich.

Die dritte Bemerkung: Ich greife das auf, weil ich an dieser Stelle eine sehr hohe Sympathie zum Thema DeutschlandRadio habe. So ist das manchmal Herr Intendant Elitz: Qualität und Quantität stehen nicht immer im Gleichklang zueinander. Als FDP-Abgeordneter weiß ich, wovon ich in diesem Zusammenhang rede. Bei Ihnen hat das auch mit Kapazitäten zu tun, die zur Verfügung gestellt werden, damit man Sie überall empfangen kann. Insofern meine Frage an Sie, respektive auch an Frau Michel in diesem Zusammenhang: Sie haben in Ihrer Zuschrift einen Formulierungsvorschlag gemacht, wie denn zukünftig der § 10 zu fassen sei, wenn man WDR und wenn man DeutschlandRadio expressis verbis erwähnt. Das lehnt sich, wenn ich es richtig habe überprüfen können, an andere Landesrundfunkgesetze in diesem Zusammenhang an.

Meine Frage in diesem Zusammenhang auch an Frau Michel: Wäre diese Formulierung, die das DeutschlandRadio vorgeschlagen hat, auch eine, die von Ihnen mitgetragen werden könnte?

Wenn Sie, Herr Elitz, die Gelegenheit nutzen würden, vielleicht zwei, drei Sätze zum DeutschlandRadio dem Grunde nach zu verlieren, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Sie kennen meine hohe Sympathie an dieser Stelle für das, was Sie hier vertreten.

Lothar Hegemann (CDU): Ich habe noch eine Frage an Herrn Dr. Rath-Glawatz. Die Landesregierung hat als Begründung für die Quotierung von Ballungsraumfernsehen angegeben, dass sie damit Wettbewerb sichern will. Nun haben wir heute vom Vertreter des Verlegerverbandes gehört - wir kennen dies auch aus Pressemeldungen und Zuschriften -, dass damit wahrscheinlich kein Ballungsraumfernsehen auf privater Initiative in Nordrhein-Westfalen möglich ist. Teilen Sie die Ansicht der Landesregierung, dass es dennoch für mehr Wettbewerb spricht, wenn man diese 24,9 % jeweils einrichtet? Oder ist es Wettbewerb, wenn der WDR alleine am Markt ist?

Ich habe noch eine weitere Frage hinsichtlich des Fensterprogramms an Frau Haas von RTL. Ich glaube, mit 6 %, Herr Doetz, können wir alleine nicht argumentieren. Wir haben ja die Fenster im Kabel auch. Insofern ist das etwas mehr als nur 6 % terrestrisch, was hier in Nordrhein-Westfalen konsumiert wird. Meines Erachtens ist nur der Satellit frei. Ich möchte auch noch einmal aus Sicht von RTL gerne wissen, inwieweit Sie dies als Zwang und als eine Regelung ansehen, die sich überholt hat. Sagen Sie auch da: Das hat sich etabliert, da machen wir weiter so?

An Herrn Doetz und an Herrn Schneider, ich habe Sie nicht gefragt, wie Sie mit dem Gesetz leben können, dennoch schön, dass Sie darauf geantwortet haben. Sie müssen damit auch leben, wenn es verabschiedet ist.

Tanja Brakensiek (CDU): Ich habe eine Frage an den Herrn Röper von FORMATT, weil er, wenn mein Eindruck richtig ist, genau die gegenteilige Auffassung von Herrn Dr. Becker vertritt.

Herr Dr. Becker, Sie sprachen gerade in Ihrem Vortrag davon, dass man sich durchaus andere kreative Möglichkeiten und Lösungen vorstellen kann, den § 33 anders in den Griff zu bekommen. Vielleicht können Sie einmal ausführen, wie Sie sich das vorstellen - nicht unbedingt an Zahlen, sondern vielleicht anhand von Modellen.

Dann habe ich eine Frage an die LfR. Vielleicht möchten Sie dazu auch noch einmal Stellung nehmen. Ich denke, Herr Hahn-Cremer hat sich sehr detailliert geäußert. Ich möchte gerne Herrn Dr. Schneider fragen, wie Sie die Möglichkeiten beurteilen, dass die LfM ihrer auch weiterhin bestehenden Aufgabe der Qualitätsvorsorge unter den geänderten Rahmenbedingungen, wie sie nach dem Entwurf das Landesmediengesetz vorsehen wird, gerecht werden kann.

Dr. Frank Freimuth (SPD): Eine kurze Nachfrage noch, was den § 33 Abs. 3 angeht. Ich möchte gerne aus Sicht des Verfassungsrechtlers noch einmal die Positionierung haben. Ich frage Herrn Professor Stock nach seiner Einschätzung des § 33 Abs.3 insbesondere im Hinblick auf die 24,9 %-Regelung.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank. Ich versuche, das jetzt inhaltlich zu strukturieren. Ich darf zunächst mit dem DeutschlandRadio beginnen und Herrn Intendanten Elitz bitten, nach vorne zu kommen.

Ernst Elitz (Intendant des DeutschlandRadios): Ich bedanke mich für die Möglichkeit, hier aus Sicht des nationalen Hörfunks, dessen eines Standortland Nordrhein-Westfalen ist, Stellung zu nehmen. Ich finde es gut, dass in einer solchen Runde die Möglichkeit besteht, dass die vielfältigen Interessen, Vorschläge und Empfehlungen, die bei der Neufassung eines Landesmediengesetzes von öffentlichen Gruppen vorzutragen sind, in dieser Art und Weise hier gehört werden. Gerade angesichts der gegenwärtigen Diskussion, in der die Medien stehen, ist es meiner Meinung nach zu begrüßen - das haben wir auch heute zum Thema Jugendschutz gesehen -, wenn die gesellschaftlichen Gruppen, die über die Parteien hinaus die gesellschaftlichen Positionen vertreten, die Möglichkeit erhalten, hier ihre Bedenken, ihre Sorgen und ihre Vorschläge vorzutragen.

Für das DeutschlandRadio ist speziell die Zuordnung der Übertragungskapazitäten von Interesse. Das ist von Frau Brunn und von Herrn Grüll dankenswerterweise hier noch einmal vorgetragen worden. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat im Jahre 1993 festgelegt, dass die beiden Programme des nationalen Hörfunks, Deutschlandfunk in Köln und DeutschlandRadio Berlin in der Hauptstadt produziert, eine bundesweite flächendeckende Ausstrahlung haben sollten. Das ist dann, unter Zustimmung aller Bundesländer, auch des Parlamentes in Nordrhein-Westfalen, in den Staatsvertrag für den nationalen Hörfunk eingeflossen.

Nun weist die frequenztechnische Versorgung im wichtigen UKW-Bereich in Nordrhein-Westfalen leider noch sehr starke Lücken auf. Das ist umso bedauerlicher, als dass DeutschlandRadio sich dem Lande Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise verpflichtet fühlt. Nordrhein-Westfalen ist neben Berlin Standort des DeutschlandRadios.

Aber an diesem Standort NRW ist, bezogen auf die Fläche des Landes, für den Deutschlandfunk nur eine technische Reichweite von 25 % und für das DeutschlandRadio Berlin nur eine technische Reichweite von 30 % gegeben, wobei die technische Reichweite allein auch noch nicht volle Aussagekraft besitzt. Denn die Frequenzen, über die die Programme des nationalen Hörfunks verfügen, sind weitgehend schwache Frequenzen, die sich deshalb nur schwer für eine mobile bzw. automobile Versorgung und einen Empfang während des Weges zur Arbeit von einer Stadt zur anderen - auch das sollte gewährleistet werden - eignen. Viele von Ihnen wissen das vielleicht aus eigener Erfahrung. Insoweit besteht hier ein großer Nachholbedarf.

Die Programme des Deutschlandsradios tragen zur Vielfalt der elektronischen Medienangebote in Nordrhein-Westfalen entscheidend bei. Das DeutschlandRadio hat sich auf den Grundversorgungsauftrag auf den Feldern Information und Kultur zu konzentrieren. An der Stelle muss ich der Kollegin vom DGB widersprechen: Das macht das DeutschlandRadio auch, indem es als öffentlich-rechtlicher Sender ein junges Publikum anspricht. Für Frau Haas und Herrn Doetz hat es mich natürlich gefreut, dass der DGB meint, die Jungen wären alle bei RTL und Sat 1. Aber auch im Namen der hörenden Gewerkschaftsmitglieder beim DeutschlandRadio möchte ich dieser Position widersprechen. Ich glaube, dass auch der WDR eine ganz erkleckliche Anzahl junger Zuhörer durch seine attraktiven Programme ansprechen kann. Darum wird sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in Zukunft bemühen.

Das DeutschlandRadio ist zweifellos eine der drei Säulen am Medienstandort Nordrhein-Westfalen. Die eine Säule ist der starke WDR als regionale und auch weit über die Region hinaus wirkende Landesrundfunkanstalt. Die zweite Säule ist zweifellos der private Sektor mit seiner unumstrittenen und manchmal von einigen auch bestrittenen Unterhaltungskompetenz. Der nationale Hörfunk ist die dritte Säule, das DeutschlandRadio mit seiner klaren Konzentration auf einen klassischen Rundfunkauftrag.

Die Damen und Herren Abgeordneten haben es schon angesprochen, und auch ich spreche mich dafür aus, dass das DeutschlandRadio expressis verbis in § 10 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs als versorgender öffentlich-rechtlicher Rundfunk aufgeführt wird. Deshalb schlage ich vor, das entsprechend zu formulieren: Die Sicherstellung der Grundversorgung mit den Programmen des WDR, des ZDF und der Körperschaft DeutschlandRadio hat Vorrang! - In allen anderen Bundesländern - auch am Standort Berlin - wird das DeutschlandRadio ebenfalls expressis verbis neben der Landesrundfunkanstalt erwähnt, die hier ebenfalls für die ARD steht und an ARD-Programmen beteiligt ist sowie für das ZDF. Verständigt man sich auf diese Formulierung, dann fände man in Nordrhein-Westfalen einen Gleichklang mit anderen Landesmediengesetzen. Das wäre sehr sinnvoll.

Entsprechende Formulierungen sollten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowie für das DeutschlandRadio auch in den anderen Paragraphen, in denen es um Ausstrahlungskapazitäten und Zuordnungen geht, berücksichtigt werden. Das wären § 18 Abs. 3, § 21 Abs. 2. Dort sollten entsprechende Regelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgenommen werden, die sicherstellen, dass auch diese Programme in erster Linie empfangbar sind.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank, Herr Elitz. - Zu diesem Themenkomplex darf ich jetzt noch Frau Michel vom WDR bitten, die direkt angesprochen worden ist. Anschließend folgt Frau Haas von RTL. Dann würden wir - Ihr Einverständnis vorausgesetzt - zum § 33 übergehen.

Eva-Maria Michel (Westdeutscher Rundfunk): Ich bin hier konkret zu den vom DeutschlandRadio vorgeschlagenen klarstellenden Formulierungen und zur Aufnahme der Konkretisierung der grundversorgenden Programme angesprochen worden. Damit kann sich der WDR ausdrücklich einverstanden erklären. Herr Elitz hat dazu bereits das Notwendige gesagt. Der WDR steht hier zugleich für die ARD-Programme. Im Übrigen meinen wir, dass diese Regelung allerdings lediglich klarstellende Funktionen hat. Selbstverständlich haben wir DeutschlandRadio bisher bereits zu den grundversorgenden Programmen gezählt, sodass wir einer solchen Regelung keine konstitutive Bedeutung beimessen würden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aber - wenn es gestattet ist - auf zwei weitere Punkte eingehen: Zu § 10 Abs. 3 plädiert der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei der erstmaligen Zuordnung digitaler und terrestrischer Übertragungskapazitäten dafür, dass der Umstiegsprozess von analog zu digital im Gesetz besser konkretisiert wird. Eine Vorlage hierfür könnte § 52 a des neuen Rundfunkstaatsvertrages bieten. Die Begründung enthält einige Kriterien, wann der Umstieg tatsächlich zu angemessenen Bedingungen erfolgt. Diesen Umstieg zu fördern, ist nach § 27 Abs. 2 Aufgabe der Landesmedienanstalt. Wir meinen, in § 10 Abs. 3 oder § 27 müssten die Bedingungen konkretisiert werden, wie die Regelungen zum § 52 a des Rundfunkstaatsvertrages in das Gesetz integriert werden.

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt ganz kurz ansprechen: In § 18 Abs. 3 - das ist bereits von mehreren Seiten kritisiert worden - geht es um die Beschränkung der Belegungskompetenzen der Landesmedienanstalt für die Zukunft. An der Stelle können wir uns nur ausdrücklich dem Petitum insbesondere von Herrn Schneider und der Landesmedienanstalt anschließen. Wir plädieren deshalb dafür, diese Beschränkung der Belegungskompetenz zu streichen und es bei der bisherigen Belegungskompetenz zu belassen.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Vielen Dank, Frau Michel. - § 18 kommt nachher im vierten Block an die Reihe, sodass wir das Thema dann sicherlich auch noch einmal werden ansprechen können.

Ingrid Haas (RTL Television GmbH): Ich bin konkret zu den Fensterprogrammen gefragt worden. RTL wird weiter an den Fensterprogrammen festhalten. Deshalb wollen wir derzeit auch nicht auf unsere terrestrischen Kapazitäten verzichten, weil das Reichweitenmoment für einen großen Programmanbieter wie RTL und andere private Sender sehr wichtig ist. Allerdings stimmt natürlich die grundsätzliche Aussage von Herrn Doetz, dass die Terrestrik im Mix der Übertragungswege von abnehmender Bedeutung ist. Der große Vorteil, den eine terrestrische Lizenz, an die das Fensterprogramm gekoppelt ist, im Moment bietet, ist, dass man ein gesetzlich bestimmtes Programm ist und deswegen bei den Vorrangentscheidungen bei der Kabelbelegung quasi bevorzugt behandelt wird.

Wenn wir uns aber die Regelungen ansehen, die nach dem neuen Landesrundfunkgesetz für die Fensterprogramme vorgesehen sind, und dort die zwingende Vorschrift steht, dass - wann immer ein Programm terrestrisch übertragen wird - ein Fensterprogramm veranstaltet werden muss, wird das unweigerlich den Tod der digitalen Terrestrik für Nordrhein-Westfalen bedeuten. Damit zwingen Sie nämlich jedes terrestrisch verbreitete Programm - auch diejenigen, die bisher nicht terrestrisch verbreitet worden sind oder die in ihrer terrestrischen Lizenz keine solche Verpflichtung festgeschrieben haben - dazu, ein Fensterprogramm zu veranstalten, das sich - damit verrate ich Ihnen nichts Neues - nicht rechnet, sondern sehr viel Geld kostet. Für die Senderfamilie von RTL hieße das konkret, dass in einem digitalen Bukett von RTL nicht nur RTL ein Fensterprogramm veranstalten müsste, sondern auch RTL 2, Vox und Super-RTL. Darauf wird sich bei uns niemand einlassen können.

Wir haben vorhin ein Thema nicht angesprochen, das ich allerdings gerne ansprechen möchte. Dabei geht es um den § 14 und die Vorrangentscheidung bei der Zuweisung. Dort wird eine wichtige Regelung neu gefasst, die bisher in der Diskussion untergegangen ist. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Kriterium der Publikumsakzeptanz bei der Belegung von Kabelanlagen entfällt und stattdessen das Kriterium der Anbietervielfalt dort auftaucht. Überlegt man sich einmal die Konsequenzen, ist das - pointiert formuliert - ein Angriff auf die Senderfamilien. Es mag ja den Wunsch geben, keine großen Senderfamilien mehr zu haben, sondern dass man eine Fülle von kleinen Anbietern im Kabel haben möchte. Vor dem Hintergrund stellt sich die Frage: Was bringt das für die Programmvielfalt tatsächlich?

Man erinnere sich, dass die Entstehung der Senderfamilien wirtschaftlichen Überlegungen geschuldet ist. Auf die schwierige wirtschaftliche Situation, in der wir uns aktuell befindet, ist schon hingewiesen worden. Die Bildung von Senderfamilien ist insofern eine wirtschaftliche Notwendigkeit, müssen wir uns doch vergegenwärtigen, dass aufgrund dieser Regelungen Programme - ich spreche jetzt für unsere Senderfamilie -, die über eine hohe Publikumsakzeptanz verfügen, aufgrund des Kriteriums der Anbietervielfalt nicht mehr im Kabel auftauchten, damit massiv an Reichweite verlieren und deshalb wirtschaftlich nicht mehr darstellbar wären.

Auf die Frage, ob wir mit einem solchen Landesmediengesetz leben können, müsste ich sagen: Nein, das können wir nicht.

Was die Kabelbelegung und die entsprechenden Regelungen angeht, kann ich mich nur den Ausführungen von Herrn Dr. Schneider und Herrn Doetz anschließen. Wir halten die Regelungen, wie sie nach dem Entwurf vorgesehen sind, für nicht sehr sinnvoll und zielführend.

Horst Röper (FORMATT-Institut): Wir haben - um diese Studie geht es ja - seinerzeit im Auftrage der LfR eine Untersuchung über Möglichkeiten für kleinräumigen privaten Rundfunk, der werbefinanziert ist, vorgenommen. Wir hatten landesweite Programme - Hörfunk oder Fernsehen - zu untersuchen und was unter welchen Bedingungen in Nordrhein-Westfalen möglich wäre. Darüber hinaus sollten wir die Auswirkungen ermitteln.

Wir haben gesehen, dass sowohl im landesweiten Hörfunk- wie auch Fernsehbereich über den Werbemarkt keine wesentliche Zahl neuer Angebote zu finanzieren ist. Das gilt - das war für uns in Teilen nicht nur ernüchternd, sondern auch erschreckend - eben auch für die Ballungsräume, die von der Industrie selbst als mögliche Ballungsräume benannt worden waren: das Ruhrgebiet, aufgesplittet in Ost und West oder gemeinsam, die Rheinschiene, aufgesplittet in Köln und Düsseldorf oder auch gemeinsam.

Wir mussten feststellen, dass insbesondere im Fernsehbereich keine Möglichkeiten gegeben sind, über den Werbemarkt in den einzelnen Gebieten gleich mehrere Programme zu finanzieren. Das bedeutet: Ein Binnenwettbewerb zwischen Angeboten gleicher Prägung kann in diesen Gebieten jedenfalls finanziert über den Werbemarkt nicht stattfinden. Umso stärker ergibt sich daraus natürlich ein Regelungsbedarf für die wenigen Programme, die man überhaupt erwarten kann.

Zur Beteiligung der Zeitungsverleger: Ich halte die Grenze, die der Gesetzentwurf zieht, für absolut berechtigt, gerade auch hier in Nordrhein-Westfalen, weil - das hat auch Herr Hahn-Cremer ausgeführt - die Zeitungsverlage hierzulande vom Gesetzgeber schon gut bedient worden sind, als sich erstmals eine Chance bot, die ausgedünnten lokalen Informationsmärkte mit neuen Medien zu versorgen. Damals ging es um den lokalen Hörfunk. Dieser lokale Hörfunk ist zu großen Teilen über die Betriebsgesellschaften an die Verleger gegangen. Jetzt bietet sich erneut die Chance, diese monopolisierten Medienmärkte mit neuen Angeboten zu versehen. Die Anbieter können dann nicht wieder diejenigen sein, die diese Märkte ohnehin schon beherrschen.

Herr Becker hat dankenswerterweise ausgeführt, dass wir - sprechen wir von Zeitungsverlagen - eigentlich einen anachronistischen Begriff benutzen. Er hat nämlich die Palette dessen aufgeführt, was Zeitungsverlage bzw. frühere Zeitungsverlage, die heute Medienunternehmen sind, alles unternehmen: neben den Zeitungen, Zeitschriften, regionale Zeitschriften natürlich die Anzeigenblätter, einen Markt, auf dem sie gleichfalls mindestens dominieren, in Teilbereichen sogar Monopolisten sind. Wir haben darüber hinaus den Hörfunkbereich und das Internet mit den lokalen Angebotsstrukturen. Es gibt also in vielen Bereichen nicht nur eine klare Dominanz einzelner Verlage, sondern eindeutige Monopole, und zwar Doppel- und Dreifachmonopole, soweit es um lokale Information geht.

Die Daten zum Zeitungsmarkt hat Herr Becker nach meinem Dafürhalten zumindest nicht ausreichend genug vorgestellt. In der Tat gibt es diese Studie, die nachweist, dass Nordrhein-Westfalen relativ viel Zeitungsangebot hat. Echte Werte sind das nicht. Wir kommen zu ganz anderen Werten. Diese Studie ist eben auf einer zu hohen Ebene angesetzt. Sie nimmt die Kreise, und alles was es darunter in den Gemeinden an monopolisierten Angeboten gibt, fällt dabei heraus. Die Monopolstrukturen sind also auch im Zeitungsmarkt viel größer, als eben ausgeführt wurde.

Außerdem bleibt dabei unerwähnt - aber gerade das ist für dieses Gesetz maßgeblich -, wer die Anbieter sind. Es ist also nicht nur der Zeitungsmarkt an sich darzustellen, sondern auch die Anbieter in diesem Markt. Da müssen wir feststellen, dass wir gerade in Nordrhein-Westfalen eine hochgradige Konzentration haben. Großkonzerne wie WAZ oder Dumont in Köln beherrschen die örtlichen Zeitungsmärkte, also gerade jene, um die es bei Ballungsraumprogrammen möglicherweise geht.

Zu dem Vergleich mit Hessen, der wegen der dort gewählten Grenze der Verlagsbeteiligung von 49,9 % nahe liegt - hier sind es 24,9 % -: Ich denke im Unterschied zu Herrn Becker, dass Frau Meckel über den hessischen Zeitungsmarkt sehr wohl informiert war. Sie haben ausgeführt, der hessische Zeitungsmarkt sei vielfältiger als der nordrhein-westfälische. Das stimmt nur in sehr engen Grenzen. Es stimmt insbesondere nur dann, wenn man die Zahlen für den Zeitungsmarkt in Hessen insgesamt vorlegt. Aber was hier interessiert, sind die Ballungsräume, für die solche Programme in der Tat infrage kommen.

Bei dem Zeitungsmarkt in Frankfurt und Umgebung haben Sie es mit einer anderen quantitativen Struktur und - erlauben Sie den Hinweis - auch mit einer anderen qualitativen Struktur zu tun. Aber das nur am Rande. Das wäre in den möglichen Ballungsgebieten von Nordrhein-Westfalen ganz anders. Die Vermachtung zugunsten der Zeitungsverleger ist hier wesentlich höher als in Frankfurt und im Frankfurter Umland, wo wir viel mehr Zeitungen und vor allem auch mehr Zeitungsunternehmen haben, wo Macht also schon aufgeteilt ist. Das wäre hier nicht der Fall.

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Herr Dr. Grüll versucht natürlich, doch noch eine Äußerung zu bekommen, die für ihn hilfreich ist. Da muss ich ihn enttäuschen. Bei 33 Abs. 4 sind wir uns einig, bei 33 Abs.3 nicht. Bei 33 Abs.3 kann ich dem, was Herr Röper zum Markt in Nordrhein-Westfalen gesagt hat, nichts hinzufügen. Das ist so. Die Situation hier ist anders als die in Hessen. Ich will noch einmal Herrn Rechtsanwalt Lehr zitieren, der für uns in einem Gutachten die Frage Verfassungsrecht/Kartellrecht betrachtet hat. Er hat gesagt: Mit dem Verfassungsrecht kommt ihr nicht sehr weit. Aber ihr kommt kartellrechtlich an diese Frage heran, denn ihr müsst die Märkte betrachten. - Die Märkte sind gerade betrachtet worden. Wir können in Nordrhein-Westfalen den Lokalradiomarkt natürlich nicht außen vor lassen. Das ist anders als in Hessen.

(Dr. Stefan Grüll [FDP]: Nicht verfassungsrechtlich?)

- Nicht verfassungsrechtlich. Kartellrechtlich kommen wir heran. Das heißt, dann bleibt es trotzdem bei 24,9 %. 49,9 % würden sich hierbei ausschließen.

Rafaela Wilde (Verband der Film- und Fernsehproduzenten NRW): Es ist eine Premiere für die unabhängigen Produzenten, im Rahmen eines Mediengesetzes angehört zu werden. Wir begrüßen ausdrücklich, dass erstmals in einem Gesetzgebungsverfahren die Problematik der Marktstellung unabhängiger Produzenten diskutiert und aufgenommen wird.

Es ist gefragt worden, ob wir diese Regelung brauchen. - Natürlich brauchen wir diese Regelung. Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen sehr starke Produzenten, eine auch auf Bundesebene mit hervorragendem Rang belegte Produzentenschaft von hoher Qualität und Professionalität, sicherlich nicht zuletzt auch durch die Rahmenbedingungen, die wir hier in Nordrhein-Westfalen durch die verschiedenen Institutionen und auch durch die Landesregierung vorfinden.

Wir stellen aber fest, dass eine weitere Optimierung der Infrastruktur gefährdet erscheint. Warum ist das so? - Der Markt hat sich deutlich verändert, und zwar in zweierlei Hinsicht: Auf der einen Seite hat die Nachfrage der Sender schmerzlich nachgelassen; auf der anderen Seite hat die Konzentration auf der Senderebene voll auf die Produzentenebene durchgeschlagen. Es ist nämlich so, dass vor allem die drei großen Senderfamilien ihre eigenen Produktionstöchter haben oder an Produktionsfirmen beteiligt sind. Die Töchter werden in großem Umfang von ihren Müttern versorgt.

Eine Studie der Landesregierung über die Produktionsjahre 1999 und 2000, die demnächst veröffentlicht wird, hat erneut belegt - das haben wir schon in der alten Studie im ersten Ansatz feststellen müssen; das ist frappierend -, dass die abhängigen Produktionsunternehmen deutlich mehr Aufträge von den deutschen Fernsehsendern bekommen als die unabhängigen. Nach dieser Studie lag das Produktionsvolumen der abhängigen Unternehmen sowohl 1999 als auch 2000 jeweils bei mehr als dem Doppelten des Volumens der unabhängigen Produzenten.

Wenn man sich den Einbruch der Werbemärkte ansieht und auch die Folgen, nämlich dass Auftragsproduktionen weiter reduziert werden, kann man sich vorstellen, dass unabhängige Produzenten noch schlechter dastehen. Eine Mutter wird um ihre Tochter besorgt sein und erst sie versorgen wollen, bevor sie sich wieder an den freien Markt begibt. - Wir brauchen diese Regelung also für eine vielfältige Produktionslandschaft, auch für mehr Arbeitsplätze und für weitere Strukturen.

Wir sind uns aber auch darüber im Klaren, dass wir diese Regelung nicht überbewerten dürfen; denn die praktischen Auswirkungen sind nicht so groß, wie wir sie uns wünschen. Würde man den politischen Willen, der da zum Ausdruck kommt, ernst nehmen, müssten eigentlich auch diejenigen Sendergruppen erfasst sein, die durch Must-Carrier-Regelungen oder sonstige Vorschriften privilegiert sind. Ich denke, der Gesetzgeber bleibt weiter aufgefordert, sich über die Rahmenbedingungen Gedanken zu machen, um mehr Markt entwickeln zu können.

Es ist auch nicht so, dass wir in Europa alleine stünden. Ganz im Gegenteil: Die europäischen Länder um uns herum haben ihre Produzentenlandschaft mit drastischen Quoten gestärkt. Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass selbst die Amerikaner eine Zeit lang - und zwar nur eine Zeit lang, um die Balance wieder herzustellen - ein Gesetz hatten, das ihren großen Networks untersagte, Eigenproduktionen zu machen. Auf diese Weise hat man auch in Frankreich und in anderen EU-Ländern starke Produzentenmärkte geschaffen, die auch dann aushielten, wenn die TV-Sender selbst als Konkurrenten auf den Markt traten.

Die analoge Phase geht zu Ende. Die digitale Phase kommt. Eigentlich müsste der Gesetzgeber auch hier Vielfaltskriterien vorsehen. Wir haben den Vorschlag gemacht, in § 21 Abs. 3, der gewisse Vielfaltsregelungen enthält, § 14 einzubeziehen. Wir hielten es für glücklich, auch in § 33 nordrhein-westfälische Produzenten für regionale und lokale Fernsehprogramme einzubeziehen. Denn da würde es besonders viel Sinn machen, die einheimische Produktionswirtschaft zu stärken, miteinzubeziehen und so vielleicht einen neuen Markt zu entwickeln.

Dr. Udo Becker (Verband der Betriebsgesellschaften in Nordrhein-Westfalen e.V./ Verband Rheinisch-Westfälischer Zeitungsverleger e.V.): Es gibt Anlass, auf eine Reihe von Äußerungen einzugehen, was ich gerne tun möchte.

Frau Brakensiek, Sie fragten nach möglichen Modellen. Vielleicht kann ich dazu am Ende etwas sagen, da die anderen Aspekte insofern vorrangig sind, als dass sie zur Begründung dessen dienen, was als Modell in die Diskussion eingebracht werden kann.

Herr Röper, Sie haben auf die Untersuchung verwiesen, die Sie für die LfR erstellt haben , und gesagt, danach habe das Ballungsraumfernsehen im weitesten Sinne über Jahre hinweg keine Aussicht auf Wirtschaftlichkeit. Da fragt man sich natürlich sogleich: Macht es in diesem Szenario noch Sinn, zu weiteren gesetzgeberischen Erschwernissen zu kommen, wenn man Märkte gestalten will? Wenn man sie von vornherein verhindern will, kann man das tun, so wie das hier beabsichtigt ist. Insofern denke ich, das ist der falsche Ansatz. Es muss um Gestaltung und nicht um Verhinderung gehen.

Stichwort "Zwei-Säulen-Modell": Das, was insbesondere von Wolfgang Hahn-Cremer, aber auch von Ihnen, Herr Röper, hierzu gesagt wurde, ist wohl allenfalls politisch zu bewerten. Sie wissen beide, dass es sich beim Zwei-Säulen-Modell zwar um ein wirtschaftlich erfolgreiches, aber rechtlich komplexes Modell handelt, das auf einer Trennung zwischen programmlichen Inhalten und kaufmännischer und Vermarktungsseite basiert. Das heißt, im weitesten Sinne findet hier eine Neutralisierung des Lokalfunks statt. Man kann weiß Gott nicht davon sprechen, dass der Lokalfunk in den Händen der Verleger liegt.

Wir reden hier über publizistische Sachverhalte. Insofern kann ich nur sagen: Die Diskussion mit Veranstaltergemeinschaften über Programminhalte sind Legende. Sie sollen es auch bleiben. Sie können aber weiß Gott nicht davon ausgehen, dass das ein Verlegerthema par excellence ist. Es ist ein Modell, mit dem wir wirtschaftlich gesehen leben können und angesichts des gegenwärtigen Erfolges auch in Zukunft leben wollen. Aber zu sagen, hier gebe es ein Zweifach-, Dreifach-, gar Vierfachmonopol, verkürzt die Debatte und wird dem Zwei-Säulen-Modell als nur einem Aspekt aus diesem Spektrum nicht gerecht.

Zu den Anzeigenblättern: Da halte ich es fast wie mit den Mediendiensten und frage, welchen Beitrag Anzeigenblätter zur publizistischen Meinungsvielfalt liefern. Er strebt sicherlich gegen null. Es ist ein wirtschaftliches Thema, das uns bewegt. Auch deshalb kann man es bei der publizistischen Betrachtung unter dem Stichwort "Medienvielfalt" als weitere Aktivität verlegerischer Unternehmungen in diesem Bundesland durchaus vernachlässigen.

Sie sprachen davon, was wir alles machen. Das habe ich natürlich nicht gesagt. Ich habe gesagt, was wir alles machen wollen und was wir alles machen müssen. Das bleibt sicher richtig; denn für uns gilt das Gleiche wie für den Westdeutschen Rundfunk. Wir werden es erleben: Er wird sich im Internet breit ausdehnen - das tut er heute schon -, weil er das machen muss. Er wird wenig reglementiert werden. Auch wir müssen uns in andere Mediengattungen hineinbewegen, weil sich das Nutzerverhalten verändert und weil man gut beraten ist, auf diese Änderungen frühzeitig einzugehen und zu spüren, wohin sich die Märkte bewegen. Wenn man das nicht schafft, werden Zeitungsverlage keine wirtschaftliche Zukunft haben.

Sie wissen genauso wie ich, dass Zeitungsverlage seit inzwischen zwei Jahrzehnten unter chronischen Auflagenverlusten leiden. Sie wissen, dass die Werbemärkte daniederliegen. Ob das eine strukturelle Entwicklung ist, wird sich zeigen. Aber das belegt aus meiner Sicht zweifelsfrei, dass wir gehalten sind, alle Optionen aufrechtzuerhalten.

WAZ und Dumont Schauberg sind zwei von 46 Verlagen. Die anderen 44 - von kleinen Ausnahmen abgesehen - überschreiten Auflagenhöhen von 100.000 Exemplaren nicht. Es sind also im Wesentlichen mittelständische Unternehmen. Es ist aus meiner Sicht durchaus angebracht, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie man ihre Zukunft gewährleisten will. Dass sie in diesem Land in gewisser Weise auch eine Fürsorgepflicht haben, weil sie dieses Land nicht wie renditeträchtige Unternehmungen verlassen können, sollte man bei dieser Diskussion sicherlich auch berücksichtigen.

Stichwort "Internet": Natürlich machen wir Internet im breitesten Sinne. Aber es ist angesichts der für das Internet bisher nicht gefundenen Geschäftsmodelle völlig klar, dass man dieses Themenfeld wirtschaftlich betrachtet noch sehr lange Zeit mit spitzen Fingern anfassen muss. Wir haben leider nicht das Privileg, uns über Gebühren finanzieren zu können. Von vornherein sind wir damit der Gefahr verzerrter Märkte ausgeliefert. Wenn Sie nämlich später über Printfunktionen an Ihren Druckern Tageszeitungen von Internetdiensten erstellen können, dann zeigt das, wie stark unsere Märkte für die Zukunft gefährdet sind. Das schafft gleichzeitig aber selbstverständlich den Zwang und den Willen dazu, in neue Märkte hineinzugehen, die ohne Zweifel wirtschaftlich schwierig, aber am Ende doch unumgänglich sind, um dabei zu sein.

Deshalb noch einmal: Auf der einen Seite steht zwar ein durchaus eingegrenztes wirtschaftliches Potenzial, aber was die gesetzgeberische Regulierung angeht, muss das Ganze mit Augenmaß betrachtet werden.

Stichwort "Kartellrecht": Herr Hahn-Cremer, darüber reden wir hier nicht. Hier reden wir über publizistische Meinungsvielfalt. Die Diskussionen zum Kartellrecht sehen völlig anders aus. Wir haben uns auch im Zusammenhang mit der Zeitungsstudie von Dr. Schütz, der diese Untersuchung unbestritten seriös seit den 50er-Jahren betreibt, nur über publizistische Kategorien und nicht über kartellrechtliche, also unternehmenswirtschaftliche Fragestellungen, auseinander zu setzen.

Was die Modelle betrifft, nur ganz kurz: Ich befasse mich nur mit Mediengesetzen der Bundesländer, in denen es überhaupt Ballungsraumfernsehen gibt, denn sonst macht Mediengesetzgebung zum Thema "Ballungsraumfernsehen" überhaupt keinen Sinn. Es existieren zwar Mediengesetze in den verschiedensten Bundesländern, aber nicht unbedingt in jedem Bundesland Ballungsraumfernsehen.

Nach dem Hamburger Modell - ich komme jetzt zu dem Redebeitrag von Frau Brakensiek - kann man sich als Zeitungsverlag mit mehr als 50 % an den Kapital- und Stimmrechten beteiligen, wenn man vielfaltsichernde Maßnahmen ergreift. Das hessische Modell lässt eine 49%ige Beteiligung zu. In Bayern kann man sich nach dem dortigen Modell unter der Voraussetzung vielfaltsichernder Maßnahmen ohne eine prozentuale Begrenzung beteiligen.

Wenn man schaut, was jeweils unter vielfaltsichernden Maßnahmen verstanden wird, so finden sich in Bayern vier an der Zahl. Ich will einmal eine Maßnahme herausgreifen, nämlich den Programmbeirat, sprich: die Möglichkeit, über Programmbeiräte auf inhaltliche Gestaltung, auf Programmschemata, Programmabläufe Einfluss zu nehmen. Dies ist sicherlich eine Überlegung, über die man nachdenken können muss.

Ein weiterer Blick in die Gesetze zeigt, dass es in Hamburg, in Berlin und in Bayern überhaupt keine Produktionszulieferbegrenzungen gibt, wie es in Nordrhein-Westfalen erwogen wird. Das heißt: Drei von vier Bundesländer mit Ballungsraumfernsehen verzichten auf eine solche Formulierung. Wenn das nicht augenfällig genug beweist, dass wir es in diesem Land mit einer relativ restriktiven Gesetzgebung zum Thema Ballungsraumfernsehen zu tun haben, dann fällt mir dazu nichts Neues mehr ein.

Mein letzter Satz, vielleicht leicht polemisch; Herr Dr. Stock will dazu sicherlich gleich noch ausführlich Stellung nehmen: Die Verfassungsrechtsprechung zum Thema "vorherrschende Meinungsmacht" findet ihren Ursprung im Jahre 1986. Das ist jetzt 16 Jahre her. Internet konnte man damals vielleicht schon buchstabieren, aber noch keiner hat sich darunter etwas vorstellen können. Dass sich die Situation geändert hat, dürfte jedem klar sein. Dass das für einen Gesetzgeber auch Folgen haben muss, dürfte auch jedem klar sein. Und dass Verfassungsrechtsprechung immer retardierend, weil reaktiv ist, ist Beleg dafür, dass sie nicht unbedingt ein geeigneter Wegweiser in die Zukunft sein muss. Das haben wir schon gelernt, als sich in den 80er-Jahren die duale Rundfunkordnung entwickelt hat. Auch damals marschierte der Gesetzgeber mit seinem dritten Rundfunkurteil hinterher.

Prof. Dr. Martin Stock (Universität Bielefeld): Die Argumentation, wie sie Herr Becker gerade vorgetragen hat, hat mich wieder zweifeln lassen, ob wir überhaupt einen funktionsfähigen Wettbewerb im Sinne des gedachten Marktmodells im Rundfunkbereich erwarten können. Alles, was von der Verlegerseite mit Blick auf § 33 angeführt wird, läuft darauf hinaus, dass wir die dortigen relativ marktkonformen Instrumente einer rundfunkspezifischen Konstellationsbegrenzung als zu weitgehend kritisiert finden. Man macht wirtschaftliche Argumente dieses und jenes Inhalts geltend - sicher, das mag an sich gesehen ein Feld für streitige Argumentation sein -, aber es fehlt ganz und gar an tauglichen Alternativen. Sie wenden sich gegen diesen schon verhältnismäßig zahmen Versuch in § 33, mit solchen Instrumenten nicht der allgemeinen, sondern der rundfunkspezifischen Konzentrationskontrolle Vielfaltsicherung zu betreiben.

Was schlagen Sie vor? - Als Surrogat reden Sie von vielfaltsichernden Maßnahmen. Das sind dann solche anderer Art; wir kennen sie aus früheren Jahrzehnten, und auch das Bundesverfassungsgericht hatte sie bei seinem "Niedersachsen-Urteil" schon vor Augen. Seit dieser Zeit kommen sie immer wieder einmal in Paragraphen zum Vorschein, haben aber in der Praxis keine besondere Bedeutung. Dazu zählen insbesondere Vorschriften, Programmbeiräte zu schaffen oder unabhängige Fensterstrukturen einzurichten etc.

Man könnte, wenn man das weiterdenkt, übrigens durchaus auf die Idee kommen, das Zwei-Säulen-Modell nordrhein-westfälischer Provenienz nicht nur im lokalen Bereich beizubehalten und eine Zeit lang zu tolerieren, sondern sogar auf das Ballungsraum-TV zu erstrecken. Das wäre eine wirklich interessante Idee; das wäre auch eine vielfaltsichernde Maßnahme, die mehr Erfolgsaussichten hätte als jeder Programmbeirat. Denn bisherige Programmbeiräte zeichnen sich dadurch aus, dass sie ohne wirksamen Programmeinfluss sind.

Was sagt das Bundesverfassungsgericht dazu? - Es hat sich nicht nur im "Niedersachsen-Urteil" über Konzentrationsbegrenzung geäußert. Anfang der 90er-Jahre hatte es über eine Vorlage - diese hat es leider lange vor sich hergeschoben - zu entscheiden und endlich 1994 einen Beschluss gefällt, der keine dezidierten, konkreten, politisch ohne weiteres operationalisierbaren Aussagen enthält, aber ganz beachtliche Mahnungen und Appelle, wie Herr Becker es eben versucht hat zu verdeutlichen: Diese Grundsätze haben sich vor Jahrzehnten entwickelt, heute muss man sie etwas großzügiger betrachten. Es wird dort in eindringlicher Weise von nach wie vor vorhandenen Risiken dieser so genannten vorherrschenden multimedialen Meinungsmacht geredet und davon, dass der Gesetzgeber etwas dagegen unternehmen müsste. - Davon ist überhaupt keine Rede mehr.

Herr Freimuth hatte mich vorhin konkret nach § 33 Abs. 3 gefragt. - In der Plenardebatte zur ersten Lesung ist hier ausweislich des Protokolls gesagt worden, diese Regelung wäre verfassungsrechtlich zwingend. Für § 33 Abs. 4 wurde das anscheinend aber nicht angenommen - zum Teil von denselben Damen und Herren. - Hier ist Vorsicht geboten. Es gibt keine dezidierten Aussagen in der verfassungsrechtlichen Judikatur, dass nur ein bestimmtes Instrument und dann auch nur eines mit bestimmten bezifferbaren Quoten verfassungsrechtlich zwingend wäre. Wohl aber ist das Gebot zu beachten, ergebnis- und erfolgsorientiert etwas zu unternehmen und nicht etwa auf effiziente Vielfaltsicherung zu verzichten. Man kann dazu ganz verschiedene Instrumente nutzen. Man kann relativ marktkonforme Instrumente der rundfunkspezifischen Konzentrationskontrolle einsetzen, man kann mit Quoten arbeiten, man kann auf begrenzte Generalklauseln wie in § 33 Abs. 4 S. 1 zurückgreifen.

Wenn man diese Möglichkeiten aber kritisiert und deren Streichung anstrebt: Was soll denn an deren Stelle treten? - Das ist mir nicht nachvollziehbar. § 33 Abs. 3 jedenfalls spiegelt ein Minimum dessen wider, was man verfassungsrechtlich machen sollte. Ich sehe weit und breit keine Vorschläge, welche anderen Instrumente man wählen könnte, wenn man nicht nur an symbolische Vielfaltsicherung, wie etwa in § 2 des Gesetzes beschrieben, denkt.

Es gibt eine ganze Reihe anderer denkbarer Instrumente. Wir haben in früheren Jahren viel darüber debattiert. Ich will es mir versagen, sie jetzt in Erinnerung zu rufen. Erwähnen will ich nur das Stichwort "innere Medienfreiheit" als Instrument der Vielfaltsicherung. Das scheint mir zu Unrecht in Vergessenheit zu geraten.

Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal (Landesrektorenkonferenz Nordrhein-Westfalen/ Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen des Landes NRW): Herr Grüll, Sie hatten mich zu § 33 Abs. 3 gesondert angesprochen; auf die Eingangsfrage von Herrn Keymis hatte ich noch nicht geantwortet, weil mir klar war, dass es hierzu noch eine eigene Debatte geben würde.

Ich möchte mich den Ausführungen des Vorsitzenden der Rundfunkkommission und von Prof. Dr. Stock anschließen. Ich weiß, Sie würden gerne etwas anderes hören, Herr Dr. Grüll. Aber gesetzlich ist meines Erachtens nichts anderes möglich. Der Gesetzgeber sollte sich nicht scheuen, sehr deutlich zu formulieren, dass es, auch wenn er Ballungsraumfernsehen ermöglichen will, Grenzen gibt. Denn es existiert ja in der Tat im Bereich der Printmedien eine relativ hohe Konzentration. Herr Röper hat es hier ausgeführt.

Ich möchte zudem daran erinnern, dass die Verleger in großem Maße an TV.NRW, einem privaten Nordrhein-Westfalen-Programm, beteiligt sind. Andererseits muss man natürlich beachten, dass es im Lokalfunk unabhängige Veranstaltergemeinschaften gibt. Aber wenn Sie im Gegensatz dazu wiederum bedenken, wie pressemäßig die Einführung des privaten Nordrhein-Westfalen-Programms von den dazugehörigen Verlagen begleitet worden ist, dann zeigt sich, dass es unter Grundgesetzgesichtspunkten - insofern halte ich es nicht für veraltet, Herr Becker - schon sehr sinnvoll ist, darauf zu achten, dass die Medienkonzentration nicht zu weit geht. Daraus folgt: Auf lange Sicht ist die Förderung des Ballungsraumfernsehens durch den Gesetzgeber gerade angesichts der Globalisierung sehr wichtig, weil es immer stärker lokale und regionale Ballungsraumbezüge geben wird, doch genauso wichtig ist die Berücksichtigung des Aspektes "Medienkonzentration".

Was man aber vor allen Dingen braucht, sind sinnvolle Geschäftsmodelle. In Deutschland hat offenbar noch niemand die richtige Lösung gefunden. Das wird auch an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Ballungsraumangebote anderswo deutlich. Es geht darum, die Werbemärkte nach unten hin sinnvoll zu gestalten und zu strukturieren. Dies hielte ich unter dem Aspekt "Wirtschaftsförderung" für vernünftig.

Dr. Michael Rath-Glawatz (Rechtsanwalt): Ich glaube, es ist eine etwas verrutschte Diskussion entstanden. Niemand in diesem Saal wird - und schon gar nicht angesichts der Macht des Verfassungsgerichts - behaupten, man käme in einem Landesrundfunkgesetz ohne Vielfaltsicherung aus. Vielfaltsichernde Vorschriften muss es geben. Das ist die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts.

Die große Frage lautet nur: Wie? - Man muss nicht mit starren Begrenzungen operieren. Das beweisen - Herr Becker hatte es aufgezählt - andere Landesrundfunkgesetze; und diese sind deswegen nicht verfassungswidrig. Es steht eine ganze Bandbreite zur Verfügung - Herr Prof. Dr. Stock hat es erklärt. Die Frage ist: Wie macht man es geschickt? - Wenn Sie ein modernes Gesetz machen wollen - dieser Leitsatz steht offenbar als Überschrift über dem Ganzen -, sollten Sie die Erfahrungen der Vergangenheit auswerten. Markieren derart starre Regelungen wie hier vorgesehen dann, wenn Sie Vielfalt wollen, den richtigen Weg? - Schon sprachlich widersprechen sich die Begriffe "starre Regeln" und "Vielfalt". Ich möchte Ihnen das an zwei Beispielen erläutern:

Für den nationalen Rundfunk gibt es die KEK, die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, die auf ihrem Gebiet mit einer starren Regelung zu arbeiten gehalten ist. Diese starre Regelung ist damals mit Blick auf die beiden großen Fernsehblöcke entwickelt worden. Nun hat der eine Fernsehblock bekanntermaßen momentan Schwierigkeiten. Es kann also sein, dass der andere Block durch mögliche Senderausfälle zumindest zeitweilig Quoten bekommt, die über der im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenen Grenze liegen. Die Kommission muss sich nun ja wohl an die starren Grenzen halten: Sie müsste, wenn der beschriebene Fall einträte und jemand überschritte die Grenze, sich an den Vorschriften in Gesetz und Staatsvertrag orientieren und eventuell Restriktionen ergreifen. Ein Programm, was bis dato völlig in Ordnung war, keinerlei Gefährdung der Meinungsvielfalt enthielt, wird durch den Ausfall eines anderen Marktpartners größer und müsste im Extremfall behindert werden, dürfte diese Quote nicht haben! - Dies spricht gegen starre Regelungen.

Zweites Beispiel: Wenn sich denn in Nordrhein-Westfalen ein Verlag entscheiden würde, ein Business-Radio zu machen - nicht vielleicht ein nationaler Zeitungstitel, sondern ein nordrhein-westfälischer, ein Verlag in Düsseldorf, in Köln, in Essen -, dann könnte er das nicht, wenn das Gesetz so, wie es vorgeschlagen ist, verabschiedet würde. Er könnte kein landesweites Spartenradio machen, weil es nicht geht. Dieses Gesetz ist gegen Vielfalt. Es wäre das erste landesweite Business-Radio in NRW. Und dieses Gesetz ließe das nicht zu.

Also, mein Petitum: Starre Regeln sind gegen Vielfalt. Das heißt ja nicht, dass man nicht ins Gesetz hineinschreibt, dass es, wenn eine Kombination z. B. aus Verlagen dazu führen würde, dass ein bestimmtes Programmangebot vorherrschende Meinungsmacht hervorruft, nicht zugelassen wird. Dann muss man konkret untersuchen, bei welcher Beteiligungshöhe das der Fall ist.

Das muss nicht automatisch 24,9 % sein, das kann mehr, das kann weniger sein. Dann muss die Aufsichtsbehörde konkret nachweisen, die Meinungsvielfalt wird in diesem Fall durch ein derartiges Angebot gefährdet. Der Verlag muss versuchen, es zu widerlegen, und die Gerichte werden darüber entscheiden. Das heißt, man kann auch - Herr Professor Stock, Sie haben es gesagt - verfassungsrechtlich mit einer Generalklausel arbeiten. Wenn Sie also eine abstrakt generelle Regelung ins Gesetz nehmen, die besagt, dann, wenn ein Angebot die Meinungsvielfalt beschränkt, ist es zu untersagen, reicht das aus meiner Sicht völlig aus.

Sie haben den Vorteil, dass Sie flexibel sind für neue Lösungen. Sie können bestimmte Medienangebote z. B. entstehen lassen und dann anhand dieser Generealklausel später überprüfen, ob es geht oder nicht.

Lothar Hegemann (CDU): Da Dr. Schneider von der LfR nicht da ist, möchte ich Sie, Herr Dr. Brautmeier fragen: Nachdem es diese Einengung für Verlage und an Presseorganen beteiligte Interessenten gibt, müssten Ihnen andere ja jetzt die Bude einrennen - wenn ich das mal so lax sagen darf -, um Ballungsraumfernsehen zu machen und um Meinungsvielfalt in Nordrhein-Westfalen zu sichern. Wie sieht das denn so im Vorfeld des Gesetzes aus? Müssen Sie da jetzt Warteschlangen verwalten, oder wie ist der Drang nach Ballungsraumfernsehen, wenn Gesetz wird, was hier im Entwurf steht?

Ute Schäfer (SPD): Ich habe aufgrund des letzten Vortrages ganz konkret zum Ballungsraumfernsehen - TV.NRW - an Herrn Becker zwei Fragen. Habe ich Ihren Vortrag dahin gehend richtig verstanden, dass Sie sagen: Wenn dieser Zugriff über den § 33 Abs. 4 - an der Stelle über die Verleger - so eingeschränkt sei, dass dann - Sie haben ja von den Entwicklungen der Verlage gesprochen, von der Entwicklung der Zeitungen in NRW -, sobald es also nicht möglich sei, in diese Sparte mit hineinzugehen, quasi ihre Existenz maßgeblich beeinträchtigt sei? Denn ich habe immer gedacht: Die Kernkompetenz der Verleger ist nun tatsächlich in dem Bereich der Zeitungen. Wenn ich das richtig verfolgt habe, unternehmen Sie auch Anstrengungen, die Kernkompetenzen tatsächlich zurzeit etwas stärker in den Blick zu nehmen.

Frage 2: Ich glaube, Herr Stock hat es angesprochen, das Zwei-Säulen-Modell auch noch mal auf das Ballungsraumfernsehen zu übertragen. Wie schätzen Sie denn diese Vorstellung ein?

Dr. Jürgen Brautmeier (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Herr Hegemann, die Antwort ist ganz einfach: Bisher rennt uns noch niemand die Bude ein. Das ist aber auch nicht verwunderlich; denn erst mal muss das Gesetz verabschiedet sein, damit man genau weiß, um was man sich da bewerben kann und wer sich bewerben kann. Das ist, glaube ich, logisch.

Was man aber sagen kann: Immer wenn wir Kapazitäten haben und sie ausschreiben, dann gibt es Bewerber. Ich wäre nicht bange, dass wir keine Bewerber für Ballungsraumfernsehen bekämen. Angesichts der Großwetterlage muss man natürlich da ein bisschen vorsichtiger sein, aber Sie merken ja auch, dass angesichts der Großwetterlage wieder neue Fernsehveranstalter analoge Kabelplätze beantragen und neue Fernsehsender aus dem Boden gestampft werden. Ich wäre da nicht so pessimistisch. Aber noch mal: Erst muss das Gesetz da sein.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle nur noch eine kleine Bemerkung, was die Frage der Kapazitäten - da wir gerade dabei sind - angeht, die ich pflichtgemäß auch für die LfR machen muss. Im Lokalfunk - das wissen wir - haben wir immer noch einen großen Mangel in der flächendeckende Versorgung. Deswegen steht in unserer Stellungnahme: "Es täte uns weh, wenn es einen Automatismus gäbe, dass alle frei werdenden Kapazitäten automatisch bevorzugten öffentlich-rechtlichen Veranstaltern zugewiesen würden." Dies tut uns nach wie vor weh, weil wir nach wie vor Probleme haben, den Lokalfunk angemessen mit Frequenzen zu berücksichten.

Uns tut - das muss ich pflichtgemäß auch sagen - nach wie vor weh, dass nicht die Landesmedienanstalt die zuordnende Stelle für Kapazitäten ist, sondern nach wie vor die Staatskanzlei. In anderen Ländern gibt es andere Modelle. Ein Schlichtungsmodell wäre z. B. eines, das man hier gebrauchen könnte, womit einigermaßen ein Gleichgewicht im dualen System, wenn man dieses duale System ernst nimmt, zu ermöglichen wäre. Und dieses sollte man ernst nehmen. Gerade im lokalen Hörfunk mit Einschaltquoten von 30 und an manchen Stellen 40% ist das, glaube ich, ein wichtiger Faktor. Und wenn wir diesen Faktor durch bessere Frequenzzuweisung stärken wollen, sollte man an dieser Stelle noch was tun.

Dr. Udo Becker (Verband der Betriebsgesellschaften in Nordrhein-Westfalen e.V./Verband Rheinisch-Westfälischer Zeitungsverleger e.V.): Zur Frage, die Frau Schäfer nach der wirtschaftlichen Basis stellte, was die Beeinträchtigung der Zeitungsverlage angeht, wenn sie denn kein Ballungsraumfernsehen machen könnten. - Glücklicherweise, denke ich, sind wir in einer Situation, in der es nicht so ist, dass das wirtschaftliche Potenzial von Ballungsraumfernsehen auch nur ansatzweise an das der Tageszeitungen heranreicht. Da gibt es schon unterschiedliche Kategorien. Das wird man auch sicher im Auge behalten müssen.

Das ändert aber nichts an der Ursprungsthese. Die Ursprungsthese lautet: Wir sind in der Gegenwart anders als früher gehalten, im Tagesverlauf der Zeitfolgen von morgens bis abends auf der Spur unserer Nutzer zu sein. Das ist sicher ein Wirtschaftsthema. Es ist eine Frage des Marketings. Es gibt Potenziale, die sich auf diese Weise erschließen lassen. Deshalb ist die Botschaft: Es ist durchaus sinnvoll, auf diesem Feld aktiv zu sein. Was die Kernkompetenz angeht, so haben wir die natürlich in der Tat im Zeitungsbereich. Es ist auch sicher richtig, dass sich Zeitungsverlage in den 80er-Jahren nicht als besonders erfolgreich im Zusammenhang mit der Entwicklung des privaten Fernsehens gezeigt haben. Aber: Im lokalen Raum wird man sicher sagen können, dass Ballungsraumfernsehen durchaus insoweit für die Kernkompetenz der Zeitungsverlage im Nachrichtenbereich Relevanz hat, als wir dort unsere Möglichkeiten nutzen und die Zuschauer mit einem entsprechenden Angebot bedienen können.

Dass Ballungsraumfernsehen natürlich anderen Gesetzen folgt, als es bei anderen Mediengattungen der Fall ist, als es bei den Zeitungen der Fall ist, als es vielleicht auch bei bundesweitem Fernsehen der Fall ist, dürfte klar sein und hängt am Ende mit der eingeschränkten Wirtschaftlichkeit dieses Spezialthemas im Fernsehbereich zusammen.

Fazit: Ich denke, unabhängig von der Regelung zum Ballungsraumfernsehen wird auch die wirtschaftliche Basis der Zeitungsverlage unbeeinträchtigt bleiben. Aus publizistischer Sicht wäre es im Hinblick auf die Zukunft der Verlage wünschenswert, dennoch einen angemessenen Zugang in diese Märkte zu bekommen.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Damit wären wir nach meinen Unterlagen mit Block 1 am Ende. Ich habe keine weiteren Wortmeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten. Ich sehe, dass Sie auch kein Bedürfnis haben, diese Punkt noch weiter zu erörtern.

Ich möchte nun - wir haben 12.41 Uhr; ich sagte eben, 13.30 Uhr könnten wir eine kleine Pause einlegen - den Block 2 aufrufen. Wir müssten den Block 2 dann etwa um 13.30 Uhr unterbrechen. Vielleicht sind wir aber bis dahin mit dem Themenblock 2 durch.

Der Block 2 ist überschrieben:

Landesanstalt für Medien

Er umfasst den Abschnitt X des Gesetzes. Ich rufe zunächst die Unterabschnitte 1, 2 und 4 auf. Das sind die §§ 87 bis 108. Da geht es vor allem um die Fragen allgemeiner Vorschriften, um Fragen zur Medienkommission und zum Medienrat. - Herr Hegemann, bitte.

Lothar Hegemann (CDU): Ich habe eine Frage an die Verbände, die nicht mehr in der Medienkommission vertreten sein werden. Ich erspare es mir, diese im Einzelnen aufzurufen. Ein Großteil davon ist jedenfalls da. Ich bitte sie einmal dazu Stellung zu nehmen, ob Sie sich in der Vergangenheit überflüssig vorgekommen sind und wie sie es beurteilen, wenn man Medienpolitik als gesamtgesellschaftlichen Diskurs proklamiert und die gesellschaftlich-relevanten Gruppen von der Meinungsbildung in dieser Kommission fernhält. Das möchte ich als Einstieg mal so stehen lassen.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herr Hegemann, darf ich nachfragen: An wenn hatten Sie die Fragen gestellt?

Lothar Hegemann (CDU): Ich kann die Namen jetzt nicht nennen. Man müsste mal schauen, wer da ist: vom Deutschen Beamtenbund, vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband, vom Rheinischen Landwirtschaftsverband, vom Verband Freier Berufe, vom Städtetag NRW, vom Lippischen Heimatbund, vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und vom Westfälischen Heimatbund, vom VdK, von der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, vom Deutschen Journalistenverband - ich denke, die Betroffenen wissen, wer gemeint; ich glaube, das Grimme-Institut ist nicht da -, vom Landesverband Bürgerfunk, vom Verband Lokaler Rundfunk, vom Verband der Betriebsgesellschaften, vom Verband Fernseh-, Film- und Videowirtschaft.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Also, Sie meinen alle im Saal. - Wir versuchen, das gleich so zu handhaben, dass Sie eine Antwort derjenigen erhalten, die sich angesprochen fühlen und auch das Wort bekommen. Wir müssen das nicht chaotisieren.

Frau Brunn, Herr Keymis und Grüll! Dann würde ich die Antwortrunde einsteigen.

(Lothar Hegemann [CDU]: Chaotisierung war das nicht!)

- Ich meine nicht Sie mit "chaotisieren". Um Gottes willen! Wenn jetzt alle eine Stunde sprächen, dann wäre das schwierig. Aber das bekommen wir schon hin. - Bitte schön, Frau Brunn.

Anke Brunn (SPD): Block 2 behandelt ja die Landesanstalt für Medien, ihre neue Aufgabenstellung, ihre Zusammensetzung und ihre einzelnen Funktionen. Ich denke, da müssen wir zunächst einmal die LfR um Stellungnahme bitten, weil die Neupositionierung auch ihren Ausdruck in der entsprechenden Pragraphenabfolge findet.

Ich weiß, dass das eine vielleicht etwas heikle Frage ist, weil auch die Landesmedienkommission in ihrer bisherigen größeren Zusammensetzung viele unterschiedliche Gruppierungen betrifft. Die Frage ist einmal an die LfR gestellt: Gibt es eine ideale Größe für eine solche Kommission. Diese Frage stellt sich insbesondere bei der Zusammensetzung. Bisher ging es quasi in einem empirischen Verfahren mit sehr vielen Beteiligten Gruppen, die an dem Aufbau dieser dualen Medienlandschaft beteiligt waren und sind. Jetzt geht es um die Ausgestaltung neuer Aufgabenfelder, bei der die Beteiligten vor allem auch Sachwalter der Allgemeinheit sein sollen. In welcher Form müsste man die Auswahl derjenigen, die daran zu beteiligen wären, gestalten? Das ist natürlich auch eine allgemeine Frage; denn jeder sagt: "Ich möchte da hinein", oder: "Ich möchte da nicht hinein." Die Frage ist: Welche Kriterien kann es aus der Sicht der bisherigen Praxis hierfür geben? - So weit meine Fragen an die LfR.

Ich habe zwei weitere Fragen zum Medienrat. Hierzu gibt es eine kritische Anmerkung von Frau Bock-Rosenthal, und ich möchte sie fragen, ob sie das präzisieren könnte. Dieselbe Frage richte ich an den Vertreter des DGB, der dazu sehr ausführlich Stellung genommen hat.

Ich bin der Meinung - das ist jetzt ein Vorgriff auf den nächsten Block -, dass die Medienversammlung ein neues Instrument im Zusammenhang mit der Meinungsbildung sein kann. Hierzu haben die Verbraucherverbände in ihrer Stellungnahme etwas gesagt. Dazu würde ich gern auch Ihre Meinung hören.

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Brunn hat schon wesentliche Fragen formuliert, die ich ähnlich stellen wollte. Ich würde gern den Kreis der Beantworter/innen um die beiden Vertreter der Kirchen erweitern. Die Kirchen werden nach dem Gesetzentwurf Mitglied in dem Gremium sein, haben sich in ihren Papieren gleichwohl kritisch dazu geäußert, dass eine Verkleinerung der Kommission eintreten soll. Insofern würde ich gern um ihre Einschätzung bitten.

Ähnliches gilt auch für die Aussagen der Gewerkschaft Ver.di. Vielleicht könnte auch sie dazu Stellung nehmen, und zwar mit Bezug auf die beiden neu geplanten Einrichtungen Medienversammlung und Medienrat; denn dabei handelt es sich um stark in die Gesellschaft hineinreichende Entscheidungsfelder, was die Beteiligung von vielen betrifft.

Dr. Stefan Grüll (FDP): Ich schicke voraus, dass ich eine gewisse Sympathie für eine Verkleinerung habe. Da ich im Übrigen auch eine gewisse Phantasie habe, wie die Antworten derjenigen, die nach den Vorstellungen der Landesregierung in dem Gremium nicht mehr vertreten sein sollen, aussehen werden, auch wie ihre Antwort auf die Frage, ob sie sich bisher überflüssig gefühlt haben, ausfallen wird, möchte ich die Betreffenden bitten, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob sie eine Vorstellung haben, wie man einen aus ihrer Sicht gangbaren Weg zwischen dem Extrem "45 plus eine entsprechende Anzahl von Stellvertretern", was aus meiner Sicht zu groß ist, und der jetzt durch den Gesetzentwurf festgelegten Verkleinerung finden könnte. Gibt es zwischen diesen beiden Polen nach Ihrer Vorstellung einen gangbaren Weg, den Sie als akzeptabel empfinden würden? Ich füge sicherheitshalber an: Die Antwort, die Politik solle dann doch draußen bleiben, hielte ich zwar für wegweisend, in der Originalität aber für überschaubar.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Damit können wir zur Beantwortung übergehen. Ich werde zunächst die konkret Benannten um das Wort bitten. Dann werde ich fragen, wer sich außerdem berufen fühlt, auf die Fragen, die Herr Hegemann gestellt hat, einzugehen. - Ich erteile zunächst dem Vorsitzenden der Rundfunkkommission, Herrn Hahn-Cremer, das Wort.

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich kann die eine oder andere Frage, die an mich gestellt worden ist, verstehen. Aber Sie werden wahrscheinlich auch verstehen, dass ich darauf keine Antworten liefern will. Das wären Antworten auf Fragen, die Sie selbst hätten geben müssen.

Weder die Rundfunkkommission noch ihr Vorsitzender haben zu denen gehört, die gesagt haben, die Arbeit der 45 sei so schlecht gewesen, dass man nun über eine Verringerung der Anzahl um die Gruppierungen streiten müsste, die nicht das gebracht haben, was der eine oder andere vielleicht gewünscht hat. Sie können vom Vorsitzenden der Rundfunkkommission nicht verlangen, sich nicht vor die 45 Mitglieder zu stellen und eine Auswahl zu treffen.

Ich bin der Auffassung, die Kommission hat vernünftige Arbeit geleistet, die sich sehen lassen kann. Wenn man die Meinung vertritt, dass es möglicherweise zu viele sind, müssen nicht wir die Kriterien für die Entscheidung liefern, wie aus 45 weniger gemacht werden. Vielmehr muss sich derjenige, der argumentiert, es müssten weniger sein, die Kriterien selbst überlegen. Dass dies nicht geschehen ist, bemängele ich. Ich bemängele aus der Sicht der Kommission, dass dieser Aspekt, obwohl es viel wichtigere Fragen gibt, zu einer solchen hochstilisiert worden ist. Vor allem aber bemängele ich, dass die Kriterien nicht transparent sind.

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Ich kann immer noch nicht nachvollziehen - bitte, nehmen Sie das nur als Beispiel -, warum ein Sozialverband wie der VdK, der in Nordrhein-Westfalen 120.000 Mitglieder hat, wenn ich richtig informiert bin, in dem Gesetzentwurf überhaupt nicht vorkommt. Es hätte meines Erachtens überhaupt kein Problem gemacht, im Bereich Soziales hinter der Arbeitsgemeinschaft der Paritätischen Wohlfahrtsverbände den VdK einzufügen.

Vielleicht ein zweites Beispiel, an dem sich nach meiner Meinung zeigt, dass die Kriterien nicht transparent sind: Mir ist auch zweifelhaft, warum der Deutsche Journalistenverband im Gesetzentwurf nicht vorkommt.

Das sind Fragen, die Sie sich selbst stellen müssen. Wenn der Gesetzentwurf sagt, man müsse mit weniger Mitgliedern auskommen, müssten auch die Kriterien klar sein, warum die eine oder andere Institution aus der Liste herausgenommen worden ist. Ich glaube nicht, Herr Dr. Grüll, dass die Verbände die Argumente dafür liefern können, wie man es hätte anders machen können.

Zur Medienversammlung will ich etwas aus meiner Sicht sagen, weil sich die Landesanstalt für Rundfunk dazu nicht geäußert hat. Es wäre der falsche Ansatz für eine gute Idee zu meinen, die Medienversammlung sei Ersatz für alle, die nicht mehr in der Kommission sind. Es wäre der richtige Gedanke, auf breiter Basis etwas zu diskutieren. Das muss aber auch eine Verpflichtung haben. Es muss klar werden, dass es keine Alibiveranstaltung ist. Es geht nicht an, etwas nach dem Motto zu veranstalten: Das wird eine breite Diskussion, die allerdings wie das Hornberger Schießen endet. - Wenn der Gesetzgeber etwas für schwierig herauszufinden hält, schreibt er: Das Nähere regelt die LfR durch Satzung. - Deshalb muss man kreativ darüber nachdenken, wie auf breiter Basis eine Diskussion geführt werden kann, die sich in der Arbeit der Medienkommission und anderer Gremien niederschlägt.

Im schleswig-holsteinischen Gesetz gibt es eine meines Erachtens vernünftige Regelung. Dort ist die Landesmedienanstalt aufgefordert, halbjährlich einen Bericht abzugeben, um nach außen deutlich zu machen, was sie für die Öffentlichkeit getan und welche Aufgaben sie erledigt hat.

Noch einmal: Ich halte die Medienversammlung für ein interessantes Instrument, wenn sie keine Alibiveranstaltung ist, warne aber davor zu meinen, sie sei Ersatz für diejenigen Organisationen, die jetzt aus der Rundfunkkommission herausfallen.

Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal (Landesrektorenkonferenz Nordrhein-Westfalen/Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen des Landes NRW): Was die Position der Landesrektorenkonferenzen zur Vertretung in der Rundfunkkommission angeht, möchte ich Sie bitten, diese den Stellungnahmen zu entnehmen, die schriftlich vorliegen.

Ich möchte persönlich eine Anmerkung machen, weil ich von Anfang an in der Rundfunkkommission bin und den Vergleich mit der Hochschulpolitik habe, wo man eher sozusagen im eigenen Saft schmort: Ich erlebe die Vielfalt in der Rundfunkkommission außerordentlich positiv, dass die Kolleginnen und Kollegen in der Rundfunkkommission aus so unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen kommen und aufgrund der sehr unterschiedlichen Hintergründe und Qualifikationen so viele Aspekte eingebracht werden, was die Arbeit sehr befruchtet und es uns ermöglicht, manche Dinge kritischer zu sehen, als der Direktor dies empfiehlt.

Ich möchte Sie alle daran erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Nordrhein-Westfalen-Urteil hierzu auch Stellung genommen hat. Es hat gesagt, der Gesetzgeber habe eine sehr große Gestaltungsfreiheit, es sei aber auch sinnvoll, eine politische Bank, eine Bürgerbank, eine Kulturbank und eine Verbändebank vorzusehen und damit das gesamte gesellschaftliche Spektrum abzugreifen.

Frau Brunn hat eben vom Sachwalter der Allgemeinheit gesprochen. Das zu sein sind wir alle stets aufgefordert gewesen. Sehr viele von uns haben sich nie als Lobbyisten ihrer Verbände verstanden. Selbst dann - das hat das Bundesverfassungsgericht auch sehr deutlich gemacht -, wenn wir für einen Verband in der Rundfunkkommission sind, haben wir die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten.

Ich bin dann von Frau Brunn gebeten worden, mich auch zum Thema Medienrat und zur Gesamtstruktur der neuen Medien zu äußern. - Dahinter steht die Vorstellung, den Rat von Experten in einer regelmäßigen Berichterstattung einzuholen.

Aus meiner Sicht muss man dazu nicht unbedingt ein zusätzliches Gremium schaffen. Die Kooperation zwischen den Gremien ist im Gesetzentwurf nicht klar. Normalerweise ist es so, dass der Direktor die Außenvertretung der LfR wahrnimmt. Was passiert beispielsweise, wenn der Direktor einen Bericht des Medienrates vorlegen müsste, den er an irgendeiner Stelle nicht verantworten kann? Er müsste ihn formal vorlegen. Der Medienrat, ein personell kleiner Rat, dessen Besetzung parlamentarisch bestimmt, der aus fiskalischen Gründen aber - ich sage es so deutlich - der LfR angegliedert werden soll, wird auch in dieser Hinsicht in einer Zwitterrolle sein.

Nach aller Lebenserfahrung werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den Medienrat berufen werden, sicherlich nicht nur nach Sachgesichtspunkten, sondern wahrscheinlich auch politisch fein austariert bestimmt. Das kann durchaus auch zu einer ritualisierten Berichterstattung führen. Insofern wäre es vielleicht eine bessere Lösung, wenn man im Gesetz, wie wir es auch im Staatsvertrag haben, die Verpflichtung festschreiben würde, dass regelmäßig ein Bericht vorgelegt wird. Dann wäre die LfR frei, gezielt Sachverstand einzuholen. Es ist ja nicht so, dass wir immer denselben Sachverstand brauchen und schon fünf Jahre im Vorhinein wissen: Diesmal brauchen wir hauptsächlich juristischen, hauptsächlich wirtschaftswissenschaftlichen, hauptsächlich kommunikationswissenschaftlichen Sachverstand. Wir haben sehr unterschiedliche Probleme zu bewältigen. Im Augenblick ist deutlich zu erkennen, dass es in der Problematik hin- und hergeht.

Wir haben mit dem Aufbau unseres Forschungsbereichs und mit der offiziellen Ausschreibung von Forschungsprojekten und Expertisen - übrigens nicht nur für Landeskinder, wie dies von anderen Landesmedienanstalten praktiziert wird, sondern bundesweit und rein nach Sachkriterien, Qualifikation und Leistung - sehr gute Erfahrungen gemacht.

Insofern haben wir faktisch das, was hier noch einmal zugespitzt in einem Rat formuliert ist, schon gemacht. Ich würde es für die bessere Lösung halten, wenn die Landesanstalt für Medien zu einer regelmäßigen Berichterstattung aufgefordert wird und dann frei ist, diese Berichterstattung zu qualifizieren, indem sie bestimmte Gutachten nach außen oder auch Dauergutachten vergibt, um regelmäßige Daten vorzuhalten und eine regelmäßige Berichterstattung durchzuführen. Das wäre auch im Hinblick auf eine bessere Kooperationsstruktur im Hause die bessere Lösung.

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zur Medienversammlung machen. Die Idee in dem Gesetz ist sehr gut, dass eine Öffnung stattfinden soll. Wir haben das schon an vielen Stellen gemacht, ich erinnere z. B. an das Medienforum, das sich immer mehr nicht nur in Köln, sondern durchaus landesweit geöffnet hat, auch für junge Leute mit der Messe Generation M.

Wir haben Forschungsprojekte genutzt, um landesweit mit Erzieherinnen, mit Lehrern und mit betroffenen Gruppierungen zu diskutieren, öffentliche Veranstaltungen und ähnliches durchzuführen. Auch das haben wir im Ansatz in der LfR begonnen. Mich stört nur der Begriff "Versammlung", denn dieser impliziert ein fest institutionalisiertes Gremium von vielleicht 70 Leuten, das man jedes Jahr zusammenruft. Das macht aus meiner Sicht wenig Sinn. Wenn man die Themen, die medienpolitisch relevant sind, ins Land bringen und mit Betroffenen diskutieren möchte, muss man auch gezielt die betroffenen Gruppen einladen. Wenn man etwa das Thema "Gewalt" in den Medien im Zusammenhang mit Erfurt diskutieren möchte, ergeben sich ganz andere Betroffenenkreise, die man einladen und mit denen man ins Gespräch kommen muss, als wenn man völlig andere Themen wie "Ballungsraum" behandelt. Insofern halte ich die Idee für gut, aber man sollte nicht einen bürokratischen Verwaltungsapparat mit einer jährlichen Versammlung institutionalisieren, sondern das Ganze flexibler gestalten. Das wünschte ich mir also, die Offensive nach außen, aber flexibel.

Ralf Woelk (Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirk Nordrhein-Westfalen): Auch aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes gibt es einige Anmerkungen nicht nur zur Zusammensetzung der zukünftigen Landesmedienkommission zu sagen, sondern auch zu einigen anderen der unter Block 2 aufgeführten Punkte.

Uns erscheint die Reduzierung der Größe auf die jetzt vorgesehenen 19 bis 21 Mitglieder aufgrund des vorgelegten Entwurfes zum Landesmediengesetz nicht plausibel. Wir möchten hier die bereits von Herrn Wolfgang Hahn-Cremer vorgetragene Kritik - das völlige Fehlen von Auswahlkriterien der Verbände, die die zukünftige Landesmedienkommission bilden - unterstützen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, die zukünftige Auswahl zu bestimmen und plausible und transparente Kriterien vorzulegen.

Wir haben es immerhin mit vielfältigen Aufgaben zu tun, die auf die LfR bzw. LfM zukommen. Die Fülle von Satzungsermächtigungen ist bereits erwähnt worden. Im Zuge der Digitalisierung wird es eine Anbietervielfalt geben. Ich denke, dass die LfM und infolgedessen auch die Landesmedienkommission mit einer Reihe von zusätzlichen Aufgaben zu tun haben werden. Von daher ist die Reduzierung in der vorgesehenen Art und Weise sicherlich nicht tragfähig.

Auch vor dem Hintergrund der gebotenen Staatsferne ist der Anteil von Politik im Verhältnis zu den Verbänden in der Kommission zu kritisieren. Bei der derzeitigen Regelung ist die Politik mit unter 29 % an der Kommission vertreten, bei der derzeitigen Zusammensetzung des Parlaments würde der Anteil auf 33 % anwachsen. Es ist nicht plausibel, warum ausgerechnet Politik vor dem Hintergrund der Staatsferne im Verhältnis zu den Verbänden anteilig steigt.

Bei der konkreten Zusammensetzung vermisst der DGB vor allem den Bereich der Publizistik, also diejenigen, die insbesondere Medien machen. Der DGB denkt, dass diese vor allem durch die zuständige Fachgewerkschaft vertreten wären. Auch der Deutsche Journalistenverband sollte bei der zukünftigen Landesmedienkommission berücksichtigt werden.

Es gibt eine Reihe von Bereichen, in denen sich verschiedene Verbände einen Platz teilen. Das ist die Kultur, der Bereich der Bildung und insbesondere der Bereich Soziales. Ein Beispiel: Der Landesjugendring, der Kinderschutzbund, die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände und die Landesseniorenvertretung sollen sich zukünftig einen Platz in der Landesmedienkommission teilen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist der Meinung, wenn der Gesetzgeber wünscht, dass diese Organisationen in der zukünftigen Landesmedienkommission beteiligt sind, dann soll er diesen auch einen Platz in dem Gremium zugestehen, und zwar einen ständigen Platz.

Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor? Entweder ist man - wie einer meiner Vorredner schon erwähnt hat - in der Tat nur alle 18 bis 24 Jahre in diesem Gremium vertreten, oder die Verbände wechseln sich turnusmäßig ab, was zur Folge hätte, dass die tatsächliche Amtszeit der Verbände so gering werden wird, dass man kaum noch die Möglichkeit hat, seinen Job nach der erfolgten Einarbeitung ordentlich durchzuführen. Kaum blickt man in diesem Gremium richtig durch, wäre man schon fast wieder draußen, wenn man sich darauf verständigt, sich beispielsweise alle zwei bis drei Jahre abzuwechseln.

Zur Stellvertreterregelung: Vor dem Hintergrund, dass die Kommission wesentlich kleiner werden soll, ist zu befürchten, dass ihre Zusammensetzung in der Praxis zum Teil sehr zufällig erfolgt, weil der eine Vertreter oder die andere Vertreterin nicht teilnehmen kann. Sowohl zur Wahrung der Kontinuität der Mitarbeiterverbände in diesem Gremium als auch zur tatsächlichen Anwesenheit schlägt der Deutsche Gewerkschaftsbund vor, die Stellvertreterregelung beizubehalten.

Dementgegen ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum bei einer Verkleinerung der Landesmedienkommission gleichzeitig zwei zusätzliche Gremien eingerichtet werden sollen. Diese erscheinen aus unserer Sicht zunächst für verzichtbar, da die Aufgabenfülle - wie sie im Gesetz steht - die Notwendigkeit für zwei zusätzliche Gremien nicht hergibt.

Bei der Medienversammlung sehen wir grundsätzlich keine Aufgaben, die nicht auch von einer Landesmedienkommission erledigt werden könnten. Voraussetzung hierfür wäre natürlich, dass die Mediennutzer und -nutzerinnen auch zusätzlich in der Landesmedienkommission Berücksichtigung finden.

Zum Medienrat: Grundsätzlich begrüßen wir die Erstellung eines jährlichen Medienberichtes. Aber dort sollte vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk einbezogen werden. Auftraggeber eines solchen Medienberichtes sollte daher eher die Landesregierung sein. Ein zusätzlicher Medienrat ist dafür nicht unbedingt nötig.

Dr. Mechthild Winkelmann (Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen, Landesarbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e. V.): Ich möchte noch ein Wort zur Medienversammlung sagen, die den Diskurs zwischen Mediennutzern, Akteuren der Medienbranche, Medienwissenschaft und Politik sowie des Medienjournalismus über den Stand und die Entwicklung der Medien in NRW fördern soll. Diese Versammlung aller Beteiligten, so begrüßenswert sie ist, darf natürlich nicht in eine jährlich einzuladende Großversammlung münden. Es darf keine statische Veranstaltung werden, die bürokratisch pflichtgemäß ausgerichtet werden muss. Sondern hier muss es sich um eine an aktuellen Fragestellungen orientierte Form handeln, die sich auch an den Problemlagen der Mediennutzer orientiert.

Hierbei könnten die entsendenden Organisationen Impulse in die Medienkommission geben, um daraus ihre Aufgabe der Widerspiegelung gesellschaftspolitischer Fragen und Problemlagen angemessen wahrnehmen zu können. Da erscheint es uns durchaus sinnvoll, nur Teilöffentlichkeiten einzuladen und nicht immer eine vorab definierte Großversammlung.

Karl-Wolfgang Brandt (Evangelisches Büro Nordrhein-Westfalen): Ich muss das Votum von Herrn Keymis dahingehend berichtigen, dass - soweit ich das sehe - weder das Katholische Büro noch unsere Seite Stellung zur Verkleinerung bezogen haben. Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Diskussion war das Kriterium der Staatsferne. Warum die Medienkommission gegenüber ihrem bisherigen Bestand verkleinert werden soll, ist uns in der evangelischen Kirche nicht deutlich geworden. Hier möchte ich alles unterstreichen, was von Herrn Hahn-Cremer kritisch angemerkt worden ist. Uns hätten schon die Begründung und vor allen Dingen die Kriterien interessiert, die zu dieser jetzt vorliegenden Auswahl geführt haben.

Ich möchte betonen, dass beide Kirchen Wert darauf legen, in der Medienkommission wie bisher angemessen vertreten zu sein, zusammen auch mit den Verbänden der jüdischen Kultusgemeinschaften. Wenn ich Ihnen in Erinnerung rufen darf, vertreten wir einen Anteil von 70 % an der Gesamtbevölkerung, daher ist dies auch aus inneren Gründen nur logisch. Vor dem Hintergrund der jeweiligen geistigen Entwicklungsgeschichte beider Konfessionen, ist es auch unter dialektischen Gesichtspunkten nicht nur spannend, sondern auch effektiv, wenn beide Konfessionen als Sachwalter derselben Wertevorstellungen ihre Gesichtspunkte in Vertretung der Öffentlichkeit und nicht als Lobbyisten weiterhin ins Spiel bringen.

Die Medienversammlung als ein Gegengewicht zu einer verkleinerten Medienkommission scheint mir auch hinterfragbar zu sein, wobei ich nur behaupten kann, dass das ein Gegengewicht sein soll, denn die Begründung und die Kriterien für das Zusammenspiel und die genauere Beschreibung des Zusammenspiels der neuen Gremien fehlt im Gesetz ebenfalls.

Ich kann keine Stellung dazu nehmen, welche Verbände in der Reihe der 19 fehlen und noch dringend aufzunehmen wären. Einer weiteren Verkürzung im Hinblick auf eine enger geführte Repräsentanz könnte ich aber in der Tat nicht das Wort reden. Ich bin der Meinung - wie auch verschiedene andere Vorredner -, mehr Pluralität muss sich auch in Zahlen ausdrücken.

Dr. Karl-Heinz Vogt (Katholisches Büro Nordrhein-Westfalen, Kommissariat der Bischöfe in NW): Die Vielfalt der gesellschaftlichen Gruppen hat sich nach unserer Einschätzung bewährt. Die Interessen der Allgemeinheit kamen auf diese Weise in einer sehr guten Form zum Tragen. Wenn ich Herrn Hahn-Cremer soeben richtig verstanden habe, kann er sich aus der Sicht der LfR die Arbeit mit dem verkleinerten Gremium durchaus vorstellen. Aus der Sicht der Allgemeinheit jedoch wäre es in der Tat zu empfehlen, es bei der alten Größenordnung zu belassen, vielleicht in einer modifizierten Größe.

Insgesamt glaube ich, kommt die Allgemeinheit mit einem größeren Gremium besser zur Sprache.

Peter Schröder-Metz (Gewerkschaft Ver.di, Landesbezirk Nordrhein-Westfalen): Bei der angekündigten Verkleinerung der Landesmedienkommission muss es erlaubt sein zu hinterfragen, ob es dafür Gründe gibt. Danach habe ich mehrmals gefragt, seit dieses Thema auf der Tagesordnung ist. Herr Grüll kann ich persönlich ansprechen. Er hat sofort zum Eingang einer Frage gesagt, er verhehle nicht, Sympathie dafür zu haben, dieses Gremium zu verkleinern. Herr Grüll, nutzen Sie die Gelegenheit und sagen Sie mir ein paar vernünftige Argumente, die dafür sprechen, diese Landesmedienkommission zu verkleinern.

Ich möchte jetzt die Gelegenheit nutzen und zumindest einige Argumente nennen, die dafür sprechen, diese Landesmedienkommission umfassend und mächtig zu erhalten, und zwar gerade vor dem Hintergrund des neu entwickelten Landesmediengesetzes. Schauen Sie hinein, was darin steht: weniger Regulierung auf gesetzlicher Ebene, mehr Flexibilität, Anpassung an gesellschaftliche Erfordernisse. Gleichzeitig hat man in den Gesetzentwurf hineingeschrieben, wer dieses künftige neue Landesmediengesetz mit Inhalt und Leben ausstatten soll, nämlich die Landesmedienanstalt.

Wenn Sie im Gesetz danach suchen, werden Sie bei 30 bis 40 Passagen den Hinweis finden, Näheres regelt die LfM durch Satzung. Die Landesmedienanstalt ist kein Verwaltungsapparat, ist keine nackte Behörde. Die Landesanstalt für Medien besteht aus mehreren Organen. Eines dieser wichtigen Organe ist u. a. jetzt schon und wird es auch künftig sein, die Landesmedienkommission mit den Vertretern der gesellschaftlich relevanten Kräfte.

Gerade vor dem Hintergrund, dass diese Medienkommission über den sich ständig wandelnden Medienmarkt wachen und ihn bewerten soll, halte ich es für erforderlich, dass die gebündelte Sachkenntnis aller im Volk vertretenen gesellschaftlich relevanten Gruppen dort angemessen zu Wort kommt. Das ist eminent wichtig.

Gehen Sie zurück auf die Entstehungsgeschichte des Landesmediengesetzes. Warum sollte es das geben? - Es geht um die Entwicklung der Kernkompetenzen, um Mediennutzerschutz, Förderung der Medienkompetenz. Das sind ganz wichtige Punkte. Schauen Sie ins Gesetz. Sie werden dort keinen konkreten Hinweis finden, sondern wieder nur den Zusatz, das Nähere regelt die LfM durch Satzung. Wenn nicht die vielfältig zusammengesetzte Landesmedienkommission, wer dann soll diese wichtigen zentralen Schlüsselfragen künftig diskutieren und lösen?

Man muss immer wieder daran erinnern, warum bestimmte Gesetze entstanden sind und warum die Geschichte so gelaufen ist. Als wichtiges Argument für die Verkleinerung der Landesmedienkommission wurde genannt, es müsste schneller entschieden werden. Das kann ich nicht in Einklang bringen mit der beabsichtigten Vielfalt der Medienaufsicht durch Medienversammlung, Medienrat und Landesmedienkommission. Näheres muss ich dazu nicht ausführen. Das haben die Vorrednerinnen und Vorredner schon in meinem Sinne ausreichend dargelegt.

Damit kann ich mit meinen Ausführungen enden. Es ist alles schon gesagt worden. Ich kann auch keinem widersprechen, der vor mir dazu gesprochen hat.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank. - Zu diesem Punkt gab es ja sehr viele kritische Anmerkungen zu hören.

Ich schlage vor, dass wir zunächst noch einmal den Abgeordneten Gelegenheit geben, Fragen zu stellen. Ich werde dann auf Herrn Hegemanns Wunsch zurückkommen und gebe denjenigen, die sich angesprochen fühlten und bisher nicht als Redner benannt worden sind, Gelegenheit, sich per Handzeichen in die Debatte einschalten zu können. Ich bitte Sie, mit diesem Verfahren einverstanden zu sein. Nachdem also die Abgeordneten Gelegenheit hatten, Fragen zu stellen, kommen wir noch einmal zu den allgemeinen Stellungnahmen zurück.

Dr. Stefan Grüll (FDP): Es passt außerordentlich gut, dass ich jetzt das Wort habe, weil ich gerade angesprochen worden bin. Gestatten Sie mir gleichwohl die Vorbemerkung, dass ich mich derzeit noch nicht in der Rolle sehe, Gesetzentwürfe der Landesregierung argumentativ zu unterfüttern. Wenn es aber den einen oder anderen Aspekt gibt, den ich als richtig empfinde, stehe ich nicht hinten an, aus irgendwelchen parlamentarischen Ritualen heraus ein Hehl daraus zu machen und zu sagen, ich könnte es mir leicht machen, ich bin nicht in der Rolle, das zu vertreten, also finde ich alles schlecht, was die Regierung vorlegt.

In dem einen Punkt finde ich das Vorgelegte durchaus einmal gut. Deshalb habe ich das auch gesagt, damit wir wechselseitig wissen, woran wir sind. Ich bitte die nachfolgenden Redner bei Ihren Stellungnahmen - das ist eine Teilantwort auf Ihre Frage; auch wenn wir heute hier ein anderes Spiel haben, will ich das gern so handhaben, weil ich das als Frage formuliert an Sie zurückgebe, und Sie werden innerhalb der Frage erkennen, dass das Teil der Antwort auf die von Ihnen an mich gestellte Frage ist - zweierlei zu berücksichtigen: Erstens. Wir reden von unabhängigen gesellschaftlichen Gruppen. Diese stelle ich übrigens nicht infrage. An diesem Punkt stelle ich aber die Frage, ob sich beispielsweise Organisationsveränderungen im Bereich der Gewerkschaften, die von diesen vorgenommen worden sind, in der heutigen Zusammensetzung der Landesrundfunkkommission wiederfinden. Wenn Sie mir folgen und sagen, nein, die fänden sich dort nicht wieder, dann kommen wir an der Stelle wohl schon zu einem gewissen Einsparpotenzial. Das finde ich zumindest nicht ganz schlecht, und zwar auch von der Stringenz und Plausiblität des Vorgehens her.

Zweitens. Neben den unabhängigen gesellschaftlichen Gruppen gibt es, ohne jemandem nahe treten zu wollen - das ist ein Fakt, das ich nur feststelle -, Interessenvertreter. Ich stelle dazu die weitergehende Frage, wenn Sie so fokussiert auf die unabhängigen gesellschaftlichen Gruppen und die Mitarbeit in diesem Sinne Wert legen, was ich unterschreibe - ich sage ja nicht: keine Kommission -, dann müsste man die Frage stellen, ob die Interessenvertreter in der Kommission sein sollten, die bei bestimmten Abstimmungen heute hinausgehen müssen, weil sie Interessenvertreter sind. Könnte man nicht darauf verzichten, diesen dann aber ein Anhörungsrecht einräumen? Dann kommen wir zu einer Verkleinerung der Kommission, die aus meiner Sicht sachgerecht ist, aber diese Interessenvertreter wären mit einem Anhörungsrecht versehen. Insofern wäre die Waagschale wieder austariert. Indem ich bitte, diese zwei Aspekte bei den Stellungnahmen zu berücksichtigen, habe ich, glaube ich, Ihre Frage, die an mich gerichtet war, schon in Teilen beantwortet.

Ich bin dezidiert nicht der Ansicht, dass es eine argumentative Bringschuld ist darzulegen, warum man etwas verkleinern will, wenn wir insgesamt immer von effizienten Strukturen, von Reduktion bei Strukturen reden, und zwar in allen Politikfeldern. Es ist dann schon eher eine Bringschuld zu begründen, warum etwas so bleiben muss, wie es ist, zumal ich glaube, deutlich gemacht zu haben, für diese Position den einen oder anderen Aspekt auf meiner Seite zu haben.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herr Dr. Grüll, ich darf Sie nachdrücklich unterstützen. Wir haben heute eine andere Beratungsform. Wir befragen Sie! Einmal dürfen Politiker sich zurücklehnen und brauchen nur zuzuhören. Das heißt, wir sind im Moment nicht diejenigen, die argumentieren. Das leisten wir dann in den Sitzungen des Medienausschusses und in den Veranstaltungen mit Ihnen. Heute stehen Sie uns dankenswerterweise zur Verfügung.

Dr. Frank Freimuth (SPD): Ich möchte auf einen weiteren Teilaspekt des Gesetzentwurfes eingehen, nämlich auf § 99. Es geht um die Frage der Aufwendungen. Im Gesetzentwurf heißt es:

"Die Mitglieder der Medienkommission haben Anspruch auf Aufwandsentschädigung, Ersatz von Reisekosten und auf Tage- und Übernachtungsgelder. Das Nähere regelt die LfM durch Satzung, die der Zustimmung der Landesregierung bedarf."

Eine solche Satzungsregelung durch die LfM wird öfter nach diesem Gesetzentwurf vorgesehen. Von der jetzigen LfR möchte ich wissen, ob diese auf der Grundlage dieses Gesetzentwurfes schon über Kriterien nachgedacht hat, nach denen das entschieden werden könnte. Ich sage Ihnen dazu einmal meine persönliche Auffassung: Als Richtschnur wäre durchaus denkbar, einmal zu überlegen, wie die Ratsmitglieder in den Kommunen entschädigt werden.

Werner Jostmeier (CDU): Bei diesem Punkt haben wir den Kernbereich dessen zu diskutieren, was in den letzten Tagen und Wochen an Medienkritik und generell an Stellungnahmen von Ihnen vorgetragen worden ist. Der Kernpunkt, um den es hier geht und den wir diskutieren müssen, ist u. a. von den Kirchen und dem DGB-Vertreter benannt worden. Nach welchen Kriterien sind denn die in § 93 Abs. 3 aufgeführten Vertreter benannt oder ausgesucht worden oder auf welche Weise sind diese in den Gesetzentwurfstext aufgenommen worden? Diese Frage stelle ich an den Vertreter des Deutschen Beamtenbundes und an die Vertreter der Einrichtungen, die man unter den freien Trägern zusammenfasst, z. B. die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände, die drei Heimatbünde und den Landesjugendring.

Ich habe keine Probleme damit, dass die unter § 93 Abs. 3 Ziffer 3 genannten Organisationen vertreten sind. Ich habe gerade versucht, mich sachkundig zu machen. Dabei handelt es sich um etwa 7.000 Mitglieder, organisiert sind in diesen Verbänden 25.000. Wie kann der Vertreter des Landesjugendringes - vorhin ist die Zahl von 4,5 Millionen genannt worden -, wie können die Vertreter der drei Heimatbünde, die fast eine Million Mitglieder vertreten, mit den Kriterien leben? Können Sie Kriterien definieren, nach denen diese Organisationen im Gesetzentwurf benannt worden sind?

Rainer Schmeltzer (SPD): Ich möchte insbesondere in Richtung Gewerkschaften, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und von Ver.di eine Frage stellen und das mit einer Feststellung verbinden.

Wir haben in dem derzeit geltenden Landesrundfunkgesetz die Auflistung der Vertreterinnen und Vertreter in der Kommission. Dort finden sich allein unter dem Dach der Gewerkschaft, was ich als Gewerkschafter natürlich sehr begrüßt habe, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, zweimal in verschiedener Funktion die Industriegewerkschaft Medien, wir haben darunter den Deutschen Journalistenverband, außerdem den Deutschen Beamtenbund. Sind Sie nicht mit mir einer Meinung - das geht insbesondere in Richtung DGB als Dachverband und Ver.di als Mitgliedsgewerkschaft unter diesem Dach -, dass es Sinn macht, dass, wenn die Arbeitnehmerschaft in einer entsprechend reduzierten Kommission vertreten ist, natürlich der Deutsche Gewerkschaftsbund die Möglichkeit hat, die fachkundige Gewerkschaft - in diesem Fall meines Erachtens die Gewerkschaft Ver.di - dorthin zu entsenden? Es muss ja nicht jemand aus dem Haus des DGB sein, sondern es könnte dort die Sachkunde der ehemals IG Medien, jetzt Ver.di, dort einbezogen werden, sodass die Interessen der Arbeitnehmerschaft in dieser Kommission gebündelt werden.

Lothar Hegemann (CDU): Zur Begründung der Verkleinerung der Kommission wurde mehrfach angegeben, man müsse flexibler und schneller sein. Dr. Brautmeier, hat es in der Vergangenheit Anmerkungen der Staatskanzlei gegeben, dass in Ihrem Hause etwas liegen geblieben ist?

Tanja Brakensiek (CDU): Meine Frage geht auch an Herrn Brautmeier. - Sie müssten jetzt schon innerhalb kürzester Zeit in Ihrem Hause Vorkehrungen treffen, um Ihrer Satzungskompetenz gerecht werden zu können. Damit gehen die Fragen der Übergangsregelungen einher, die wir erst unter Block 5 behandeln.

Welche Maßnahmen veranlassen Sie zurzeit, und wie sehen Sie die Chancen, sehr schnell handlungsfähig zu werden, wenn der Gesetzentwurf unverändert verabschiedet werden sollte?

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Damit haben die Abgeordneten in dieser Runde Ihre Fragen gestellt, denn weitere Wortmeldungen sehe ich nicht mehr. Ich verfahre dann wieder so, wie zuvor und erteile denen das Wort, die konkret benannt worden sind. Diejenigen, die dann noch nicht zu Wort gekommen sein sollten, werden danach die Gelegenheit erhalten, das Wort zu ergreifen. Wir hören bis zur Mittagspause zunächst die konkret angesprochenen Verbände. Nach der Mittagspause kehren wir zum Block 2 zurück und geben denjenigen, die bis dahin nicht zu Wort gekommen sind, aber gern Ihre Stellungnahme zum Thema Medienkommission abgeben wollen, die Gelegenheit, Ihre Ausführungen zu machen. Sind Sie mit diesem Verfahren einverstanden? - Ich sehe ein allgemeines Nicken. Somit hat zunächst Herr Woelk vom DGB das Wort. Ich bitte noch einmal darum, jeweils nicht zu lange zu reden.

Ralf Woelk (Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirk Nordrhein-Westfalen): Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist der Dachverband von acht Mitgliedsgewerkschaften. Er vertritt in Nordrhein-Westfalen rund 2 Millionen organisierte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und nicht zwangsläufig und automatisch nur die Interessen von Ver.di. Da kann es durchaus schon einmal den einen oder anderen Interessenkonflikt geben. Von daher ist es durchaus gerechtfertigt, dass wir als Spitzenorganisation, wie auch an vielen anderen Stellen, nicht nur benennende Stelle sind, sondern auch versuchen, die zum Teil verschiedenen Meinungen - das soll vorkommen - der acht DGB-Gewerkschaften zu koordinieren und dann dort mit einer Stimme zu sprechen.

Zu dem Vertretungsanspruch von IG Medien bzw. Ver.di wird die entsprechende Gewerkschaft sicherlich selbst etwas sagen wollen.

Peter Schröder-Metz (Gewerkschaft Ver.di, Landesbezirk Nordrhein-Westfalen): Ich würde ein hohes Maß an sozialpolitischer Kompetenz beim DGB ansiedeln, die wir als ehemalige IG Medien wahrnehmen. Wenn Sie ins Gesetz sehen, stellen Sie fest: Dort steht nicht, dass Ver.di in der künftigen Landesmedienkonferenz vertreten sein soll bzw. nicht vertreten sein soll, sondern wir reden vom Fachbereich Medien in Ver.di. Das ist etwas ganz anderes.

Deswegen nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Für die Erfinder des alten Landesrundfunkgesetzes war der einzige Grund, überproportional journalistische Gewerkschafter, Schriftsteller und andere Urheber da hineinzusetzen, dass wir an dem Thema Medien sehr nahe dran sind. Das ist Hintergrund der gesetzlichen Regelung und der gesamten Diskussion. Noch einmal: Wenn wir mit mehr als ein oder zwei Personen in einer Kommission vertreten sein sollten, handelt es sich nur darum, dass wir von Berufs wegen als engagierte Gewerkschafter ein hohes Maß an medienpolitischer Kompetenz einbringen. Wenn dieses Gesetz an vielen entscheidenden Stellen ergebnisoffen ist, halte ich es für einen großen Fehler, wenn man auf diese medienpolitische Kompetenz in einer künftigen Medienkommission verzichtet.

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich will nur auf die Frage von Herrn Dr. Freimuth antworten. Natürlich haben wir momentan ganz andere Fragestellungen als die Frage nach den Kriterien zu klären. Ich bin dankbar, dass Sie eines genannt haben. Ein weiteres Kriterium könnte sein zu sagen: Wir bleiben bei dem, wie wir es bisher schon angewendet haben, nämlich bei der Struktur, die das jetzige Gesetz vorgibt. Es gibt auch die immer von meinem Vorgänger vertretene These, ob man sich nicht an die Struktur des Westdeutschen Rundfunks anpasst. In der Bandbreite wird man sich bewegen, wenn man nach Kriterien sucht. Konkret wird sich diese Frage aber erst für die neue Kommission stellen, weniger für die alte.

Dr. Jürgen Brautmeier (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Herr Hegemann, die Frage, ob die Staatskanzlei die Landesanstalt für Rundfunk schon einmal gerüffelt habe, dass etwas liegen geblieben sei, kann ich mit einem klaren Nein beantworten. Die Staatskanzlei hat auch nur die Rechtsaufsicht über die Landesanstalt für Rundfunk. Wir müssten dann durch das Liegenlassen auch gegen das Landesrundfunkgesetz verstoßen haben. Das versuchen wir tunlichst zu vermeiden.

(Lothar Hegemann [CDU]: Sonst rufen die gar nicht an?)

- Ich bin noch nicht fertig. Das hat auch damit etwas zu tun, dass wir zwei Organe haben. Wenn ein Organ einmal merkt, dass das andere irgendetwas liegen lässt, dann meldet sich das Organ. Im Zusammenspiel der beiden Organe sind wir uns relativ sicher, dass wir die Aufgaben, die wir haben, erfüllen.

Zur Frage nach den Anrufen: Dass man einmal anruft und miteinander spricht, ist, glaube ich, ganz selbstverständlich und auch nicht verboten. Es hat aber nichts damit zu tun, dass man uns rüffeln oder uns ermahnen müsste, irgendwelche Aufgaben zu erfüllen.

Zur Frage von Frau Brakensiek nach der Satzungskompetenz und der Vorbereitung auf das, was da kommt: Ja, wir sind schon intensiv dabei, uns vorzubereiten. Wir gucken natürlich den Entwurf daraufhin durch, wo wir überall eine Satzung machen müssen. Das ist manchmal mehr, manchmal weniger Aufwand. In manchen Bereichen haben wir schon Satzungen, die wir modifizieren müssen. In anderen Bereichen müssen wir neue Satzungen erarbeiten, die dann von der Kommission genehmigt werden müssen. Darauf bereiten wir uns vor.

Wir sind uns bewusst, dass wir in der Anfangsphase, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist, eine gewisse Sonderlast zu tragen haben, um diese Aufgaben abzuarbeiten und die Satzungen, die von uns gefordert werden, sinngerecht zu erarbeiten und dann in der Praxis anzuwenden. Aber wir sind darauf vorbereitet, so schnell wie möglich mit der neuen Kommission über diese Satzungen zu diskutieren.

Ilse Redemann (Deutscher Beamtenbund, Landesbund NRW): Der Deutsche Beamtenbund ist die zweitgrößte Spitzenorganisation von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, nicht nur in Nordrhein-Westfalen. Aus dem Gesetzentwurf ist nicht ersichtlich, wieso Meinungsvielfalt in diesem Bereich ausgeschlossen werden soll.

Alles andere haben wir Ihnen schriftlich vorgelegt. Ich glaube, das reicht.

Richard Feider (Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände in NRW): Ich wollte auf die Kriterien zurückkommen. Ich möchte daran erinnern, dass wir, als das Mediengesetz in der Landesrundfunkkommission vorgestellt worden ist, von Herrn Dr. Kamps von der Staatskanzlei gesagt bekommen haben, wir würden hier die Kriterien genannt bekommen. Ich wundere mich heute darüber, dass man uns sagt, wir dürften zwar Fragen stellen, bekämen aber nicht die Antworten dazu.

Bei den Familienverbänden war es bisher so, dass wir uns einen Sitz mit dem Frauenrat teilen durften. Jetzt hat der Frauenrat einen eigenen Sitz bekommen. Wir sind mit den Kindern, der Jugend und den Senioren in einen Topf geworfen worden und müssen uns zu viert jetzt einen Sitz teilen. Ich weiß nicht, wie das in Zukunft funktionieren soll, wie die Vertretung geregelt werden soll, ob man dann jedes Jahr wechseln muss. Ich würde gerne fragen, wie man sich das vorstellt.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank. Möglicherweise hat Herr Dr. Kamps Sie falsch informiert. Es gibt natürlich Diskussionsrunden - die Landesmedienanstalt hat ja auch eine solche durchgeführt -, in denen über das Gesetz informiert wurde und wo es auch die Möglichkeit der Diskussion gab. Der Medienausschuss wird dies ja auch in seinen öffentlichen Sitzungen tun. Viele Organisationen, die hier sitzen, haben ja auch die Politiker bzw. die Fraktionen zu Diskussionsrunden eingeladen, in denen man sicherlich vonseiten der Politik erfährt, wo es denn lang gehen soll. Heute ist es jedoch eine Anhörung, in der die Politik Sie anhört und Sie die Gelegenheit haben, den Fraktionen mit auf den Weg zu geben, wo Sie Änderungsbedarf bis zur Gesetzesverabschiedung sehen. Das tun Sie ja auch sehr rege, wofür ich mich bedanken möchte.

Ich habe jetzt auf meiner Liste noch den Jugendring und würde vorschlagen, dass wir danach in die Pause gehen.

Martin Wonik (Landesjugendring NRW e.V.): Der Landesjugendring hat bis jetzt eine eigenständige Vertretung in der Rundfunkkommission gehabt. Er versteht sich als Vertretung der Kinder und Jugendlichen im Lande; die Zahlen habe ich vorhin schon genannt. Wenn man sich überlegt, wer Medien nutzt, dass es auch immer mehr Medien gibt und dass es zunehmende Probleme gibt, die Medien zu nutzen, dann sehen wir uns, wie ich vorhin schon kurz betont habe, natürlich als Dialogpartner. Wir sind diejenigen, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen kennen und die sich immer nur als Gesprächspartner anbieten können.

Die Konstruktion, die man im Gesetzentwurf gewählt hat - das hat ja der Kollege von den Familienverbänden auch betont -, ist nicht praktikabel. Wenn man in sechsjährigen Perioden denkt, könnte das bedeuten: Alle 18 bis 24 Jahre ist auch einmal der Bereich Kinder und Jugendliche im Lande Nordrhein-Westfalen gefragt. Das Gleiche gilt für den Kinderschutzbund, für die Senioren und die Familienverbände. Wir sind gleichzeitig im "Bündnis für Erziehung" in Nordrhein-Westfalen in der Diskussion, werden dort immer wieder gefragt, und dann sind auf einmal die Interessen von Kindern und Jugendlichen ganz wichtig.

Ich plädiere deshalb dafür - die Kriterien sind uns von Herrn Dr. Kamps am 17. April in der Tat nicht genannt worden -, eine Regelung zu finden, die diesen gesellschaftlichen Kräften auch gerecht wird. Entweder sind sie wichtig - und ich halte den Kinderschutzbund, den Landesjugendring, die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände und die Landesseniorenvertretung für sehr wichtig, weil sie ganz bestimmte gesellschaftliche Teilgruppen vertreten -, oder man soll sie ganz herauslassen. Die Regelung, die man hier gewählt hat, halte ich für absolut unsinnig, weil - das hat der Vertreter vom DGB vorhin gesagt - die Zeit, die man braucht, um sich die Kompetenz zu erarbeiten, die man benötigt, um in der Kommission einigermaßen mitreden zu können und Verständnis dafür zu haben, länger als ein oder zwei Jahre dauert. Wenn ich im Rahmen dieser "Viererbande" aber fair sein will, müsste ich ja alle ein bis zwei Jahre die Vertreter wechseln. Das würde dazu führe, dass dort nie kompetente Vertreter sitzen. Deswegen: Lieber alle vier heraus, oder aber eine vernünftige Regelung, aber nicht so ein Durcheinander!

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank. - Ich würde jetzt gerne die Sitzung unterbrechen. Sie finden draußen vor der Tür Getränke und eine Kleinigkeit zu essen. Wir sehen uns um 14.10 Uhr wieder, und wir bleiben dann in diesem Inhaltsblock.

(Mittagspause von 13.41 Uhr bis 14.13 Uhr)

Wir fahren mit der Anhörung fort. Ich möchte nun, wie ich Ihnen vorhin schon angekündigt habe, Stellungnahmen von Vereinen, Verbänden und Personen zulassen, die aufgrund der Nachfragen der Abgeordneten bisher nicht angesprochen worden sind, aber meinen, sie müssten ihre eigene Stellungnahme hier unterstreichen. Ich würde Ihnen diese Form, die eigentlich nicht vorgesehen ist, anbieten, damit nachher jeder den Saal verlässt und sagen kann: Ich habe alles loswerden können, was ich sagen wollte. Diesen Block möchte ich jedoch auf eine knappe halbe Stunde begrenzen und das gegen 14.40 Uhr unterbrechen. Ich werde dann die Fraktionen noch einmal um Fragen bitten und danach den Block 3 aufrufen.

Wir kommen jetzt also zu Stellungnahmen ohne Nachfragen der Abgeordneten. Ich habe bereits zwei Organisationen benannt. Die übrigen bitte ich, das Knöpfchen zu drücken, damit ich weiß, wer noch eine Stellungnahme abgeben möchte. - Zunächst für die Landesseniorenvertretung Frau Scheinemann.

Irmgard Scheinemann (Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen e.V.): Wir als Landesseniorenvertretung begrüßen die Aufnahme in die Medienkommission natürlich außerordentlich.

Wir sind der Dachverband für die kommunalen Seniorenvertretungen in Nordrhein-Westfalen. Das heißt, wir vertreten praktisch ein Viertel der Bevölkerung, nämlich alle Senioren über 60 Jahre. Wir begrüßen es, dass wir sozusagen das erste Mal bei den Medien auftauchen. Wir haben zwar die ganze Entwicklung der Medien aufgrund unseres Lebens und unserer Lebenserfahrung mit verfolgt, aber wir sind zum ersten Mal - so hoffe ich - mit dabei.

In § 93 Abs. 3 Ziffer 10 sind wir aufgeführt; das ist vorhin schon von Herrn Woelk angesprochen worden. Mit dem Deutschen Kinderschutzbund, der Landesjugendring Nordrhein-Westfalen, der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Nordrhein-Westfalen und der Landesseniorenvertretung haben Sie die Gesamtbevölkerung erfasst - von der Jugend bis zum Alter. Sie geben ihnen aber nur eine Stimme.

Die Gewichtung stimmt meiner Ansicht nach nicht. Sie gewähren der Vertretung der Gesamtbevölkerung nur eine Stimme. Andere Interessengruppierungen - ich nenne wahllos z. B. den Sport oder die Kultur, welche Einzelinteressen einer Lebensphase sind - werten Sie auch mit einer Stimme, und dann soll sich die Vertretung die Gesamtbevölkerung - da komme ich zum Inhaltlichen - mit einer Stimme einigen, wer für uns spricht.

Betrachtet man es vom Alter und der Erfahrung her, kommt natürlich nur die Landesseniorenvertretung infrage, denn die hat ihr ganzes Leben verbracht. Sie ist die Älteste und hat die Übersicht. Wir sind Kinder gewesen, wir sind in der Familien- und Berufsphase gewesen, und jetzt sind wir im Alter. Das heißt, wir können das Gesamtleben überblicken, wir kennen die einzelnen Lebensverhältnisse.

Wie kann ein Kinderschutzbund für die Senioren sprechen? Ich will nicht sagen, es sei eine Diskriminierung, wenn beispielsweise der Kinderschutzbund für uns sprechen soll, aber es hat ein bisschen was von Diskriminierung. Ich denke, das geht einfach nicht. Der Deutsche Kinderschutzbund oder der Landesjugendring kann nicht die Interessen eines älteren Menschen vertreten, von dem er gar nicht weiß, wie der Befund ist. Wir haben in den drei Lebensaltern - Kindsein, mittlere Phase der Familien- und Berufsgründung, Alter - verschiedene Aspekte der Sicht, des Bedürfnisses, des Befundes. Da kann ein Jugendlicher nicht für einen Alten sprechen. Ein Alter kann hingegen sehr wohl für einen Jugendlichen sprechen.

Das Problem ist: Wenn wir uns jetzt nicht einigen können, haben Sie die gesamte Bevölkerung in diesem Punkt hinausgeschmissen. Dann haben Sie niemanden mehr. Dann haben Sie nur noch Interessenvertretungen wie beispielsweise den Landessportbund, den Frauenrat oder wen auch immer. Das kann es doch nicht sein.

Ich möchte Sie deswegen sehr herzlich bitten: Überdenken Sie diesen Punkt noch einmal. Geben Sie den entsprechenden Bevölkerungsgruppierungen - den Kindern und der Jugend, der mittleren Lebensphase und dem Alter - je eine Stimme. Das wäre von der Gewichtung und vom Inhalt her richtig.

Der Gesetzgeber hat sich in Ziffer 10 auch ein bisschen aus der Verantwortung gezogen, indem er sagt: Regelt das untereinander. - Das kann man nicht untereinander regeln bei so divergierenden Ansichten. Dieser Punkt müsste meiner Meinung nach überdacht werden. Ich bitte Sie sehr herzlich darum, aus dieser einen Stimme zumindest drei zu machen.

Ulrike Kaiser (Deutscher Journalistenverband Landesverband NRW e.V.): Ich will auf die Frage von Herrn Hegemann eingehen, wer sich in der Rundfunkkommission bisher überflüssig gefühlt hat. Ich arbeite seit 1987 in der Rundfunkkommission und habe mich dort nie überflüssig gefühlt. Im Gegenteil: Das Gesetz schreibt ausdrücklich medienpolitische Kenntnisse für die Leute vor, die dort die gesellschaftlichen Gruppen vertreten. Mich verwundert es als Vertreter der Journalisten, dass das Gesetz ausgerechnet auf diejenigen verzichtet, die diese Kenntnisse professionell und fast automatisch mitbringen.

Die Begründung leuchtet mir auch nicht ein, weil bisher immer nur davon geredet worden ist, dass es um Verschlankung gehe. Dann ist der Begriff "Effizienz" gefallen. Verschlankung ist eigentlich immer gut, aber man muss sich die Frage stellen, ob es sich um eine Verschlankung handelt. Was ich sehe, ist, dass aus einem Gremium inzwischen drei gemacht werden, nämlich Medienkommission, Medienrat und Medienversammlung, deren Kompetenzen untereinander noch nicht einmal richtig geregelt sind. Es gibt sehr viele Überschneidungen in ihren Tätigkeitsfeldern, und ob das insgesamt zu einer größeren Effizienz führt, wage ich zu bezweifeln.

Zur Medienkommission selbst: Ich möchte daran erinnern, dass die Zusammensetzung der Landesrundfunkkommission bisher analog gewählt wurde zum WDR-Rundfunkrat und daher auf eine breite gesellschaftliche Beteiligung setzte. Dass jetzt die gesellschaftlichen Gruppen mehr und mehr zurückgezogen werden sollen, empfinde ich als ein total falsches Signal, und zwar von der Effizienz her, weil es zur Fluktuation führt; das haben wir eben schon festgestellt. Die Vertreter werden laufend wechseln innerhalb dieser Kommission.

Ich sehe es aber auch als ein falsches Signal an, weil es der private Rundfunk verdient hat, sich nach wie vor einem breiten gesellschaftlichen Diskurs zu stellen. Wir haben davon in der Landesmedienkommission eigentlich immer profitiert. Ich weiß nicht, ob das durch die Medienversammlung ersetzt werden kann, die jetzt ins Spiel gebracht wird. Das bleibt für mich ein virtuelles Gremium, weil auch diesbezüglich alles Nähere die Landesanstalt für Medien regeln wird, und das macht mich skeptisch.

Ich denke, es ist prinzipiell eine gute Idee, möglichst viele in eine Diskussion über die Medien einzubeziehen. Einen wie dort vorgesehenen unverbindlichen Diskurs gibt es bereits auf vielen unterschiedlichen Ebenen, beispielsweise in der Weiterbildung, auf Tagungen, im Medienforum usw.

Zum Medienrat: Im Prinzip hat der Medienrat Aufgaben, die die LfR jetzt schon erfüllt. Insofern sehe ich nicht, dass es eines weiteren Gremiums bedarf.

Hans-Dietrich Kluge-Jindra (Landesarbeitsgemeinschaft lokale Medienarbeit Nordrhein-Westfalen e.V.): Mir fällt bei der Zusammensetzung der künftigen Medienkommission auf, dass dort zwei Gruppierungen nicht mehr vertreten sind, die bislang Sitz und Stimme hatten. Das sind zum einen die Bürgermedien. Ich denke, da sollte man sich Gedanken machen, warum gerade die Bürgermedien in ihrer Gesamtheit und Breite herausfallen.

Zum anderen ist es der Bereich der Medienpädagogik. Im Gesetzentwurf wird viel über Medienkompetenz geredet; wir werden uns gleich im anderen Block darüber unterhalten. Ich sehe, dass die fachlichen Vertreter der Medienpädagogik dort nicht mehr vertreten sein sollen. Da stimmt etwas nicht. Dann stelle ich fest, dass dort - für mich nicht nachvollziehbar - Kriterien entwickelt worden sind, die ich sehr nachdrücklich und deutlich zu überprüfen und zu verändern bitte.

Konstantin von Ahlefeld (Verband der Fernseh-, Film- und Videowirtschaft NRW e.V.): Als erstes möchte ich kurz auf die Stellungnahme des VPRT eingehen, der in seinem letzten Satz schreibt: Der VPRT geht davon aus, dass durch Einschränkung der Kommission zukünftig ein effizienteres Arbeiten der LfM sichergestellt ist. - Herr Hahn-Cremer hat sich vorhin schon dazu geäußert.

Ich halte dies persönlich für eine Ohrfeige der bisherigen Kommission, und wir - ich glaube, da kann ich für meine Kollegin Rafaela Wilde vom Film- und Fernsehproduzentenverband sprechen - verstehen es einfach nicht, warum die Wirtschaft, die diese Medien herstellt, die in der Technologie arbeitet, die Arbeits- und Ausbildungsplätze schafft und nachweislich durch die Landesregierung immer stark unterstützt worden ist, plötzlich nicht mehr in einer solchen Kommission, die in diesem Land über die entsprechenden Medien Entscheidungen fällen soll, vertreten sein soll.

Dr. Edeltraud Klueting (Westfälischer Heimatbund e.V.): Ich spreche für die drei Heimatbünde in Nordrhein-Westfalen. Wir vertreten als Dachorganisation der ehrenamtlich betriebenen Heimatpflege mehr als eine halbe Million Menschen in Nordrhein-Westfalen, die auch Mediennutzer sind. Wir haben unsere bisherige Mitarbeit - um das in Beantwortung Ihrer Frage zu sagen, Herr Hegemann - immer so verstanden, dass wir versucht haben, die gesellschaftliche Pluralität in der Landesanstalt für Rundfunk und in der Rundfunkkommission abzubilden. Wir haben unsere hauptsächliche Legitimation in der Sicherung der Programmqualität und der Abbildung der Vielfalt der Bevölkerung gesehen.

Aufgrund des Trends zur Deregulierung im Gesetzentwurf wird die gesellschaftliche öffentliche Kontrolle unseres Erachtens nicht weniger wichtig. Im Gegenteil: Eine gesellschaftliche Kontrolle hat die Maßstäbe laufend zu konkretisieren und die geforderten Programmstandards auch tatsächlich zu gewährleisten.

Die Bemühungen des Gesetzentwurfes um eine Gremienreform sind unseres Erachtens vor diesem Hintergrund auch zu überdenken und in einem breiten Diskurs, für den man sich auch die notwendige Zeit nehmen sollte in der parlamentarischen Beratung, gründlich zu erörtern.

Prof. Dr. Erika Bock-Rosenthal (Landesrektorenkonferenz Nordrhein-Westfalen/ Landesrektorenkonferenz der Fachschulen des Landes NRW): Die Rektoren der Landesrektorenkonferenz der Universitäten und die der Fachhochschulen haben mich dringend beauftragt, hier deutlich zu machen, dass sie ein Zusammenlegen des bisher für beide Verbände vorgesehenen gemeinsamen Sitzes mit dem Verband der Volkshochschulen und der Arbeitsgemeinschaft der Landesverbände der Weiterbildung für völlig inadäquat halten.

Christoph Schaefler (Interessenverein gemeinnütziger Rundfunk NRW e.V.): Der Interessenverein gemeinnütziger Rundfunk vertritt nicht nur sich selber, sondern alle aktiven Mediennutzer im Lande Nordrhein-Westfalen, die sich am Lokalradio und Bürgerfunk beteiligen, und zukünftig auch all diejenigen, die sich in anderen Medien nicht erwerbsmäßig orientiert beteiligen werden.

Insoweit decken wir von der Nutzerseite her einen Großteil der Gesellschaft ab und deren Interessen. Man könnte uns unterstellen, wir seien eine Interessenvertretung, aber dann frage ich mich: Was sind die vom Landtag in die neue Landesmedienkommission entsandten Vertreter, die den politischen Proporz höchstwahrscheinlich abbilden? - Sie werden sicherlich auch das, was intern besprochen wird, dort umzusetzen versuchen; das war bisher so, und es wird in der Zukunft sicherlich auch nicht anders sein.

Die Bürgermedien stellen einen großen Teil der zukünftigen Aufgabe der Landesmedienanstalt dar. Sie haben auch in der Vergangenheit schon bei der Landesanstalt für Rundfunk einen nicht unerheblichen Teil der Förderungstätigkeit abgebildet.

Ungefähr 33 % - das ist errechnet worden - gibt die Landesanstalt für Rundfunk in ihrem Haushalt für diesen Bereich aus. Da frage ich mich, wieso in der Landesanstalt für Medien und deren Gremien dieser Bereich nicht selbst aktiv rückgekoppelt wird durch ein Gesetz. Das leuchtet mir nicht ein. Ich will ja nicht sagen, es muss unbedingt der oder der drin sein. Aber diese Bürgermedien müssen in irgendeiner Weise vertreten sein. Es macht keinen Sinn zu sagen, man überlässt dies vielleicht den Gewerkschaften oder den Kirchen, die ja auch einen Großteil der Gesellschaft abdecken. Die setzen aber immer noch eigene Akzente. Die Vertreter der Bürgermedien werden ganz sicherlich aus ihrem Erfahrungsspektrum viele wertvolle Erfahrungen einbringen. Das haben sie in der Vergangenheit auch getan. Viele Satzungen, die entstanden sind und die in diesem neuen Gesetz ja noch mehr enthalten sind, sind durch aktive Teilhabe dieser Bürgerfunker zustande gekommen.

Jürgen Mickley (Landesverband Bürgerfunk NRW e.V.): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich würde ganz gern auch noch einmal aus der Perspektive meiner dreijährigen Mitgliedschaft in der Rundfunkkommission das ganz kurz reflektieren.

Ich denke, es hat Sinn gehabt, Mitglied der Rundfunkkommission zu sein. Der Sinn bestand manchmal darin, Information und Aufklärung betreiben zu müssen über das, was Bürgermedien sind und tagtäglich leisten. Der Sinn bestand manchmal darin, Transmissionsriemen sein zu müssen zwischen der Landesanstalt für Rundfunk, der Rundfunkkommission, dem Direktor der Landesanstalt für Rundfunk und den Bürgermedien. Das ist auch nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus hat es sich an der einen oder anderen Stelle auch als sehr positiv herausgestellt, Anregungen aus der Praxis für bestimmte Fördermaßnahmen oder Projekte geben zu können.

Da ich aus dem Bereich der Politik komme, möchte ich auch gern darauf hinweisen, dass solche Gremien doch Funktionen haben, nicht zuletzt die Funktion, gesellschaftliche Kontrolle wahrzunehmen. Das Kontrollgremium so herunterzufahren und zu reduzieren, heißt auch die Reduzierung gesellschaftlicher Kontrolle.

Berthold Holzgreve (Sozialverband VdK Landesverband Nordrhein-Westfalen): Herr Hegemann hat gefragt, sind Sie sich in der Kommission überflüssig vorgekommen. Ich kann wie Frau Kaiser antworten, nein, durchaus nicht. Ich denke, wir haben eine Menge Vernünftiges, Verbindendes und Verbindliches in den Jahren zuvor auf die Beine gestellt.

Aber es macht mich doch betroffen, dass die Sozialverbände, VdK Sozialverband Deutschland und die mit uns organisierten Selbsthilfeverbände der Behinderten jetzt überflüssig sein sollen. Das macht mich in der Tat betroffen. Ich habe das auch verschiedentlich zum Ausdruck bringen dürfen. Das verletzt mich auch persönlich. Es ist vollkommen unverständlich, dass die bürgerschaftliche Selbsthilfe und die Behindertenselbsthilfe an der Mediengestaltung zukünftig nicht mehr beteiligt sein sollen.

Ich habe das Manuskript des Ministers für Arbeit vor mir. Es handelt sich um eine Rede, die er im vergangenen Jahr bei einer Delegiertenversammlung gehalten hat. Da sagte er noch: Die Medien sind auf dem Weg in eine Wissensgesellschaft. Er nannte: Kommunikationstechnologien, die Verlagerung von Informationen ins Netz, die Veränderung des bestehenden Medienmixes, Verlagerung von Dienstleistungen ins Netz, Verlagerung von Business ins Netz, Verlagerung von Arbeitsprozessen ins Netz usw.

Und er fragte dann: Was nützen all die technologischen Entwicklungen, wenn von ihrem Nutzen ganze Gruppen der Bevölkerung ausgegrenzt werden? Was haben wir davon, dass das menschliche Wissen immer rasanter wächst, wenn nicht der Zugang zu diesem Wissen für alle sichergestellt wird? Wir wissen: Je höher technische Güter entwickelt sind, umso illiberaler sind sie und umso schwieriger sind die Zugänge für die Bevölkerung.

Er sagt auch: Neue Medien nutzen nichts, wenn sie nicht barrierefrei zugänglich sind. Die Anbieter müssen dazu verpflichtet werden, die Bedarfe Blinder und Sehbehinderter sicherzustellen. Wenn hierfür Gesetze zu ändern sind, bin ich gern bereit, mich dafür einzusetzen.

Harald Schartau hat das getan und war einer der Fürsprecher bei der Konzeption über den Bundesrat für das Gleichstellungsgesetz, das wir seit dem 1. Mai in Geltung haben. Nordrhein-Westfalen hat den Widerstand der Länder gegen das Verbandsklagerecht gebrochen, sodass das Verbandsklagerecht auch im Gleichstellungsgesetz ist. Dieses hohe Haus arbeitet am Landesgleichstellungsgesetz, das das Bundesgleichstellungsgesetz fortführt und ergänzt und vor allen Dingen umsetzen will, also Behinderte in die Gesellschaft integrieren, die bürgerschaftliche Behindertenhilfe und die bürgerschaftliche Selbsthilfe fördern will.

Wolfgang Hahn-Cremer war so freundlich, unseren Verband zu erwähnen als Beispiel für die vielen anderen, die hier zu Wort gekommen sind. Nur der Bedeutung wegen darf ich die Zahlen korrigieren. Wir sind insgesamt 285.000 zahlende Mitglieder, 1,6 Millionen bundesweit. Und wir haben in Nordrhein-Westfalen - das wissen Sie mindestens so gut wie ich - 2,1 Millionen anerkannte - das ist ein unschöner Ausdruck, aber es heißt nun einmal so - Behinderte, darunter 1,9 Millionen Schwerbehinderte.

Das ist also eine ganz große Bevölkerungsgruppe, die sich aus der Medienmitwirkung ausgeschlossen fühlen würde. Ich kann mir das nicht denken und meine eigentlich, ich sollte dieses hohe Haus, obwohl es bestimmt keine Belehrung nötig hat, vor dem Sachverhalt der Diskriminierung warnen, wenn Sie ausgerechnet unter der Ägide der Gleichstellungsgesetze, Sozialgesetzbuch 9, der neuen Behindertenpolitik, aber auch der bürgerschaftlichen Selbsthilfe, der Bürgergesellschaft, die auch ein politisches Anliegen der Landespolitik und der Landesgesetzgebung ist, diese Gruppe ausschließen würden.

Ich darf noch aufgreifen, was Frau Prof. Dr. Bock-Rosenthal gesagt hat. Die Landesrundfunkkommission war immer auch ein landespolitisches Abbild und demokratisches Forum der Meinungsbildung und eines verständigen Erfahrungsaustausches. Die Kommission hat - wie ich meine - über den ihr zugewiesenen Auftrag hinaus gesellschaftsverbindend und -stabilisierend gewirkt.

Und das bringt mich dazu, mich den Rednern anzuschließen, die gesagt haben: Beschädigt die Medienkommission nicht. Ihr tut es ja anderswo auch nicht. Das ist nicht nur ein Fach- und Sachgremium. Das ist auch eine dauernde landespolitische Konferenz.

Ich persönlich kann sagen, dass ich aus meiner Zeit viele Erfahrungen mitgenommen habe auch für meine Arbeit. Ich hoffe, dass ich in Gesprächen, die in den Pausen oder neben den Sachberatungen liefen, auch etwas von den Inhalten erzählen konnte, die unsere Verbände im Sozialrecht, in der Sozialpolitik, in der Behindertenhilfe, in der Beratung usw. bewegen.

Ich sehe auch das Problem der Rechtsgleichheit angesprochen, wenn beispielsweise verfasste Körperschaften gleichsam aus einer Monopolstellung heraus berücksichtigt werden, die gesellschaftsrelevanten Gruppen aber hier im Zwang sind, sich unter dem Verdacht, sich selbst darstellen zu wollen oder als Bittsteller auftreten zu wollen, zu bemühen.

Ich habe mir von Prälat Vogt von vornherein bei diesem Beispiel die Absolution geben lassen. Wir haben nur einen lieben Gott. Aber wir haben drei Kirchensitze. Es sei mir verziehen. Wir gesellschaftlichen Gruppen haben hier auf Erden - noch nicht im Himmel - ein sehr bestimmtes Anliegen, die Gesellschaft zusammenzuhalten und gerade jetzt unter den neuen Herausforderungen und auch unter dem Spardruck, der unser Land erfasst hat, unsere Bürger zu schützen und zu begleiten, damit wir den gesellschaftlichen Frieden erhalten können.

Harry Boeseke (Verband deutscher Schriftsteller): Wir sitzen zusammen in der Jugendschutzkommission. Und wie wichtig gerade diese Arbeit ist, will ich in ganz kurzer Form sagen. Wir haben z. B. eine Fernsehsendung bei VOX, die darauf ausgerichtet ist, Leute tot zu boxen, herausgekriegt. Wir haben sie mit unserer Initiative in den Bundestagsausschuss bekommen. Wir schaffen es auch, in unserem Jugendschutzausschuss bestimmte Stellungnahmen abzugeben, wenn Verstöße stattfinden. Wir gehen damit ganz offensiv um und lassen nicht nur das gelten, was vom Gesetz her möglich ist.

Eine weitere Sache haben Sie auch in der Unterlage gesehen. Wir hätten beinahe einen türkisch-faschistischen Sender lizenziert. Es ist mir mit meinem türkischen Nachbarn gelungen, das gerade noch abzuwenden.

Das sind nur kleine Beispiele aus 15 Jahren Kommissionsarbeit. Ich kann nicht mit Quantität argumentieren. Denn wir Schriftsteller sind mit Sicherheit die kleinste Gruppe. Dennoch hat uns der Gesetzgeber bei der Schaffung des damaligen Landesrundfunkgesetzes mit einem Sitz betraut und unserem Verband auch die Stellvertretung gegeben, weil eben Sachkompetenz gegeben war und weil Clement dieses Medienland haben wollte.

Clement hat auch gesagt: Die Autoren und Filmschaffenden müssen in unser Land kommen. Es ist gelungen. Wir sind hier. Wir sind die stärkste Gruppe. Wir sind als Verband deutscher Schriftsteller in der Bundesrepublik Deutschland der allergrößte Verband. Das hängt mit den Medien zusammen. Das hängt mit den Arbeitsmöglichkeiten zusammen. In dem Moment ist es wirklich wie ein Treppenwitz, dass im Medienland Nordrhein-Westfalen wir als erstes herausfallen sollen. Das ist unverständlich. Das kann, glaube ich, keiner nachvollziehen, der dieses Gesetz ernst nimmt.

Franz-Josef Schumacher (Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW): Wir haben zu der Frage Stellung genommen, warum wir meinen, dass wir weiterhin in der neuen Medienkommission vertreten sein müssten. Ich möchte Ihnen ersparen, das hier im Einzelnen noch einmal vorzutragen. Dennoch möchte ich aber doch noch einmal auf allgemeine Aspekte eingehen, nach welchen Kriterien denn eine solche Kommission zusammengesetzt sein sollte.

Ich glaube, es ist unstreitig, dass die Zahl 45 sich nicht zwingend ergibt, wenn man dem Gesichtspunkt der Staatsferne und der Pluralität der Zusammensetzung des Gremiums Rechnung trägt. Aber wenn man schon verkleinern will, dann sollte man doch halbwegs transparente Kriterien finden, damit es denjenigen, die dann ausgeschlossen werden, etwas leichter wird, nachzuvollziehen, warum sie ausgeschlossen werden.

Ich möchte ein Kriterium nennen. Das halte ich für ganz wichtig. Sie werden Probleme mit der Akzeptanz bekommen, wenn Sie die Verkleinerung der Kommission dazu nutzen, das Gewicht der Landtagsvertreter zu verstärken. Das ist im Moment der Fall.

Ich will jetzt nicht die Diskussion anfangen und insofern Herrn Grüll folgen, ob überhaupt Landtagsvertreter hineingehören. Aber wenn Sie verkleinern und die gesellschaftlichen Gruppen reduzieren und gleichzeitig relativ das Gewicht des Landtags verstärken, werden Sie immer Akzeptanzprobleme haben.

Sie werden auch Akzeptanzprobleme bekommen, wenn Sie nicht den Blick auf das vergleichbare Gremium des WDR richten. Das heißt, wenn es beim WDR zweckmäßig ist, ein solches großes Kontrollgremium einzurichten und auch beizubehalten, müssen Sie Gründe nennen, warum das bei der LfR anders sein soll, auch unter dem Gesichtspunkt der Effektivität und Effizienz. Und wenn Sie es nicht können oder politisch nicht wollen, lassen Sie bitte die Finger von der Verkleinerung.

Nächster Punkt: Herr Grüll hat es schon gerade angesprochen. Ich will jetzt nicht damit anfangen, wie viele Menschen die kommunalen Spitzenverbände letztlich vertreten. Da kann ich sicherlich auch am Schluss bis auf die Kommunalwähler heruntergehen. Aber ein Gesichtspunkt ist auch wichtig, wenn Sie unter mehreren Organisationen auswählen können, nämlich die Frage, inwieweit Sie stärker oder weniger Allgemeinwohlinteressen bei Ihrer Verbandsarbeit verpflichtet sind. Denn - Herr Grüll hat es gerade angedeutet mit dem Stichwort Befangenheit - Ziel ist es ja, dass aus der Perspektive dieser Verbände Allgemeinwohlinteressen beurteilt und wahrgenommen werden können. Es liegt der Schluss nahe, dass dies eher Verbände können, die auch in ihrer klassischen Verbandsarbeit eher dieses Blickfeld haben. Das ist ein Gesichtspunkt. Dann verbinden das politische Gewicht der Verbände und die Wichtigkeit der Aufgabe. Das kann mit der Quantität der Mitglieder kollidieren.

Solche Kriterien müssen Sie benennen. Sie werden dann immer noch große Entscheidungsspielräume haben. Diejenigen, die dann noch ausgeschlossen werden, werden dann immer noch unzufrieden sein, dass sie ausgeschlossen werden. Aber Sie werden es zumindest etwas nachvollziehbar machen. Meine Bitte ist, dies zu tun. Wenn Sie diese Kriterien anwenden, können Sie die kommunalen Spitzenverbände nicht umgehen. Davon bin ich fest überzeugt.

Dr. Udo Becker (Verband der Betriebsgesellschaften in Nordrhein-Westfalen e. V./Verband Rheinisch-Westfälischer Zeitungsverleger e.V.): Frau Vorsitzende, ich will mich gern kurz fassen. Das liegt bei diesem Thema in der Natur der Sache. Allerdings habe ich heute Morgen zu anderen Sachverhalten geredet. Deshalb bitte ich darum, nicht von vornherein begrenzt zu werden.

§ 93 war kein Schwerpunkt unserer Stellungnahmen. Das ergibt sich von alleine. Wir haben in unserer schriftlichen Stellungnahme nicht darauf Bezug genommen. Dies geschah bewusst und mit Bedacht. Ich will aber nicht nach dem Grundsatz "Schweigen gilt als Zustimmung" den Anschein erwecken, dass wir uns nicht auch in die Reihen der Kritiker dieser Regelung stellen wollen. Als Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen und als Verband des privaten Hörfunks in Nordrhein-Westfalen haben wir uns in den letzten zwölf Jahren stets sachgemäß an der Arbeit der Kommission beteiligt. Wir haben stets im Auge behalten, das gebotene Maß an Zurückhaltung zu wahren, wenn es um unsere eigenen Interessen als relativ rundfunknaher Verband geht. Das gilt ebenso wie für die Bürgerfunker oder andere Gruppierungen in der Rundfunkkommission. Ohne in Eigenlob verfallen zu wollen, gebe ich zu bedenken, dass eine gewisse Sachkompetenz bei mediennahen Verbänden durchaus zu unterstellen ist. Diese wird fraglos verloren gehen.

Verbände wie die unsrigen haben in den letzten Jahren aufgrund ihrer singulären Stellung keinerlei Einfluss auf Entscheidungen in der Rundfunkkommission gehabt. Das habe ich selbst reichlich erfahren dürfen. Man könnte wie in anderen Bundesländern gut damit leben, wenn mediennahe Institutionen weiter der Rundfunkkommission angehören. Sie bereichern mit ihrer Kompetenz in der Sache den Dialog, haben aber auf die eigentliche Mehrheits- und Entscheidungsfindung keinen Einfluss. Wir werden auch mit Interesse die Diskussion um die Neugestaltung des Rundfunkrats des WDR betrachten.

Frank Böhnke (Verband Lokaler Rundfunk in NRW e. V.): Ich darf nahtlos an das anschließen, was Herr Dr. Becker gesagt hat. Ich bin auch einer diesen bösen Interessenvertreter. Ich würde gern einmal einen Blick auf die praktische Konsequenz werfen, die diese Entscheidung hätte, wenn Sie die Rundfunkkommission verkleinerten. Es würden auch bestimmte Ausschüsse wegfallen, z. B. der Ausschuss für Lokalen Rundfunk. Das ist das Gremium, das in den letzten zwölf Jahren mit dafür gesorgt hat, dass der lokale Hörfunk, der angeblich so kompliziert ist, weitgehend ohne Rechtsstreitigkeiten ausgekommen ist.

Wir haben im Moment praktische Probleme. Die Einspeisung in die neuen Kabelnetze hat Auswirkungen auf die Nutzer, auf die Veranstalter und auf die Betreiber. Es hat technische Probleme zur Folge. Dieser Ausschuss war ein ideales Gremium, um das Problem zu definieren, zu diskutieren und irgendwann auch zu lösen. Bis auf mich selbst sind alle davon Betroffenen in diesem Gremium. Es fällt eine Arbeitsebene, eine Dialogebene weg. Dann haben Sie einen verkürzten Effizienzbegriff. Wenn Sie einfach nur entscheiden wollen, benötigen Sie gar keine Rundfunkkommission. Wenn Sie aber eine gesellschaftliche Beteiligung möchten, wenn Sie Problemlösungen möchten, die sachgerecht und kompetent sind, und die hinterher von den Beteiligten und Betroffenen verhältnismäßig schnell umgesetzt werden, dann ist ein solches Gremium ideal. Darin lag die Qualität der vergangenen Rundfunkkommission und ihrer Ausschüsse. Es waren mehr oder weniger alle an einem Tisch. Man hat die Vielfältigkeit der Probleme auch mit den Vielfältigkeiten der Interessen abgleichen können und ist dann zu kompetenten Lösungen gekommen. Das ist ein erweiterter Effizienzbegriff, der zu tragenden Lösungen führt.

Deshalb kann ich mich in vielen Punkten dem anschließen, was Vorredner gesagt haben. Es geht nicht um die Reduktion einer bestimmten Mitgliederzahl, sondern es geht um die Qualität von Entscheidungen. Dazu hat die Vielgestaltigkeit der Mitglieder - nicht nur deren Zahl, sondern auch die unterschiedliche Herkunft - einen entscheidenden Beitrag geleistet. Die Ausschüsse der Kommission sind heute nur wenig angesprochen worden. Der Forschungsausschuss ist einmal angesprochen worden. Die Ausschüsse haben als Arbeitsebene von dieser Arbeit profitiert. Es ist klar, warum es keine Kriterien dafür gibt, dass diese Kommission verkleinert werden muss. Die Arbeit der Kommission gibt diese Kriterien nicht her.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Gibt es noch Fragen vonseiten der Damen und Herren Abgeordneten? - Das ist nicht der Fall. Ich möchte jetzt den Block 2- Landesanstalt für Medien - verlassen, danke Ihnen für die rege Beteiligung und rufe auf den Block 3

Medienkompetenz/Mediennutzerschutz, Lokaler Hörfunk, Bürgermedien

Er betrifft die Abschnitte IV, VII und VIII des Gesetzentwurfs.

Ich darf zunächst die Abgeordneten um Wortmeldungen bitten. - Als erster Redner hat Herr Keymis das Wort.

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren! Der Bürgerfunk ist ebenso wie die eben besprochene Landesmedienkommission ein wichtiges Thema für die Grünen. Wir haben dazu ebenso Stellung bezogen wie zum Bürgerfunk. Die beiden Fragen, die ich stellen möchte, richten sich an die Vertreterinnen des Bürgerfunks in Nordrhein-Westfalen.

Im neuen Gesetzentwurf gibt es eine Regelung bezüglich der Sendezeiten und der Sendemengen. Für wie praktikabel halten Sie es aus der Sicht der Praktikerin? Aus meiner bewertenden Sicht spielen Sie eine Rolle bei dem Thema der Medienkompetenz der Bürger. Sehen Sie es selbst auch so? Wenn Ja, woran machen Sie es fest? Welche Chancen sehen Sie in dem Gesetz? Die Frage zur Bürgermedienkompetenz möchte ich auch an Herrn Dr. Gehrke vom Europäischen Zentrum für Medienkompetenz richten. Wie viele von uns beschäftigt mich dieses Thema sehr intensiv. Das ist nicht erst seit dem Stichwort Erfurt der Fall. Ich möchte gern von Ihnen wissen, ob Sie in dem vorgelegten Gesetzentwurf das Thema Medienkompetenz schon in der Form berücksichtigt sehen, oder welche Vorschläge aus Ihrer Sicht zu machen sind, um Verbesserungen aufzunehmen. Mir scheint es so, als ob noch Möglichkeiten bestünden.

Rainer Schmeltzer (SPD): Natürlich spielen die Bürgermedien eine wesentliche Rolle in diesem Gesetz. Das ist auch gut so. Im Rahmen der Medienkompetenz sollen auch die Bürgermedien insgesamt gestärkt werden.

In vielen Stellungnahmen habe ich immer wieder das Thema der Produktionshilfen in Verbindung mit den Radiowerkstätten gefunden. Für mich stellt sich folgende Frage - ich sage es ein bisschen flapsig -: Im alten Gesetz hatten wir eine Formulierung, die durch die Satzungsregelung der LfR dahin gehend ergänzt wurde, dass auch die Förderung weitgehend geregelt wurde. Ist es nach Meinung der LfR und auch nach Meinung der Bürgerfunker richtiger, eine Formulierung in dieses Gesetz einzuarbeiten, die analog zu der Praxis ist, die derzeit satzungsgemäß bei der LfR gehandelt wird?

Die zweite Frage bezieht sich auf die Zusammensetzung der Veranstaltergemeinschaft. Ich bin in der Stellungnahme der Gewerkschaft Ver.di auf einen interessanten Passus gestoßen, der die Befristung der Mitgliederversammlung anspricht. Sie haben sich sehr deutlich über die "schwammige Bestimmung" mit der Kann-Regelung über 5 Jahre ausgelassen, wie sie im alten und im neuen Gesetz formuliert ist. Auch die Rechte der Abberufung sind sehr eingeschränkt.

Verstehe ich Sie richtig, dass die Mitgliedschaft in der VG definitiv auf eine Frist von beispielsweise sechs Jahre beschränkt werden soll, wie Sie es vorschlagen? Soll die Abberufung detailliert angesprochen und somit keine Mitgliedschaft faktisch auf Lebenszeit gefordert bzw. festgeschrieben werden, wie es bei einigen Veranstaltergemeinschaften derzeit der Fall ist?

Lothar Hegemann (CDU): Ich habe eine Frage an das Katholische Büro und an die LfR, Herrn Dr. Brautmeier. Halten Sie es für nötig, dass in diesem Gesetz auch noch das Zwei-Säulen-Modell optimiert und angepasst, meinetwegen auch gestrichen werden muss? Gibt es von Ihrer Seite eine Meinung dazu, die über das hinausgeht, was Sie schriftlich geäußert haben?

Ich habe eine weitere Frage an Professor Dr. Kopper und Herrn Rath-Glawatz. Wie können Sie sich das Qualitätskennzeichen vorstellen, das in § 41 angesprochen worden ist? Was soll vergeben werden? Ein grüner oder roter Engel? Haben Sie eine Meinung dazu?

Dr. Frank Freimuth (SPD): Wir beabsichtigen mit dem Gesetzentwurf, den Stellenwert der Medienkompetenz erheblich zu stärken. Meine Frage richtet sich an das Europäische Zentrum für Medienkompetenz und an die Landesanstalt für Rundfunk: Wie bewerten Sie den Stellenwert der Medienkompetenz im Gesetzentwurf?

Als Anschluss an die Frage von Herrn Hegemann, wie die Qualitätskennzeichen nach § 41 zur Förderung der Belange der Mediennutzer vergeben werden: Wie können diese Qualitätssiegel aussehen? Dazu möchte ich gerne auch noch die Verbraucherzentrale hören.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen nicht vor. - Zunächst ist die Landesanstalt für Rundfunk angesprochen. Bitte schön, Herr Hahn-Cremer.

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich werde zu der Frage der Produktionshilfen und dem Zwei-Säulen-Modell etwas sagen. Zu dem Fragenkomplex der Medienkompetenz wird Herr Dr. Brautmeier antworten.

Die Antwort auf die von Herrn Dr. Schmeltzer angesprochene Frage zur Produktionshilfe kann ich sehr kurz machen: Ja. Wir würden es begrüßen, wenn die gegenwärtige Regelung mit der Satzungskompetenz wieder aufgenommen würde. Wir halten die gegenwärtige Praxis für sehr hilfreich und wären Ihnen sehr dankbar, wenn es wieder so verankert werden könnte.

Herr Hegemann, ich komme zum Zwei-Säulen-Modell: Aus unserer Stellungnahme ist deutlich geworden, wir halten es für ein Modell, das augenscheinlich momentan funktioniert. Es funktioniert allen Unkenrufen im Wettbewerb der anderen Bundesländer zum Trotz. Wenn Sie unsere Stellungnahme aufmerksam gelesen haben, werden Sie festgestellt haben, dass wir uns bis auf einige wenige Anmerkungen mit dem einverstanden erklären können, was im Gesetzentwurf formuliert worden ist. Das einzige, was wir anzumerken hätten, ist, dass nun eine riesengroße Synopse zu machen ist. Das wird nun allen passieren. Man hat den Text nicht wesentlich geändert, ihn aber immer an andere Stellen geschrieben. Das große Suchen beginnt. Das ist ein Punkt, der nicht so gelungen ist. Alles andere ist in Ordnung. Bis auf kleine Verweisungen, die nicht stimmen, haben wir an dieser Stelle nichts zu kritisieren.

Dr. Jürgen Brautmeier (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Die Frage nach dem Stellenwert der Medienkompetenz in diesem Gesetz ist noch offen. Wir begrüßen es außerordentlich, dass die Medienkompetenz in diesem Gesetzentwurf einen noch größeren Stellenwert bekommt als bisher. Sie hat bei uns immer schon eine große Rolle gespielt. In diesem Gesetz ist sie Ausdruck des Funktionswandels, den die Medienanstalten generell durchleben. Es ist nicht mehr so sehr die Zulassung und Überwachung, sondern mehr der Aspekt der Förderung, der Pflege dessen, was für sinnvoll und unterstützenswert angesehen wird. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich.

Wir machen ein Fragezeichen, was die Kopplung unserer Ausgaben - die 25-%-Regelung - angeht. Das wird wahrscheinlich später noch einmal thematisiert. Es ist auch in unserer Stellungnahme deutlich zum Ausdruck gekommen, dass wir eine solche Festschreibung erstens immer schon infrage gestellt haben und zweitens noch Unklarheiten in der Begründung des Gesetzentwurfs sehen, was aus diesen 25 % alles finanziert werden kann. Darauf werden wir aber sicherlich später noch einmal zurückkommen.

Dr. Gernot Gehrke (Europäisches Zentrum für Medienkompetenz GmbH): Aus dem Rundfunkgesetz ist zu Recht ein Mediengesetz geworden. Das trägt der veränderten Bedeutung der verschiedenen Medien Rechnung. Insofern ist Medienkompetenz auch als Kulturtechnik zu verstehen - da sage ich Ihnen auch nichts Neues - und so wichtig wie Lesen, Schreiben und Rechnen.

Medienkompetenz fördern heißt aus unserer Sicht aber, dass man Antworten darauf gibt, wie sich das Leben, Arbeiten und Lernen in der Informationsgesellschaft vollziehen soll. Da finde ich es wichtig, Leitbilder und Ziele zu formulieren, wie so etwas vonstatten gehen könnte. Insofern hätte ich mir bei § 2, in dem die Grundsätze formuliert sind, ein bisschen mehr Mut gewünscht. Da heißt es: Die Medienkompetenz der Nutzerinnen und Nutzer soll im Umgang mit herkömmlichen und neuen Medien gefördert werden.

Nach meinem Eindruck geht es nicht nur um die Kompetenz der Nutzerinnen und Nutzer; wenn wir Zugang zu den neuen Medien und chancengleiche Teilhabe als ein wichtiges Leitbild begreifen, geht es gerade darum, jene zu aktivieren oder mit einzuschließen, die bisher noch keinen Zugang zu den neuen Medien und ihren Anwendungspotenzialen haben. Insofern könnte ich mir vorstellen, dass man den Begriff Medienkompetenz breiter fasst und breiter formuliert und dass man auch das Schaffen der Voraussetzungen, Zugang zu den Anwendungspotenzialen zu den neuen Medien zu haben, in den Gesetzentwurf integriert.

Sie haben mich nach der Rolle der Bürgermedien in diesem Zusammenhang gefragt. Die Bürgermedien spielen bei der Vermittlung von und bei der Förderung von Medienkompetenz eine wichtige Rolle. Es ist aber auch jedem klar, dass sich viele andere Institutionen und Organisationen im Medienland Nordrhein-Westfalen auch an dieser Aufgabe beteiligen und da gute Ergebnisse erzielen. Wir führen das Projekt mekonet, Medienkompetenz-Netzwerk Nordrhein-Westfalen durch. Wenn Sie da allein auf die Mitglieder schauen - es sind inzwischen über hundert -, bekommen Sie einen Eindruck davon, wie viele in diesem Zusammenhang tätig sind. Insofern spielen die Bürgermedien eine wichtige Rolle. Sie tun es aber neben anderen, die auch bei der Förderung von Medienkompetenz eine wichtige Rolle spielen.

Zur Frage, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt: Ich habe mit Interesse den § 41 - Qualitätskennzeichen - gelesen. Ich könnte mir vorstellen, dass man ein solches Qualitätskennzeichen dahin gehend interpretiert, dass man eben nicht nur die Angebote von Fernsehsendungen, Radioprogrammen oder Websites mit einem Siegel versieht, sondern dass man beim Qualitätskennzeichen auch danach fragt, inwiefern denn Rahmenbedingungen existieren, um chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang zu den einzelnen Anwendungspotenzialen der neuen Medien in NRW tatsächlich sicherzustellen, und dass man über dieses Qualitätskennzeichen die Ergebnisse regelmäßig abfragt, kontrolliert und vielleicht auch wieder zur Diskussion stellt.

Dr. Bettina Lendzian (Landesverband Bürgerfunk NRW e.V.): Zunächst möchte ich festhalten, dass der Bürgerfunk, den wir in Nordrhein-Westfalen seit Bestehen des Lokalfunks haben, gut ankommt und auch genutzt wird, und zwar täglich von Tausenden von Bürgerinnen und Bürgern Nordrhein-Westfalens. Sie machen mehr als 76 Stunden nicht kommerzielles Radioprogramm. Das ist eine ganze Menge. Diese Stunden sind nicht mit Programmstunden eines Lokalradios zu vergleichen, sondern diese Radiostunden sind zum Teil in tagelanger ehrenamtlicher Arbeit von unterschiedlichen Bürgerfunkgruppen vorbereitet worden. Die Menschen - ich arbeite auch in einer Radiowerkstatt mit - machen das mit so viel Engagement, dass einem manchmal schwindelig werden kann. Sie lernen dabei eine ganze Menge, und zwar lernen sie mehr, als nur eine Radiosendung zu produzieren.

Deshalb darf die Bürgerfunk-Sendezeit durch dieses neue Gesetz keinesfalls beschnitten werden - im Gegenteil: In vielen Verbreitungsgebieten besteht durchaus Nachfrage nach mehr, nach weiteren Sendeplätzen. Die 50-Minuten-Mindestsendezeit-Regelung, die im Entwurf des neuen Gesetzes steht, würde in manchen Gebieten die Bürgerfunksendezeit sogar halbieren. Das wäre für die Macher, die sich engagieren, eine Katastrophe. Es ist absolut nicht adäquat. Der Bürgerfunk sollte keinesfalls unter das jetzige Maß an Sendezeit zurückgefahren werden. Und warum auch? Es funktioniert doch: Der LBF fordert deshalb: Die Sendezeit des Bürgerfunks muss erhalten bleiben.

Genauso wichtig wie es ist, dass es einen Platz gibt, an dem die Bürger ihre nicht kommerziellen Sendungen machen können, ist es auch, dafür zu sorgen, dass diese nicht kommerziellen Sendungen gehört werden können und dass dieser Sendeplatz nicht zwischen 2.00 Uhr und 4.00 Uhr morgens liegt. Das ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben. Im Wesentlichen geht es in der Diskussion hier im Lande um die Sendezeit, die im Moment in den meisten Gebieten um 18.00 Uhr beginnt, um eine Verschiebung auf 19.00 Uhr, 20.00 Uhr. Der Beginn des Bürgerfunks um 18.00 Uhr oder um 20.00 Uhr macht schon einen großen Unterschied.

Wenn wir uns zurückerinnern, war diese 18.00-Uhr-Sendezeit schon ein Kompromiss zwischen den Bürgerfunkern, die durchaus Verständnis geäußert haben, die gesagt haben, sie würden gerne ihre Sendung auch einmal in der prime time senden, in der man richtig viele Leute erreichen kann, aber sie wüssten um die kommerziellen Interessen der Sender. Weil es viele Zielgruppensendungen im Bürgerfunk gebe, sei 18.00 Uhr ein angemessener Kompromiss. Es hätte keinem Lokalradio geschadet, die massentauglicheren Bürgerfunksendungen morgens, vormittags oder nachmittags zu senden. Die Bürgerfunker haben sich damals auf diesen Kompromiss eingelassen und sind dabei fast ans Ende des noch Erträglichen mit einer abendlichen Sendezeit für den Bürgerfunk gegangen. Wenn die jetzt noch weiter nach hinten geschoben wird, wird das letzte Engagement und das letzte bisschen Öffentlichkeit, das man als engagierte Bürgergruppe in Nordrhein-Westfalen noch erreichen kann, zerstört.

Es gibt eben Versuche, den nicht kommerziellen Sendeanteil immer weiter nach hinten zu schieben. Das sollte auch in diesem Gesetz verhindert werden. Es sollte dem Bürgerfunk garantiert werden, dass er spätestens ab 18.00 Uhr laufen kann. Vor Ort kann man sich immer anders einigen. Es kann frühere und spätere Zeiten geben, wenn alle einverstanden sind.

Wie immer, wenn es um Bürgerfunk geht, gilt etwas ganz Besonderes, nämlich die Tatsache: Was nicht im Gesetz abgesichert ist, hat keine Chance, dass es auch eingehalten wird. Wenn bei der Sendezeit steht "mindestens 50 Minuten", dann wird es irgendwann 50 Minuten geben und nicht freiwillig mehr. Bei der Sendezeit "im Laufe des Tages" ist es so: Wenn da steht "spätestens ab 20.00 Uhr ", dann wird die Sendung um 20.00 Uhr laufen. Das heißt, der Bürgerfunk ist in gewisser Weise darauf angewiesen - das ist mein Appell -, dass diese Sache gesetzlich abgesichert wird. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass manchmal sogar Tatsachen, die im Gesetz stehen, nicht eingehalten werden. Der Bürgerfunk musste in einem Fall sein Recht auf Sendezeit auf dem Rechtswege einklagen. Nur mittels einer Klage war die Einhaltung dieses Gesetzes erreichbar. Es ging aber, weil das Gesetz gewisse Vorschriften gemacht hat, die wir nur einfordern mussten. In vielen Fällen ist es sinnvoll zu deregulieren, auf die Kräfte des Marktes zu vertrauen, aber im nicht kommerziellen Bürgerfunkbereich ist es das nicht. Der Bürgerfunk, wenn man ihn denn haben will, braucht eine Absicherung.

Das Gleiche gilt auch für die Verbreitungswege. Der Bürgerfunk muss integraler Bestandteil des Lokalfunks bleiben. Das ist nicht nur so, weil das Bundesverfassungsgericht dies auch als Vielfaltsreserve so vorgesehen hat, sondern weil nur so die Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren, auch die lokale Öffentlichkeit wirklich erreichen können. Wenn der Bürgerfunk in reichweitenschwache Sendezeiten oder auf weniger populäre Verbreitungswege abgeschoben wird, dann zerstört das den Bürgerfunk. Deshalb muss das Gesetz auch dafür sorgen, dass der Bürgerfunk ein integraler Bestandteil des Lokalfunks bleibt.

Es gibt noch einen dritten Fall von Deregulierung, bei dem es besser wäre, wenn wieder reguliert würde. Das ist das Programmschema der Veranstaltergemeinschaften als Bestandteil der Lizenz. Es müsste nur ein Wort wieder eingefügt werden, nämlich das Wort "Programmschema". Das Gesetz würde deshalb auch nicht viel länger, wenn man das wieder macht. Aber Änderungen im Programmschema müssen korrigierbar sein, müssen von der Aufsichtsbehörde korrigiert werden können. Sonst wäre es auch zum Beispiel möglich, dass der Bürgerfunk im Programmschema abgeschoben wird, und die Aufsichtsbehörde kann dagegen nichts mehr unternehmen.

Was die Frage nach der Medienkompetenz angeht, so ist der Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen, so wie er gewachsen ist, schon längst ein Medienkompetenz-Netzwerk. Das heißt, wir haben schon längst durch den Bürgerfunk ein Medienkompetenz-Netzwerk. Denn Bürgerfunk heißt schon lange nicht mehr, einfach nur zuzusehen, dass es Technik gibt, die gut funktioniert, und dass es Leute gibt, die Gruppen erklären, welche Regler sie schieben müssen - und das war es dann -, sondern Bürgerfunk ist längst sehr viel mehr. Der Bürgerfunk hat sich weiterentwickelt. Er hat sich prächtig weiterentwickelt.

Die Radiowerkstätten, die dafür sorgen, dass es den Bürgerfunk gibt und dass die Menschen Zugang zu ihrem lokalen Radio haben, leisten eine medienpädagogische Arbeit, die weit über die bloße Produktion hinausgeht. Ich nenne Beispiele: Es gibt jugendliche Aussiedler, die einmal gekommen waren, um eine Sendung zu machen und die dann bleiben und gleichzeitig eine Internet-Seite machen und natürlich auch Audiofiles ins Netz stellen, das heißt, unterschiedliche Medien vernetzen. Oder Schüler erarbeiten mit ihren Lehrern zusammen eine CD-Rom, die im Unterricht eingesetzt wird. Oder Senioren machen einen Radioworkshop. Sie überwinden eine Schwelle, kaufen sich einen PC und belegen weiter Computerkurse. Wir hatten eine Mädchengruppe, die einen Kurs belegt hat: Wie repariere ich einen CD-Player? Solche Kurse bieten Radiowerkstätten auch noch an.

Es gibt zahllose Beispiele dafür, wie sich unterschiedliche Medien und unterschiedliche Arten in der Medienkompetenzvermittlung in den Radiowerkstätten schon vernetzen. Deshalb haben wir hier ein richtiges Multimedianetzwerk.

Die Digitalisierung haben die Radiowerkstätten ohne zusätzliche Förderung schon längst vollzogen. Bürgerinnen und Bürger präsentieren ihre Sendungen im Internet. Die Radiowerkstätten kooperieren auch vor Ort mit anderen Medienanbietern, mit Universitäten, mit Bürgerzentren - je nachdem. Deshalb ist eine Radiowerkstatt längst ein Zentrum, ein Knotenpunkt für Medienpädagogik geworden, Kontaktbörse und Bildungszentrum gleichzeitig. Bildungsarbeit ist für Radiowerkstätten auch vorgeschrieben. Es ist gleichzeitig auch noch Reparaturwerkstatt, Treffpunkt - je nach Verbreitungsgebiet auch noch alles Mögliche andere mehr - und das alles für relativ wenig Geld, von Landesseite aus gesehen.

Die öffentliche Förderung, die vonseiten der LfR kommt, beträgt im Durchschnitt - wir haben 160 Radiowerkstätten in Nordrhein-Westfalen - 12.000 Euro pro Jahr für jede Radiowerkstatt. Das ist schon wenig. Mit dieser geringen Förderung haben es die Radiowerkstätten aber geschafft, eine enorme Menge an Drittmitteln zu akquirieren, jede Menge ehrenamtliche Arbeit als Eigenleistung einzubinden und das zu schaffen, was wir jetzt haben. Woran es vielleicht krankt, ist die Öffentlichkeitsarbeit. Viele Menschen wissen gar nicht, was Radiowerkstätten in Nordrhein-Westfalen als Netzwerk alles leisten.

Der Regierungsentwurf, so wie er im Moment vorliegt, würde diese Arbeit der Radiowerkstätten zerstören. Er würde theoretisch sogar zulassen, dass die Bürgerfunk-Förderung sogar auf null zurückgefahren würde, dass Radiowerkstätten nicht mal mehr ihre Miete bezahlen können. Wir als Landesverband Bürgerfunk fragen uns natürlich: Warum soll das so sein? Wir sehen das anders. Wir regen an, dem Bürgerfunk weiterhin eine Garantiesumme zu geben. Wir hatten diese 15 % im letzten Gesetz. Das ist eine Grundfinanzierung, die, wie gesagt, 12.000 Euro je Radiowerkstatt beträgt, womit man erst einmal grundsätzlich arbeiten kann. So kann der Bürgerfunk weiterarbeiten. Aber auch das muss im Gesetz verankert werden. Der Bürgerfunk kann nämlich den Verteilungskämpfen und den Gesetzen des Marktes mit seiner ehrenamtlichen und ziemlich überlasteten Struktur niemals standhalten.

Wir regen deshalb an, dass man diese langjährigen Erfahrungen, die es im Bürgerfunk gibt, und die Kompetenzen, die im journalistischen, im technischen Bereich und in der Medienpädagogik und im Internet gesammelt wurden, vor allem auch in der Kunst, aus sehr wenig Geld sehr viel zu machen, nutzt, indem man sie als Basis für neue Aufgaben der Medienkompetenzförderung nimmt, die es auch gibt. Man hat so eine Basis, auf der man aufbauen kann. Das ist auf jeden Fall besser und billiger, als alles neu aufzubauen.

Peter Schröder-Metz (Gewerkschaft Ver.di, Landesbezirk Nordrhein-Westfalen): Zur Frage der Zusammensetzung der Veranstaltergemeinschaften, a) die Entsendung, b) die Abberufung durch die entsendenden Organisationen: Die Anregungen, die wir in unserer Stellungnahme niedergeschrieben haben, resultieren aus den Erfahrungen unserer Mitglieder in den einzelnen Veranstaltergemeinschaften, der Vertreter und Vertreterinnen des Journalistenverbandes und der Deutschen Journalisten Union in Ver.di.

Dabei hat sich herausgestellt, dass es nur eine schwache "Kann-Bestimmung" im alten Rundfunkgesetz und auch im Entwurf des Landesmediengesetzes gibt, wonach per Satzung die Angehörigkeit zur Veranstaltergemeinschaft auf fünf Jahre befristet werden kann. Das erscheint uns nach den praktischen Erfahrungen zu kurz und unzureichend. Wir regen daher an, die Mitgliedschaft in den Veranstaltergemeinschaften auf sechs Jahre zu begrenzen, wobei eine Wiederwahl durchaus ermöglicht werden kann.

Es gibt konkrete Beispiele dafür, dass Vertreter in den Veranstaltergemeinschaften aus persönlichem Interesse oder aus anderen Gründen ausscheiden. Mir ist ein Fall bekannt, da war jemand zur Fahndung ausgeschrieben. Er befand sich auf der Flucht. Solche Positionen können nicht nach- oder nicht neu besetzt werden. Wenn ich also davon spreche, dass es ein Rückrufrecht geben muss, soll das nicht damit begründet werden, dass ich als entsendende Organisation sage: Der Vertreter oder die Vertreterin arbeitet nicht in unserem Sinne. Wir rufen sie zurück. Nein, darum geht es nicht. Es geht darum, dass die Veranstaltergemeinschaften arbeits- und funktionsfähig bleiben. Bleibt jemand regelmäßig den Sitzungen der Veranstaltergemeinschaft fern, muss man das Recht haben, ihn abzuberufen. Mehr steckt nicht dahinter.

Eine weitere Anregung: In einigen Teilen ist das Gesetz nach wie vor schwammig formuliert, soweit es um die Zusammensetzung der Veranstaltergemeinschaft geht. Das gilt z. B. in Bezug auf den Vertreter aus dem Kulturbereich sowie den Vertreter/die Vertreterin der Ausländer in den Veranstaltergemeinschaften. Wir regen an, für die Kulturbank einen Vertreter aus den anerkannten Kulturorganisationen zu ziehen. Das reicht vom Berufsverband Bildender Künstler über den Verband Deutscher Schriftsteller bis hin zur Fachgruppe Darstellende Kunst in Ver.di. Das allerdings sind nur Beispiele. Dabei reicht es natürlich nicht, sich nur auf dem Dorf umzusehen, wer schon einmal ein Gedicht geschrieben hat und dass der zum Vertreter/zur Vertreterin der Kultur in der Veranstaltergemeinschaft gemacht wird. Das ist nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Für die Berufung eines Vertreters/einer Vertreterin der ausländischen Mitbürger regen wir an, die örtlichen Ausländerbeiräte einzubeziehen. - Das wären unsere Wünsche und Anregungen zum Lokalfunk und den entsprechenden Passagen im Entwurf des Landesmediengesetzes.

Dr. Karl-Heinz Vogt (Katholisches Büro Nordrhein-Westfalen, Kommikssariat der Bischöfe in NW): Ich möchte zur Frage von Herrn Hegemann Stellung nehmen, die sich auf das Zwei-Säulen-Modell bezog und ob die Säule "Veranstaltergemeinschaft" stabil ist. Nach der Lektüre des Textes haben wir es so verstanden, dass nach § 62 Abs. 3 geregelt werden soll, dass die Veranstaltergemeinschaft nicht ordnungsgemäß besetzt ist, wenn die dort benannten vier Personen aus Kultur, Kunst, Bildung und Wissenschaft sowie der ausländischen Mitbürgerinnen/Mitbürger und dem Bereich der anerkannten Radiowerkstätten nicht komplett vertreten sind. Von daher haben wir angeregt - immerhin gibt es gelegentlich Schwierigkeiten, auf die gerade auch Herr Schröder-Metz hingewiesen hat, aus den Bereichen Kunst und Kultur sowie Bildung und Wissenschaft Vertreter zu finden, die bereit wären, in einer Veranstaltergemeinschaft mitzuarbeiten -, ob man das nicht auf organisatorischem Wege stärker absichern kann. Von daher unsere Anregung: Statt "muss" sollte eine Soll-Bestimmung dort stehen.

Ein durchgängiges Thema bei Veranstaltergemeinschaften - das sollte ich noch hinzufügen - ist, wie es eben bereits schon genannt wurde, dass das Sendeumfeld ausgesprochen schlecht ist und unglaublich schwierig, an der Situation im Sinne von Akzeptanz etwas zu verbessern.

Prof. Dr. Gerd Kopper (Universität Dortmund): Ich möchte auf die Frage eingehen, ob und wie Sie sich ein Qualitätssiegel vorstellen können. Danach hatte Herr Hegemann gefragt: Ein Qualitätssiegel kann ich mir technisch in jeder Form vorstellen, angefangen bei einem abgewandelten UNO-Engel für Qualitätspapier bis hin zu vielen anderen Varianten aus der Welt von Walt Disney oder kreativen Könnern in Nordrhein-Westfalen. Das einzige Problem, auf das ich auch in meiner schriftlichen Stellungnahme hingewiesen habe, besteht darin, dass ich so etwas nicht für zum Aufgabenbestand einer Aufsichtsbehörde zugehörig halte. An der Stelle wäre definitiv eine Grenze überschritten.

Die Grundfunktion der Landesmedienanstalten auf der Basis des Rundfunkstaatsvertrages sind eindeutig aufsichtsbehördliche Funktionen. Aufgrund der Finanzierungsbedingungen, über die man dann in der ersten Runde schon Ende der 80er-Jahre hat nachdenken müssen, ist die Regelung geschaffen worden: 2 % der Rundfunkgebühren werden den Landesmedienanstalten zur Verfügung gestellt, und zwar ohne jede weitere Einschränkung.

In meiner schriftlichen Stellungnahme habe ich auch darauf hingewiesen, dass es sich im Grunde genommen um eine Grauzone handelt, auf die nicht nur ich, sondern auch Experten der Rechnungshöfe und Kommissionen wiederholt hingewiesen haben. Dahinter verbirgt sich nämlich ein klassischer Verstoß gegen finanzhoheitliche Haushaltsregelungen. Die Landesregierungen haben bei der Ratifizierung der Staatsverträge das selber eingestehen müssen. Schließlich gab es diese Expertenhinweise. In einer Fußnote zur letzten Ratifizierung des Rundfunkstaatsvertrages ist kenntlich gemacht worden, dass spätestens ab dem Jahre 2004 eine solche quasi automatische Erhöhung des 2-Prozent-Anteils mit den notwendigerweise steigenden Rundfunkgebühren nicht mehr erfolgen soll. Damit wird ein Stück weit Hoffnung zum Ausdruck gebracht, weil nämlich bereits eine vorherige Ankündigung schon nicht realisiert worden war.

Wir haben es jetzt mit einer Situation zu tun, in der man sagen kann, was auch schon in einem alten Haushältergrundsatz niedergeschrieben ist: Geld sucht sich seine Aufgaben! - Dieser Grundsatz wird jetzt realisiert. Insofern sieht man jetzt eine gewisse Fortentwicklung. Es geht nicht nur um Aufsicht. Das ist nämlich bei einer Qualitätssiegelvergabe keineswegs der Fall. Es geht auch nicht um Medienförderung. Auch das wäre nämlich noch ein Teil, der im Rundfunkstaatsvertrag festgeschrieben ist. Wir bewegen uns in einen Bereich hinein, der absolut kritisch ist. Die rote Lampe sollte an der Stelle angehen.

Nicht nur die Obergerichte, sondern die höchsten Gerichte der Bundesrepublik haben im Pressewesen jedes Differenzierungsgebot absolut ausgeschlossen. Das gilt bei etwaigen gesetzlichen Vorschriften bis hin zu Verordnungen. Würde eine Richtung eingeschlagen, nach der das Qualitätssiegel von einer Aufsichtsbehörde vergeben würde, die dann über die Geldvergabe an Dritte - die Verbraucherverbände als mögliche Empfänger haben sich schon angemeldet - zu entscheiden hätte, müssten wir uns mit dem kritischen Punkt auseinander setzen, dass eine solche Geldzuweisung stets eine Differenzierung in Bezug auf Wertmaßstäbe verlangt. Ich meine, dass an der Stelle eine verfassungsrechtliche Bruchstelle vorhanden ist. Nach meiner persönlichen Meinung ist das schon vom Fundament her ein Konstruktionsfehler, der sich wie ein Riss durch das gesamte Gesetzeswerk zieht, weil nicht klar genug zwischen Aufsichtsfunktionen einerseits und weiter reichenden Funktionen andererseits der Anstalt getrennt wird. Aufgrund der merkwürdigen Fehlentwicklung im Bereich der Finanzierung und des Mangels an Kontrolle hat diese Anstalt in gewisser Weise den Auftrag, sich stets selber mit neuen Aufgaben zu versorgen. Aus der Sicht eines Gesetzesmachers halte ich das für eine recht abwegige Erscheinung.

Dr. Michael Rath-Glawatz (Rechtsanwalt): Es entspricht dem Zeitgeist, heutzutage für Medienkompetenz und die Stärkung von Medienkompetenz zu sein und dafür einzutreten. Im § 39 gibt es eine allgemeine unverbindliche Einführung. Der § 40 beschäftigt sich mit der Medienversammlung, einer Art immerwährendem Reichstag der Medieninstitutionen. So etwas hatten wir schon einmal im Mittelalter. Damals ist das auch nicht gut ausgegangen. Diejenigen, die dort sitzen, müssten, so hoffe ich jedenfalls, Medienkompetenz besitzen. Der § 39 stellt insofern einen unverbindlichen Grundsatz dar, und nach § 40 geht man davon aus, dass dort diejenigen versammelt sind, die ohnehin schon Medienkompetenz haben.

Die Schulen und die Eltern, die den Jüngeren Medienkompetenz beibringen könnten, ist überhaupt keine Rede. Als einziger Paragraph verbleibt § 45. Es folgt der Datenschutz mit den alt bekannten Kamellen, die in jedem Landesrundfunkgesetz stehen.

In § 41 heißt es dann so schön: Zur Förderung der Belange der Mediennutzerinnen usw. - Man hat es also jetzt mit etwas ganz Neuem zu tun, einer Belangförderung.

Ich frage Sie: Was sind das für Belange? - Möglicherweise müsste die LfR über das Qualitätskennzeichen eine Belangförderungsqualitätskennzeichensatzung machen. - Schon alleine davon können Sie ablesen, dass dieser Gedankengang nicht zu Ende geführt worden ist. Wenn ich jetzt versuche, das etwas ironisch darzustellen, dann geschieht das nur deshalb, weil man doch viel über Staatsverdrossenheit liest, hört oder spricht. Der Gesetzentwurf weckt unter dem Stichwort "Medienkompetenz" gewisse Erwartungen. Bei genauerem Nachlesen wird man aber vielleicht nur noch einen Paragraphen finden, der diesem Anspruch gerecht wird. Das, so meine ich, ist etwas wenig. Herr Prof. Kopper hat schon darauf hingewiesen: Im Zusammenhang mit diesem § 41 wird es arg gefährlich. Denn durch die Satzung einer zwar staatsunabhängigen aber dem öffentlichen Bereich zuzurechnenden Behörde soll Qualität ausgezeichnet werden. Wir kennen Unterscheidungen unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes, werden dort doch im Rahmen der Klassifizierung von Filmen gewisse Altersgrenzen gesetzt. Das hat aber nichts mit Qualität zu tun. Denn ein Film, der für Kinder freigegeben ist, kann durchaus gut oder schlecht sein. Mit Qualität hat das überhaupt nichts zu tun.

Im Zusammenhang mit dem diskutierten Gesetzentwurf wird nach meiner Kenntnis zum ersten Mal per staatlicher Satzung Qualität "obrigkeitsrechtlich" zensiert, und zwar gut oder schlecht, denn eine Wertung muss enthalten sein, weil es sonst den Belangen der Mediennutzer nicht weiterhilft. Es müssen also Aussagen kommen wie: Das können Sie unbeschadet konsumieren! - Oder: Sie tragen folgende Schäden davon! - Wenn Sie nur von "sehenswert" oder "nicht sehenswert" sprechen, Sternchen, Herzchen oder was auch immer vergeben, würde das zumindest mittelbar staatlicherseits eine Bewertung von Programminhalten zur Folge haben. Das aber verbietet Artikel 5 GG glasklar. Es kann keine staatliche Bewertung der Qualität von Medienangeboten geben. Staatsferne Institutionen können eine solche Bewertung vornehmen, Programmveranstalter, Vereinigungen von Jugendschützern oder wer immer das will. Senioren können z. B. für Senioren geeignete Angebote qualifizieren. Aber der Staat kann keine Qualitätssiegel vergeben. Ich bitte darum, von diesem Vorhaben abzulassen.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Ich darf bei der Gelegenheit bemerken, dass sich die LfR natürlich dagegen wehren wird, als Staatsbetrieb bezeichnet zu werden, ist sie doch eine staatsferne Organisation. Aber das haben dann die Fraktionen zu beraten.

Ich darf Ihnen noch bekannt geben, dass die Verbraucherverbände angesprochen worden sind, die sich aber für den Nachmittag bereits haben entschuldigen lassen, sodass wir sie jetzt nicht mehr um eine Stellungnahme bitten können.

Damit wären wir am Ende der ersten Runde. Die zweite Runde ist eröffnet. Herr Dr. Grüll hat das Wort.

Dr. Stefan Grüll (FDP): Ich habe zwei Fragen, die sich zunächst an die LfR richten. Herr Dr. Brautmeier, es geht mir um § 82 Abs. 2, Satz 1. Was eigentlich verbleibt Ihnen - nimmt man diesen Satz ernst - nach diesem Satz 1 noch zur Verteilung, wenn man - wie es hier steht - die Ausgaben abzieht, die nach diesen gesetzlichen oder staatsvertraglichen Vorschriften aus den Einnahmen zu leisten sind?

Weil es Ihre Antwort im Sinne einer Verkürzung vielleicht erleichtert, möchte ich Ihnen meine Auffassung mit auf den Weg geben: Eigentlich bleibt Ihnen so gut wie nichts mehr übrig, was zur Verteilung anstünde. Aus politischer Betrachtung heraus würde mich das gar nicht in große Unruhe versetzen. Ich möchte aber Klarheit haben, ob es so ist, wie ich das gerade bewertet habe.

Dieser Satz 1 gilt nach Satz 2 nicht, wenn - jetzt kommt diese 25-Prozent-Passage - man es mit der Anmerkung versieht, dass die Staatssekretärin im Medienausschuss deutlich gemacht hat, dass der Gesetzestext und eben nicht die Begründung gilt. Würde Ihnen diese Erklärung das Maß an Flexibilität und Spielraum verschaffen, die 25 % - jetzt äußere ich einmal einen Wunsch - deutlich zugunsten von Medienkompetenzprojekten einzusetzen?

(Zuruf des Dr. Frank Freimuth [SPD])

- Das in Abgrenzung zu Bürgermedien und Bürgerfunk, lieber Herr Dr. Freimuth.

Eine weitere Frage würde ich in der Hoffnung, dass es unsere positive Atmosphäre nicht belastet, gerne an Sie richten, liebe Frau Dr. Lendzian, an den Landesverband Bürgerfunk. Sie haben - ich will das ausdrücklich bestätigen und anerkennen - das hohe ehrenamtliche Engagement derer gewürdigt, die das Programm machen. Ich vermute, ich trete Ihnen zu nahe: Würden Sie mir widersprechen, wenn ich behaupte, dass zwischen dem anzuerkennenden ehrenamtlichen Engagement und der Akzeptanz bei denen, für die das Programm gemacht wird, nämlich den Hörerinnen und Hörern, eine gewisse Kluft besteht? Sollte ich mich irren, sollte die Akzeptanz also größer sein, als ich es unterstelle, wäre ich sehr dankbar, wenn ich das gelegentlich einmal belegt bekommen würde. Denn wenn es so wäre, würde ich mich dazu entschließen können, die Förderungshöhen anders zu bewerten, als ich es derzeit tue.

Insofern schließt sich der Kreis. Wenn die 25 % so eingesetzt werden können, wie ich den Gesetzestext verstehe, könnte die LfR mehr für die Medienkompetenzförderung tun und müsste deutlich weniger als bisher - den Spielraum haben Sie dann - dem Bürgerfunk zur Verfügung stellen.

Dr. Jürgen Brautmeier (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich habe zwischendurch versucht, deutlich zu machen, dass die 15-%-Regelung, die gegenwärtig im Gesetz steht, von uns von Anfang an hinterfragt worden ist. Wir geben für Bürgermedien mehr als 15 % aus, und zwar schon seit langer Zeit. Wenn wir die Medienkompetenzprojekte im weitesten Sinne hineinrechneten, wäre dies noch viel, viel mehr und ginge auch über die 25 % hinaus.

Ihre Frage war, inwieweit wir dann überhaupt noch flexibel sind. Wir sind in unserem Kapitel, in dem die Fördermaßnahmen Bürgerfunk, aber auch Forschung, Beratung etc. verankert sind - gegenwärtig mit 41 % für die Zwecke Bürgermedien gebunden. Das heißt, die freie Spitze, die wir noch hätten, wäre für alles andere, was ich erwähnt habe.

Wenn wir eine größere Flexibilität bekämen, müsste die Rundfunkkommission, müsste die LfR entscheiden, ob man bei den bisherigen Zahlen bleibt oder ob man in der Tat unterschiedliche Schwerpunkte setzt. Wie und in welche Richtung, dem kann und will ich nicht vorgreifen. Die gesellschaftliche Debatte muss dann in der Rundfunkkommission stattfinden.

Noch einmal: Die Festschreibung auf einen gewissen Anteil unserer Mittel - überwiegend der Fördermittel - hat uns von Anfang an große Probleme, auch rechtliche Probleme bereitet. Wir

haben dazu rechtliche Fragen. Weil wir das sowieso schon übererfüllen, noch einmal der Appell, mit diesem Instrumentarium nicht hantieren zu müssen. Wir kommen auch ohne aus.

Dr. Bettina Lendzian (Landesverband Bürgerfunk NRW e.V.): Vielleicht habe ich das ehrenamtliche Engagement ein wenig überbetont. Es ist eine ganz wichtige Sache im Bereich Medienkompetenzverteilung, auf den ich abgehoben habe.

Ich nehme an, Sie meinen mit Hörerakzeptanz die Einschaltquoten. Wenn Sie meinen, dass man die Hörerakzeptanz mit Einschaltquoten messen kann, dann muss man sagen, dass der Bürgerfunk diese Akzeptanz hat. Der Bürgerfunk hat zu seiner Zeit, abends, eine höhere Einschaltquote als alle WDR-Programme zusammen. Die Hörer sind da. Es gibt keinen Abschaltfaktor, den man anhand der Einschaltquoten messen könnte.

Den Bürgerfunk gibt es nicht. Bürgerfunk ist unglaublich vielfältig. Er ist genauso vielfältig wie andere lokale Kulturräume. Da gibt es alle möglichen Sachen. Dass dem einen oder anderen eine Sendung nicht oder aber besonders gut gefällt, ist nicht nur Fakt, sondern natürlich auch gewünscht.

Sie haben nach Untersuchungen gefragt. Die LfR hat einmal die Qualität des Bürgerfunks untersucht. Ich weiß nicht, ob einer der Herren die Untersuchungsergebnisse in der Tasche hat und sie Ihnen geben kann. Da kam heraus: Die Qualität stimmt. Die Sendungen des Bürgerfunks sind ganz wenig mehr mit Fehlern behaftet als die des redaktionellen Lokalprogramms. Ein leichter Schwerpunkt ist das Thema Kultur. Ansonsten gibt es an der Bürgerfunkqualität nichts auszusetzen.

Sie führen Einzelfälle an und sagen: Ich kenne aber einen, der hat mal abgeschaltet. - Ich kenne Leute, die sind mit dem Auto sogar vom Kreis Borken an die Stadtgrenze von Münster gefahren, um den dortigen Bürgerfunk zu hören. Beide Gruppen wird es geben. Welche größer ist, wird man wahrscheinlich nicht messen können.

Abschließend die Bemerkung: Bei vielen Sendungen handelt es sich um monothematische Zielgruppensendungen, die um 18 Uhr gut aufgehoben sind. Ein Magazin mit lokalen oder weltpolitischen Umweltthemen passt gut auf eine 18-Uhr-Sendezeit, ebenso ein Multikultimagazin, ein Amnesty-International-Magazin, ein Karnevalsmagazin usw.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen zu Block 3 vor. Ich darf mich recht herzlich für die konzentrierte Diskussion, für Ihre Beiträge bedanken. Ich schließe Block 3.

Ich rufe auf Block 4:

Kabelbelegung und Digitalisierung

Frau Brunn, bitte.

Anke Brunn (SPD): Ein Teil dieser Debatte ist schon heute Morgen geführt worden. Aber ich denke, man muss die sehr kontroversen Meinungsäußerungen in diesem Zusammenhang aufgreifen. Es ging darum, dass im Gesetz die Belegung von Kabelanlagen für den analogen und den digitalen Bereich getrennt bzw. verschieden geregelt ist.

Ich habe es so verstanden, dass die LfR ein Verfahren befürwortet, wonach es diese Trennung nicht gibt. Sie möchte den analogen und den digitalen Bereich nach gleichen Kriterien belegen. Das könnte vielleicht Herr Hahn-Cremer kurz darstellen. - RTL und auch die Verbandsorganisation scheinen das genauso zu sehen.

Bei den Vertretern der Kabelanbieter sehe ich unterschiedliche Positionen. Da möchte Ish eher noch weiter gehende Spielregeln, während ANGA eher der Position der LfR zugeneigt ist. Da bitte ich um Erläuterung.

Ich glaube, die Position der freien Fernsehveranstalter brauchen wir nicht zu wiederholen. Aber die anderen müsste man vielleicht kurz darstellen. Dann sieht man das Spektrum des Widerspruchs in diesem Bereich. Das erleichtert uns, glaube ich, das Entscheidungsverfahren und kann relativ schnell gehen.

Lothar Hegemann (CDU): Ich wende mich an Ish nur zu den Themen, die heute anstehen und nicht zu aktuellen Pressemeldungen. Herr Schnepper, die sind, glaube ich, nicht Gegenstand des Verfahrens.

Wie beurteilen Sie den Entwurf des Landesmediengesetzes angesichts der Belegungsmöglichkeiten, die Sie haben? Wie beurteilen Sie den Wunsch der Privaten, dass Buketts abgenommen werden? Wie beurteilen Sie die Must-carry-Regelung, die hier getroffen worden ist?

Auch an den VPRT die Frage: Wie beurteilen Sie die Regelung? Äußern Sie sich nach wie vor kritisch zu Teleshoppingkanälen? Ich glaube, der ein oder andere von Ihnen betreibt mittlerweile sogar selber einen.

Dr. Frank Freimuth (SPD): Ich habe eine allgemeine Frage an Ish: Wie bewerten Sie das Tempo der Digitalisierung des Kabels?

Eine Frage an das FORMATT-Institut: Sind aus Ihrer Sicht die unabhängigen Produzenten bei der Kabelbelegung genügend berücksichtigt?

Ich habe noch eine Spezialfrage an den WDR, die ich aber besser in der zweiten Runde stellen werde.

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich will nicht alles wiederholen, was Herr Dr. Schneider aus unserer Sicht heute Morgen schon zu diesen Fragen gesagt hat. Ich will es konkret machen: Nach unserer Auffassung müssten in § 18 der Abs. 8 und in Abs. 3 die Worte "für höchstens 15 Kanäle" gestrichen werden. Das wäre das Fazit des Beitrags von Dr. Schneider.

Ich will das an zwei Punkten deutlich machen. Wir wiederholen das Verfahren, das der Rundfunkstaatsvertrag für die Digitalisierung vorsieht, nun für den analogen Bereich. Wir meinen, es wäre besser, es bei dem derzeitigen Verfahren zu belassen, der Rangfolgeentscheidung im analogen Bereich. Dafür gibt es zumindest zwei Gründe:

Erstens. Der Kabelnetzbetreiber hat am Ende nach denselben Kriterien zu verteilen, wie sie die Landesanstalt für Rundfunk ansetzt, nämlich Vielfaltsgesichtspunkte. Das heißt, die müssen sich eine starke Rechtsabteilung leisten, um das Verfahren so sicher zu machen, wie es bei uns mittlerweile ist. Das Oberverwaltungsgericht Berlin - ich darf auch etwas Positives sagen, nachdem ich heute gelernt habe, dass wir unser Geld nur verpulvern - hat festgestellt, man möchte bitte eine Rangfolgeentscheidung erlassen, wie die LfR das bisher getan hat. Das heißt, dahinter stecken eine ganze Menge verschiedener Gründe. Dieses Vorgehen verlangen Sie nun auch vom Kabelnetzbetreiber. Ich halte das für sehr schwierig auch angesichts dessen, dass das Verfahren sicher sein soll.

Zweitens. Ich darf zitieren, was Herr Dr. Schneider heute Morgen gesagt hat. Wer sind die fünf, die man zum Schluss hat? Sind das nicht möglicherweise die, die sagen: Wir zahlen dafür, dass wir das Kabel bekommen? Wenn das im Zusammenhang mit dem ersten Punkt, den ich gerade angesprochen habe, sieht, dann muss man befürchten, dass wir uns mit der Kabelentscheidung vor den Verwaltungsgerichten, vor allem vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf wiedersehen werden, und zwar in einer Häufigkeit, die wir bisher vermieden haben.

Deshalb sagen wir: im Analogen bleiben wie bisher. Im Digitalen greift eh der Rundfunkstaatsvertrag. Da sind die Regelungen vorgegeben, u. a. auch "must carry".

Dr. Jürgen Brautmeier (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Eine kurze Ergänzung - man muss den Gesetzentwurf auch einmal loben : In § 27 Abs. 4 gibt es schon, was man bei der Kabelbelegung eigentlich wollte, nämlich größere Flexibilität für den Kabelanlagenbetreiber. In dem Moment, in dem er die Digitalisierung vorantreibt, ist es ihm nach § 27 Abs. 4 in Zukunft möglich, die Zahl der analogen Kanäle zu reduzieren. Der Umstieg ins Digitale wird dadurch also gefördert.

Deswegen sagen wir: Das ist der richtige Weg. - Aber an dieser Stelle das bisherige analoge Regime zu ändern, also während des Rennens die Pferde zu wechseln, halten wir für nicht vernünftig.

Henning Schnepper (Ish GmbH & Co KG): Aus gegebener Veranlassung möchte ich - auch wenn Herr Hegemann sagte, hier wäre nicht der Ort, um über tagesaktuelle Meldungen zu sprechen -, bevor ich mich den Aspekten "operativer Markt" und "Bedeutung von Vielfalt und Kabelbelegung" zuwende, den Kreis schließen und betonen, dass es in der jetzigen Situation auch um politische Signale geht. Denn wer wie Nordrhein-Westfalen Investitionen will - und dies durch Unternehmen wie unseres schon in erheblichem Umfange erfahren hat -, braucht Investoren. Und solche Investoren brauchen ihrerseits verlässliche politische Rahmenbedingungen, die darauf hinauslaufen müssen, dass sich unternehmerisches Engagement und Risikoinvestitionen zumindest abstrakt auf Grundlage eines Regelungsrahmens refinanzieren können. Diese Grundeinstellung wird sich widerspiegeln, wenn ich zu den einzelnen angesprochenen Punkten und dabei zunächst zu dem analogen Belegungsregime komme.

Frau Brunn konstatiert einen Widerspruch zur ANGA, den ich so nicht sehe. - Ich will in meine Darstellung Ihre Frage, Herr Hegemann, danach einbeziehen, wie wir die entsprechenden Freiheiten bewerten. - Ja - das konnten Sie unserer Stellungnahme entnehmen -, wir halten die Freiheiten im Ergebnis für noch gar nicht weit genug. Warum meinen wir nun, das so fordern zu können? Dazu zwei Antworten:

Erstens. Die erste Antwort ergibt sich schlicht aus dem Marktgeschehen. Unser Produkt nämlich, das Kabelfernsehen, ist nur dann attraktiv, wenn wir dem Zuschauer aktives, vielfältiges, buntes und zahlreiches Programm bieten. Wenn wir dem Zuschauer nur künstlich verknappte, willkürliche Inhalte gewähren, so wird das die ohnehin schon zu verzeichnende Migrationsbewegung hin zu alternativen Empfangsquellen eher noch verstärken.

Es gibt also einen nicht zu übersehenden Marktdruck. Und auch wenn man grundsätzlich misstrauisch ist gegenüber privatwirtschaftlicher Betätigung: Marktzwänge wirken. Der Marktdruck verlangt, ein vielfältiges und buntes Angebot zusammenzustellen.

Zweitens. Diese Inhalte kommen von einflussreichen Marktteilnehmern. Ohne deren Inhalte kann ish kein attraktives Fernsehprodukt liefern. Es sind zum einen zu nennen die Öffentlich-Rechtler, die ohnehin einen von niemandem in Zweifel gezogenen Must-carry-Status besitzen. Es sind sodann zu nennen die Unternehmen, die hier vertreten sind; nicht nur über den VPRT, sondern auch persönlich mit Frau Haas für die RTL GmbH und den inzwischen wohl nicht mehr anwesenden Herrn Doetz. Es muss jedem klar sein, dass man ohne die führenden Programme dieser beiden Senderfamilien wiederum kein attraktives Produkt stricken kann.

Diese Senderfamilien wiederum fordern aus ihrer Verhandlungsmacht - mir liegen die konkreten Vertragsvorschläge vor - heraus, wenn wir ihr Programm haben wollen, eine Aussage, wie mit VOX oder etwa dem RTL-Shop verfahren werden soll. - Für die anderen gilt das Gleiche.

Wiederum also regelt der Markt die Dinge, sodass sich Regulatorisches nicht gerade aufdrängt. Regulatorisches führt im Gegenteil zur Schwächung der Verhandlungsposition des Kabelnetzbetreibers in einer solchen Situation, in der es an ihm ist, neue tragfähige Marktmodelle zu entwickeln - die dem natürlich auch nicht völlig problemfreien werbefinanzierten Fernsehen ebenso helfen wie dem Kabelnetzbetreiber -, der darauf angewiesen ist, seine Investitionen zurückzuverdienen, wenn er sich parallel mit einer Must-carry-Verpflichtung ausgestattet sieht, also auch über das Ob einer Einspeisung des kleinsten Senders schon gar nicht mehr verhandeln kann, weil er sich nämlich in einem Verwaltungsakt von Dr. Schneider fangen würde, berücksichtigte er diesen kleinsten Sender nicht. - So viel aus Marktsicht.

Gestatten Sie mir ein Strukturargument! In anderen Ländern existieren bereits modernere Regeln. Exemplarisch möchte ich Baden-Württemberg erwähnen, weil unser Unternehmen dort mit dem Schwesterunternehmen Kabel Baden-Württemberg tätig ist. Nach der baden-württembergischen Rechtslage gibt es seit 1998 dort nur noch zwölf Must-carry-Kanäle. Mir ist - einige von Ihnen wissen, dass ich auch eine ganze Zeit für Programmveranstalter gearbeitet habe - schlicht nicht bekannt, dass dort jemals die Rüge mangelnder Pluralität erhoben worden wäre. Diese Regelung funktioniert. Unlängst hat unser Schwesterunternehmen dortselbst eine Belegungsanzeige unterbreitet. Diese ist nicht nur bei den betroffenen und bei den begünstigten Programmveranstaltern breit aufgenommen worden, sondern hat auch bei der insoweit zur Missbrauchsaufsicht berufenen LfR zu keiner wie auch immer gearteten Kritik geführt. Es geht also auch anders. Und dieser Regelung wohnt der Charme inne, im dualen System ausgewogen zu sein. Sie geht von sechs öffentlich-rechtlichen Programmen und sechs privaten Must-carry-Programmen aus.

Was sich in Nordrhein-Westfalen abzeichnet, ist ein 7 plus 2 Regime - einerseits der Must-carry-Programme plus der zwei regionalen bzw. lokalen Programme, die die LfR bestimmt - plus 15 weiterer qua Must-carry-Vorgabe zu belegender Kanäle.

Für uns ist nicht einsichtig, warum der private Funk in doppeltem Maße qua Kanalvorgabe berücksichtigt sein muss, um Vielfalt herzustellen? Ich wiederhole noch einmal: Vielfalt, soweit sie Massenattraktivität bedeutet, ergibt sich schon aus dem schlichten Umstand, dass der Endnutzer danach verlangt. Deswegen werden wir sie ihm auch anbieten. Sie wissen: Unser Unternehmen zieht die Refinanzierung seiner Tätigkeiten im Wesentlichen aus den neuen Diensten. Diese werden wir attraktiv und trotz gelegentlicher Schwierigkeiten im Ergebnis nur erfolgreich vertreiben können, wenn das Basisfernsehprodukt mindestens so attraktiv ist wie heute. Man braucht dazu die engeren Regelungen nicht. Sie sind darüber hinaus strukturellen Bedenken ausgesetzt. Sie verschlechtern unsere Verhandlungsposition gegenüber den Sendern. Wir meinen: Weniger wäre hier mehr.

Wenn Sie aber Kriterien für die vielfaltsichernde Kanalbelegung anwenden wollen - auch dazu in Erwiderung auf Herrn Hahn-Cremer ein paar Sätze -, ist es wichtiger, auf die Kleinen zu schauen, die nicht so eindeutig massenattraktive Angebote machen, die nicht die Familieunterstützung der großen Sender oder öffentlich-rechtlichen Status haben. Sie nämlich würden am ehesten der vielfaltsichernden Begleitung durch die LfM bedürfen und nicht so sehr die aus dem Katalog ablesbaren großen Familienmitglieder.

Noch kurz zu dem Vorschlag von Dr. Schneider, Dr. Brautmeier und Herrn Hahn-Cremer, § 18 Abs. 8 doch ganz zu streichen, und zwar mit der Begründung, die Kabelbetreiber wären schon strukturell gar nicht in der Lage, die vom Gesetz vorgesehenen Ausfallkriterien anzuwenden. - Mir erscheint das Argument - mit Verlaub - bedenklich. Wir haben zwar, von uns so hervorgehoben und von der LfR zum Teil unterstützt - Schwierigkeiten mit den Kriterien, aber wenn ein Verfahren als verbesserungsbedürftig kritisiert wird, man nicht dieses missglückte Verfahren als Argument dafür nutzen zu verlangen, dass die Freiheit nicht ausgeübt werden könnte. Was die Kriterien in § 14, auf die in § 8 Abs. 8 verwiesen wird, anbelangt, so habe ich eben etwas zu den Inhalten und dazu gesagt, was nach Meinung von ish im engeren Sinne vielfaltsichernd wäre. Was für einen Kabelnetzbetreiber anwendbar ist und in der gegebenen Marktsituation zu vernünftigen Ergebnissen führt, hat der Rundfunkstaatsvertragsgeber für den digitalen Bereich bereits entwickelt. Dies findet sich auch in diesem Gesetz, nämlich in § 21 Abs. 3. Es gilt schlicht und einfach, die aufgezählten Programmangebote und die Interessen der angeschlossenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu berücksichtigen. Mit einem in dieser Art richtig verstandenen Verfahren - Dr. Charissé geht noch viel weiter und erklärt, im Prinzip reichten die allgemeinen Grundsätze des Willkürverbots - ist Ihr Argument meines Erachtens entkräftet. Denn dann kann sich die LfM - dafür ist sie ausgerüstet, und das hat sie über viele Jahre betrieben - der Vielfaltsicherung im engeren Sinne widmen und der Kabelnetzbetreiber sodann in der ihm zukommenden Freiheit vernünftige Entscheidungen fällen.

Herr Dr. Freimuth, Sie haben nach dem Tempo der Digitalisierung gefragt. - Auch hier besteht ein Zweiklang. Das Tempo hängt natürlich von der weiteren Investitionsbereitschaft ab. Wir brauchen politische Signale, aber natürlich auch Signale aus dem Markt, die zeigen, dass sich solche Entwicklungen ökonomisch rechnen. Und wir brauchen - das wird gerade für ish entscheidend sein - die neuen Geschäftsmodelle mit den großen Content-Anbietern. Diese suchen wir. Es fehlt nicht an Vorschlägen. Aber sie werden erst auf Augenhöhe und belastbar zu verhandeln sein, wenn sich aus den entsprechenden Rechtsvorgaben Verhandlungspositionen ableiten, die es verdienen, als solche bezeichnet zu werden.

Ich wiederhole noch einmal: In dem Moment, in dem wir großen Senderfamilien gegenüber stehen, die strukturell nicht daran interessiert sind, analoge Reichweiten zu verlieren, weil sie heute ihr Geschäft ausmachen, und die parallel noch mit Must-carry-Vorschriften ihre Marktsituation öffentlich-rechtlich abgesichert haben, muten Sie uns Kabelbetreibern schon sehr viel zu, wenn wir in einer solchen Situation die Marktmodelle verhandeln müssen, die die Digitalisierung überhaupt erst tragen werden. - Das waren meine grundsätzlichen Anmerkungen. Es gäbe mehr.

Dr. Peter Charissé (ANGA Verband privater Kabelnetzbetreiber Satelliten- und Kabelkommunikation e.V.): Es ist bekannt, dass die Firma Ish und die traditionelle Kabelbranche, wie wir sie in der ANGA repräsentieren, in den letzten Monaten nicht immer einer Meinung waren. Allerdings ist es in der Tat so, dass wir, was das Landesmediengesetz betrifft, weitgehend dieselbe Auffassung vertreten. Alleine das sollte dem Gesetzgeber Anlass bieten, noch einmal über den Entwurf nachzudenken. Es besteht zwischen uns auch weitestgehend Konsens sowohl was die analoge Kabelregulierung als auch die digitale anbelangt.

Ich möchte direkt auf die Einlassung von Herrn Hahn-Cremer und Herrn Dr. Brautmeier eingehen, nämlich den Kabelnetzbetreibern diese "Last der Auswahl" zu ersparen. Ich würde das ganz gerne direkt zurückgeben: Uns geht es darum, Ihnen Arbeit abzunehmen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob sich die Entwurfsverfasser bewusst waren, was diese Kabelregulierung in der Praxis bedeutet. Denn es gibt in Nordrhein-Westfalen nicht nur einen Kabelnetzbetreiber namens Ish; es gibt unzählige Kabelnetzbetreiber, die auch teilweise Programme selber einspeisen. Das heißt: In der Praxis würde dieses neue Regelungsregime dazu führen, dass die LfR Hunderte von Kabelnetzen regulieren und damit auch Hunderte von Belegungsentscheidungen treffen müsste. Als letzten Schritt müsste sie auch damit rechnen, dass all diese Belegungsentscheidungen von Programmanbietern angefochten werden. Denn das neue Landesmediengesetz sieht keine allgemeine Rangfolgeliste mehr vor, sondern sagt eindeutig: Wenn das konkrete Netz nicht genug Kapazität aufweist, trifft die Landesmedienanstalt eine Entscheidung. Insofern, lieber Herr Hahn-Cremer, lieber Herr Dr. Brautmeier, hätten Sie sehr viel Arbeit vor sich. Und auch die Prozesse würden sich sicherlich häufen. Ob das förderlich ist: Wir haben da große Zweifel!

Es gibt aber auch noch andere Gründe, weshalb wir in der Tat meinen, dass es allmählich an der Zeit ist, auch das analoge Belegungsregime infrage zu stellen. Das erste Stichwort lautet "Flexibilität". Die im Entwurf enthaltene Regelung, dem Netzbetreiber wenigstens für einen Teilbereich der Kapazitäten Spielraum zu gewähren, muss selbstverständlich einen legitimen Zweck verfolgen. Nun hat man öfter gelesen, es drohte in Zukunft ein Verschachern der Kapazitäten durch die bald in ihrem Handeln völlig freien Kabelnetzbetreiber. Aber auch hier muss man wohl ganz genau hinschauen. Ich kann Ihnen durchaus Beispiele nennen, bei denen sich diese Flexibilisierung bei der analogen Kabelbelegung bemerkbar machen würde:

Wie schon gesagt, gibt es eine Vielzahl von Netzen. Stellen Sie sich vor, Sie wollen mit einem Kabelnetz Wohnanlagen mit einem sehr hohen Anteil an ausländischen Mitbürgern versorgen. Dann möchten Sie natürlich als Dienstleister durchaus mehrere Fremdsprachenprogramme einspeisen, um diesem Kundenwunsch zu entsprechen. Das ist derzeit nicht möglich, weil sie derzeit an eine allgemeine Rangfolgeliste gebunden sind. Und ein solches Unterfangen wäre auch in Zukunft immer von einer konkreten Belegungsentscheidung der LfR abhängig.

Hier ist auch ein Grund gegeben, mehr Flexibilität im Interesse des Kunden einzuräumen. Das können Sie an Beispielen nahtlos fortsetzen. Stellen Sie sich vor, in einem Seniorenheim würden Sie möglicherweise das eine oder andere landesfremde Dritte zusätzlich einspeisen. Also, auch hier geht es nicht darum, dass der Kabelnetzbetreiber Programme hinausdrängt, sondern darum, dass er ein Angebot zusammenstellt, das seinen konkreten Kunden besser entspricht, als es eben von der einmaligen Entscheidung, wie wir sie in der Vergangenheit hatten, vorbestimmt ist.

Letztendlich - ich sagte es schon -: Man hat häufig gelesen, jetzt wäre der Verschacherung der Kabelplätze durch den Netzbetreiber Tür und Tor geöffnet. - Auch das ist nicht ganz richtig. Man muss schon deutlich sehen: Es bleibt ja bei einer Aufsicht durch die Landesmedienanstalt. Es ist ja gerade nicht so, dass in diesem verbleibenden variablen Bereich der Netzbetreiber völlig frei ist. Es ist auch in diesem Entwurf eindeutig normiert, dass der Kabelnetzbetreiber an die Vielfaltsvorgaben gebunden ist und dass er auch hier der Missbrauchskontrolle durch die Landesmedienanstalt unterliegt. Also von einem Freiraum, von Wildwestversteigerung kann auch nach diesem Entwurf gar keine Rede sein. Deswegen geht er uns eigentlich nicht weit genug.

Wir wünschen uns - da stimmen wir mit den Wünschen der Firma Ish überein - eher ein Modell, wie es in Baden-Württemberg gilt. Dort trifft zunächst der Kabelnetzbetreiber die Auswahl bis auf einige Must-carry-Plätze, die wir hier ja auch hätten. Und dann obliegt es der Landesmedienanstalt, gegebenfalls zu protestieren. Ich kann also auch bestätigen: Auch in Baden-Württemberg ist uns bisher nicht bekannt geworden, dass man mit dieser Regelung, die schon seit zwei Jahren gilt, den Untergang des Abendlandes zu befürchten hätte. Das läuft eigentlich ganz gut. Das würde in NRW genauso funktionieren. Insofern würden auch wir uns in der Tat eine Liberalisierung der analogen Kabelbelegung wünschen, zumindest in dem Umfang, wie sie jetzt vorgesehen ist.

Ich sage aber ganz offen: Uns beschäftigt noch mehr die Frage der Digitalisierung. Ich kann Ihnen berichten, wir sind wirklich erschrocken, als wir diesen Entwurf zum ersten Mal bekommen haben. Denn dieses Gesetz wäre das erste Landesmediengesetz in Deutschland, das ein Digitalisierungsverbot enthält. Ich bitte doch zu beachten, dass nach der Regelung auf Dauer rund 25 Kanäle für die analoge Verbreitung festgeschrieben wären, und zwar auch nicht durch eine Entscheidung der Landesmedienanstalt aufhebbar. Lesen Sie es bitte noch einmal nach. Es heißt also auch in der Begründung zu § 27 eindeutig, dass nach Abs. 4 der Bestimmung "im Zusammenhang mit § 18 Abs. 8" vorgesehen wird, "dass höchstens die analogen Kanäle einer Kabelanlage digitalisiert werden dürfen, über deren Belegung der Kabelanlagenbetreiber entscheidet". Wir haben also hier für 25 Kanäle eine Festschreibung der analogen Verbreitung. Das ist ein Digitalverbot. Ich muss schon sagen: Das ist, wenn man wie ich seit Jahren in der Initiative "Digitaler Rundfunk" sitzt, wo man Lösungswege für die Digitalisierung sucht, schon außerordentlich bemerkenswert.

Deswegen - ich komme zum Ende - auch von der ANGA die dringende Bitte, noch einmal die konkreten Folgen dieses Entwurfes zu überdenken.

Ingrid Haas (RTL Television GmbH): Es kommt wohl immer sehr stark auf die Perspektive an, die man einnimmt. Das zeigt sich sehr deutlich in dem, was Herr Schnepper vorhin dargestellt hat. Wenn man sozusagen im Klartext das sagt, was bei ihm so leicht mitklingt - er spricht davon, dass er gerne eine Verhandlungsposition "auf gleicher Augenhöhe" erreichen möchte -, dann ist das natürlich genau das, was wir auch gerne haben wollen.

Das Kabel ist der Verbreitungsweg mit der höchsten technischen Reichweite in Deutschland. Wir erreichen etwa 54 % der Haushalte über das Kabel. Gerade im bevölkerungsstärksten Bundesland NRW wären Einbußen der technischen Reichweite für alle privaten Sender nur sehr schwer zu verkraften. Auch wenn uns gesagt wird, dass nicht das große Geschachere losginge und man diese fünf verbleibenden Kabelplätze nicht meistbietend verkaufen würde, so befindet sich der Kabelnetzbetreiber, der sozusagen diesen Engpass hin zum Zuschauer beherrscht, doch in einer sehr privilegierten Position. Wir können nur davor warnen, bereits in der analogen Welt, in der wir immer noch über dramatische Kapazitätsengpässe verfügen, den Kabelnetzbetreiber diese Freiheiten zu geben, die hier in dem Gesetzentwurf vorgesehen sind.

Wir glauben, dass es mit der Belegung durch die Landesrundfunkanstalt, wie wir sie in der Vergangenheit hatten, gut gelaufen ist. Um es ganz drastisch zu sagen: Mit der Regelung, die hier vorgeschlagen wird, minimieren Sie auch den Druck auf die Kabelnetzbetreiber, das Netz überhaupt zu digitalisieren, weil der Kabelnetzbetreiber mit den Vorgaben, die hier gemacht sind, wunderbares Geld verdienen kann, ohne auch nur einen Euro in den Ausbau zu stecken.

Wir sind von Herrn Hegemann zur Frage der Shoppingkanäle gefragt worden. Wir beurteilen es natürlich positiv, dass ein Kanal für Teleshopping vorgesehen worden ist.

Erlauben Sie noch eine Bemerkung zum Umstieg: Was wir bei dem Umstiegssenario vermissen, ist ein Einspruchsrecht der betroffenen Sender. Der Entwurf sieht vor, dass innerhalb einer laufenden Lizenz Kapazitäten digitalisiert werden können, d. h. bei geringer digitaler Reichweite in den Haushalten würde der betreffende Sender, dessen Lizenz und dessen Kabelkanal das betrifft, massive Einbußen bei der Reichweite haben - natürlich mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Werbegelder.

Noch eine Bemerkung zu den unabhängigen Produzenten, die vorhin schon angesprochen worden sind und die auch bei der Vergabe von Kabelkapazitäten eine Rolle spielen: Es ist ja eine Mär zu glauben, dass die Sender immer nur die sozusagen eigenen oder verwandten Produktionsfirmen bei der Vergabe von Produktionsaufträge berücksichtigen würden oder sie zumindest bevorzugt beauftragen. Das einzige Kriterium, das in einem hoch kompetitiven Fernsehmarkt wie dem deutschen gelten kann, ist das der Qualität. Wenn Sie die Qualität nicht bei den eigenen Unternehmen oder bei den verschwisterten Unternehmen finden, dann suchen Sie eben andere, bzw. Sie nehmen gleich andere, bei denen Sie das sehen, was Sie von Ihrer Produktion erwarten, in die Auswahl. Wenn eine Regelung, wie sie hier vorgesehen ist, durchkommt, würden Sie z. B. eine preisgekrönte Produktion wie den "Tunnel", der von teamWorx, einer Freemantle-Tochter, die zur RTL-Group gehört, produziert worden ist, nicht mehr auf SAT 1 sehen, weil das nämlich mit der Definition, die hier in dem Gesetzentwurf vorgesehen ist, nicht mehr als unabhängiger Produzent gesehen wird;, denn die Definition knüpft an dem Gesamtunternehmen und nicht an dem konkreten Sender an.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Wenn gewünscht, können wir jetzt eine zweite Fragerunde eröffnen. - Herr Hegemann.

Lothar Hegemann (CDU): Ich habe das Gefühl, dass hier etwas durcheinander geworfen wird, nämlich die Digitalisierung des Kabelnetzes und die weiteren Dienste, die Sie anbieten. Können Sie noch einmal sagen, wie die Digitalisierung allein für den klassischen Fernseh-/ Hörfunkbereich bei Ihnen aussieht? Das war ja Ihre Eingangsbemerkung; sie sind selber darauf eingegangen. Ist es so, dass wir dazu eine Verlangsamung zu erwarten haben, weil der andere Bereich eben nicht so boomt, wie er sollte? Wie viel Prozent ist denn schon digitalisiert?

Dr. Frank Freimuth (SPD): Zum einen: Die Frage nach den unabhängigen Fernsehsender ans FORMATT-Institut ist noch offen.

Zweitens. Meine Frage an den WDR lautet: §§ 27 bis 30 regeln ja die Umstellung vom analogen auf das digitale Fernsehen. Können Sie sich vorstellen, dass es sinnvoll sein könnte, solche analogen Vorschriften auch für den WDR zu übernehmen?

Anke Brunn (SPD): Herr Charissé hatte eben für ANGA gesagt, dass die Differenz zu Ish doch nicht so groß wäre, und er hat die jetzt vorgeschlagenen Formulierungen als Digitalisierungsverhinderungsvorschriften bezeichnet. Da ist natürlich zu fragen, inwieweit die jetzt bereits geltenden Vorschriften denn schon als Digitalisierungsverhinderungsvorschriften zu sehen wären, weil Sie das eigentlich umso mehr im Verhältnis zu dem geltenden Recht sagen müssten, mit dem Sie sich bisher behindert geführt haben. Das müsste man vielleicht doch noch etwas genauer ausführen, um zu solchen Schlussfolgerungen zu kommen.

Der andere Punkt: Die Vertreterin von VPRT hat gesagt, man müsste bei dem Übergang von den analogen Kabeln zu digitalen Kabeln ein Einspruchsrecht der Sender oder Senderfamilien einfügen. Dazu würde ich gerne nachfragen, ob es nicht vielleicht besser wäre, bei den Übergangsregelungen aufseiten der LfM, also der Landesanstalt für Medien, mindestens eine Anhörungsmöglichkeit der Sender zu schaffen, dass dies also nicht allein zwischen der LfM und den Kabelnetzbetreiber ausgehandelt wird, sondern dass die Sender bei dem Übergang - das ist ja eine zeitlich befristete Periode, wie lange sie auch immer dauert - Stellung nehmen, ehe man also praktisch vollständige Einspruchsmöglichkeiten bietet. Das würde ich gerne wissen.

Dann möchte doch noch mal zur Digitalisierung fragen. Das geht jetzt an die Vertreter von Ish und ANGA. Sie haben also dargestellt, wie viel neue, zusätzliche schöne Freiheiten es gibt, aber gleichzeitig - und das erschwert die Debatte etwas -, fordern Sie jetzt eine Beschränkung des Must-carry-Bereichs, d. h. aktuell keine Erweiterung, sondern zunächst nur eine Einschränkung der Übertragungsmöglichkeiten im analogen Bereich. Könnten Sie sich nicht vorstellen, dass es da Wege geben könnte, die das für alle Beteiligten vertretbarer machten, um dann zu neuen Möglichkeiten zu kommen? - Denn das ist der Widerspruch in Ihrer Stellungnahme.

Horst Röper (FORMATT-Institut): Zunächst möchte ich doch eine Gefahr verringern. Ich glaube nicht, dass wir, wenn dieses Regelwerk in Kraft träte, demnächst keine teamWorx-Produktionen mehr sehen könnten. Ganz im Gegenteil! Das Gesetz sieht ja nur vor, dass Chancengleich auch in der Produktion hergestellt wird, also in einem Bereich, der sich heute zum Teil den Marktgesetzen entzieht, weil wir es eben mit großen Gruppen zu tun haben, die im Sinne des integralen Konzerns über die Programmveranstaltung auch selbst produzieren. Also, kein Produktionsverbot für Konzernunternehmen, für abhängige Unternehmen, Frau Haas, sondern nur eine Chancengleichheit zugunsten von Unabhängigen!

Ähnlich, denke ich, ist auch die Problemlage bei den Programmveranstaltern, bei den kleineren zumal. Herr Schnepper hat ja darauf hingewiesen, dass die beiden großen Senderfamilien ob ihrer Marktkraft natürlich in der Lage sind, auch gegenüber Kabelbetreibern ganz bestimmte Positionen zu besetzen, u. a. eben durchzusetzen, dass sämtliche ihrer Programme übertragen bzw. ins Kabel aufgenommen werden. Dies gilt für die jetzigen, aber womöglich auch für weitere. RTL 2 hat beispielsweise vor kurzem angekündigt, ein weiteres Programm aufzulegen.

Hier gilt es also auch - das ist ein wesentlicher Punkt - dafür zu sorgen, dass Chancengleichheit in Bezug auf die unabhängigen Anbieter besteht, also jene, die nicht den beiden großen Senderfamilien angehören. Eine der Familien wird ja mindestens so groß bleiben, wie sie heute ist; die andere wird sich vielleicht verändern. Daneben gibt es lediglich relativ begrenzten Spielraum für konzernunabhängige Anbieter, und das scheint mir auch schon im geltenden Gesetz nur unzureichend ausgeprägt zu sein. Den Schutz für unabhängige Anbieter und auch die Entwicklungsperspektive im Digitalen zu haben ist ein ganz wesentlicher Punkt, zumal demnächst diese großen Gruppen - womöglich zwei noch mächtigere Gruppen - über enormen Einfluss verfügen.

Eva-Maria Michel (Westdeutscher Rundfunk): Ich möchte auf die Frage von Herrn Freimuth eingehen, ob es von uns als sinnvoll erachtet wird, eine Regelung ähnlich wie § 27 Abs. 3 auch in das WDR-Gesetz aufzunehmen. Diese Frage kann ich nur ganz klar bejahen. Wir bräuchten für den Umstieg Analog auf Digital in der Terrestrik eine Regelung, die es uns ermöglicht, auch dort Zug um Zug die analoge terrestrische Verbreitung einstellen zu können, um in die Digitalität überzugehen.

Dabei - das habe ich bereits heute Morgen erwähnt - wäre es aus unserer Sicht notwendig, die Frage, was als angemessene Bedingungen anzusehen ist, noch stärker zu konkretisieren. Hier bietet, wie wir meinen, § 52 a Rundfunkstaatsvertrag in der Begründung einige Kriterien, die in den Text des WDR-Gesetzes aufgenommen werden könnten. Ich darf noch einmal erwähnen, welches das für Kriterien sind: Ein Kriterium wäre die Anzahl der betroffenen Teilnehmer in einem Umstellungsgebiet, dann die Frage, ob es bereits zu vertretbaren Kosten die erforderlichen Empfangsgeräte am Markt gibt, weiterhin insgesamt die digitale Versorgung im Umstellungsgebiet, das Programmangebot und die sonstigen digitalen Dienste, natürlich auch die Kosten für den Netzbetreiber, den Programmanbieter und den Endkunden. Was für uns auch wichtig ist, weil es erhebliche finanzielle Auswirkungen hat, ist die Dauer des Simulcast-Betriebes; wir haben ein Interesse daran, die Simulcast-Phase so kurz wie möglich zu halten.

Für den Kabelbetrieb sehen wir eine solche Regelung im WDR-Gesetz nicht für erforderlich an, weil es die entsprechenden Regelungen im neuen Landesmediengesetz gibt.

Zu dem, was wir bereits schriftlich vorgetragen haben und was Ihnen vorliegt, möchte ich ergänzend auf einen Punkt hinweisen, den wir aufgrund unserer Erfahrungen in verschiedenen Ländern erkannt haben. Ich möchte anregen, dass die Umstellung im Kabel von Analog auf Digital - das ist hier bereits angesprochen worden - im Benehmen mit den betroffenen Kabel-, nein Programmanbietern erfolgen sollte. Wir stellen uns vor, dass es hier ein konstruktives Zusammenwirken geben muss. Es muss klar sein, dass vorher ausreichende Informationen an die Haushalte erfolgen. Das muss vorher mit dem Programmanbieter festgelegt werden. Das gilt auch für die Frage, in welchen Schritten umgestellt wird. All das muss zuvor mit den Programmanbietern besprochen werden, weil die praktische Erfahrung zeigt, dass die Zuschauerbeschwerden zum großen Teil bei den Rundfunkveranstaltern auflaufen. Ich weiß nicht, was bei den Kabelnetzbetreibern ankommt, aber bei uns läuft relativ viel auf.

Ergänzend noch eine weitere Anregung: Im Hinblick auf die digitalen Kabelanlagen haben wir Erfahrungen in anderen Ländern, also nicht in Nordrhein-Westfalen. Insbesondere haben wir in Sachsen die Erfahrung mit Primakom. Dort befinden sich die Programmanbieter mit dem Kabelbetreiber bei den Verhandlungen keineswegs auf Augenhöhe. Primakom hat als Kabelbetreiber die digitalen Buketts der Programmangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, aber auch der Privaten einfach entbündelt, ohne vorher die Rundfunkveranstalter zu fragen. Aus unserer Sicht muss sichergestellt sein, dass jedenfalls für öffentlich-rechtliche Programme, für die der Zuschauer Rundfunkgebühren bezahlt, vom Kabelnetzbetreiber nach seinen Geschäftsmodellen nicht noch einmal zusätzlich ein programmbezogenes Entgelt gefordert wird.

Das sind Regelungen, die aus unserer Sicht noch bei § 21 des Gesetzentwurfs aufgenommen werden müssten.

Henning Schnepper (Ish GmbH & Co KG): Herr Hegemann hat noch einmal nach der Digitalisierung gefragt. Gibt es Verzögerungen? Wie viel haben wir eigentlich schon?

Vielleicht zunächst noch kurz zur Begrifflichkeit! Das Breitbandkabel, wie wir es übernommen haben - auch das der ANGA auf der NE 4 -, wird schon heute für digitales Fernsehen genutzt. Wir haben eine ganze Reihe von Kanälen, in denen aufgrund langfristiger vertraglicher Abreden etwa die Angebote von Premiere - toi, toi, toi! - weiterverbreitet und auch mit entsprechendem Empfangsgerät gesehen werden können.

Es gibt zweitens die Bestrebungen von Ish, das Kabel auszubauen und zu einer bidirektionalen, also einer Zweiwegstraße zu machen. Das erfolgt gleichzeitig mit einer Kapazitätserweiterung um fast das Doppelte.

Damit wird Zweierlei erreicht: Wir können individual kommunizieren, wir können über das Kabel Rückmeldungen haben - seien es einfache, sei es ein schnelles Internet, sei es ein Telefongespräch -, aber wir haben eben auch einen Kapazitätszuwachs. Wir können mehr auf dem Kabel machen. Da bietet es sich an, dieses Mehr in digitaler Technik zu machen.

Wie viel haben wir insoweit erreicht? Insoweit sind hier in Nordrhein-Westfalen mit immerhin im vergangenen Jahr schon rund 500 Millionen Euro Investitionen - insgesamt sollen es 2 Milliarden Euro werden - über 1 Million Haushalte auf der Netzebene 3 in diesem Sinne bidirektional gemacht worden. Die entsprechenden Planungen diskutieren wir im Augenblick mit unseren Shareholdern und Investoren. Es wird zu einer Verlangsamung des Ausbaus kommen. Aber wir können Ihnen die Details - wie viele Haushalte? - heute noch nicht sagen. Das können wir seriöserweise erst dann tun, wenn diese Gespräche abgeschlossen sind. Sie dauern an.

Das bedeutet nicht eine Abkehr von der Struktur, aber eine engere Ankoppelung der weiteren Ausbautätigkeit an die Markterfolge unserer Produkte und auch an die Kooperationserfolge mit den Kollegen z. B. von der NE 4, aber auch von der Wohnungswirtschaft, die in letzter Zeit recht vielversprechend voranschreiten.

Kurz eine Fußnote zu dem häufig zu hörenden und auch eben zitierten Argument, wir nutzten etwaige Freiheiten, um sie dann meistbietend zu versteigern, die Vielfalt werde durch die Kraft des ökonomisch Stärksten ersetzt. Inwieweit das, wenn es denn so wäre, Teufelswerk wäre, falls zunächst einmal die Vielfalt gesichert ist, will ich an dieser Stelle einmal ganz bewusst offen lassen. Die LfR weist selber darauf hin, dass ein Kabelnetzbetreiber wie Ish mit Marktbeherrschung in der Programmverteilung auf der Endkundenseite entgeltreguliert ist, was die Teilnehmerentgelte anbetrifft - davon haben Sie alle viel gehört; in den entsprechenden Abstimmungen befinden wir uns im Augenblick -, aber auch was zumindest diskriminierungsfreie Gleichbehandlung auf der Einspeiseentgeltseite betrifft. Insoweit ist auch dieses wohlfeile Argument bei näherer Betrachtung so nicht ganz richtig.

Frau Haas, seien Sie doch hier ein bisschen selbstbewusster, wie Sie es in Ihren Vertragsverhandlungen auch sind. Sie haben in der Kritik meines Beitrags die Massenattraktivität Ihrer Inhalte unterschlagen. Ohne Ihre Programme werden wir kein attraktives Kabelfernsehen machen. Das prägt Ihre Verhandlungsposition. Wenn diese zusätzlich mit Must-carry-Verpflichtungen, also Transportverpflichtungen ausgestattet ist, dann frage ich Sie offen: Was verhandele ich denn dann noch? Ich brauche Sie aus der Marktsicht sowieso. Wenn dann noch eine entsprechende kanalbelegungsrechtliche Absicherung hinzutritt, müssen wir, glaube ich, nicht mehr verhandeln.

Jetzt zur Digitalisierung als solcher! Das wird unseres Erachtens nur im Schulterschluss gehen; dafür ist Augenhöhe erforderlich. Ein Netzbetreiber hat ein hohes Interesse daran, sein Netz insgesamt digital zu betreiben. Zwar sind weitere Investitionen erforderlich. Aber ich kann auf einer Kapazität nach derzeitigem Stand der Technik Inhalte mit dem Faktor 8 produzieren, theoretisch auch entsprechend intensiver betriebswirtschaftlich produzieren.

Wer hat kein Interesse daran, zügig digital zu werden? Derjenige, der in einem engen analogen Markt gut eingerichtet ist und potenziell die Abwesenheit von Wettbewerb, solange sein Geschäft funktioniert, nicht zu scheuen braucht. Frau Michel hat eben, wenn ich ihr das unterstellen darf, den freudschen Versprecher mit dem Einvernehmen mit dem Kabelnetzbetreiber bei der Digitalisierung gebracht. Ish ist kein Programmhaus, Ish braucht die veredelten Inhalte der großen Content-Anbieter dieser Republik. Die wollen wir gemeinsam in die Netze bekommen. Dazu sind Marktmodelle erforderlich, die dem dritten Investor in diese Technik, unserem gemeinsamen Kunden und Zuschauer, zumutbar sind und die deswegen die vorherige Investitionslast auf die Schultern der Anbieter genauso wie der Netzbetreiber verlagern. Um das erreichen zu können, brauchen wir die Augenhöhe.

Ein Wort zu dem von Ihnen aufgezeigten Widerspruch, Frau Brunn. Wenn ich Sie richtig zusammenfasse, sagen Sie: Ish, du forderst weniger analoge Must-carry-Vorschriften, sagst aber umgekehrt, die Digitalisierung verzögere sich. Wie passt das denn zusammen?

Wir wollen eine Freiheit erreichen. Ich sage nicht: Wenn ich weniger analoges Must-Carry habe, wird im Umfang der Must-carry-Kanäle analog verbreitet werden. Bis wir das massenfähige Marktmodell mit attraktiven neuen Inhalten gefunden haben, werden wir weiter analog verbreiten. Ich will nur ein höheres Maß an Freiheit, um selber entscheiden zu können in Abstimmung mit dem, was meine Kunden wollen, was Leute sehen wollen und was ich ökonomisch unter Gleichbehandlungsgrundsätzen erzielen kann. Dann werde ich weiter Analog nutzen. In dem Moment, in dem ich die neuen Inhalte und entsprechende Geschäftsmodelle mit öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern habe, wobei ich der Forderung von Frau Michel, was die Abwesenheit von spürbaren Zusatzentgelten anbetrifft, hier nicht förmlich widerspreche, werden wir gemeinsam zum Roll-out kommen, der ökonomisch verträglich die Dinge ermöglicht.

Sie haben es in der Hand, dazu ein Rahmenwerk zu schaffen, das die notwendigen Freiräume schafft. Ish ist nicht Primakom. Deren Marktmodelle haben sich - Stichwort "Augenhöhe", Frau Michel - bei rechtlicher Überprüfung auch nicht als allzu tragfähig erwiesen, zumindest was den privat finanzierten Ansatz angeht. Ish wird die weitere Entwicklung am Markt im Konsens mit den Marktpartnern durchführen, braucht aber dafür ein entsprechendes grundsätzliches Handwerkszeug. Dazu müssen Sie Freiheiten geben.

Wenn ich es zum Schluss vielleicht so sagen darf: Es geht darum, das Kabel aus der dienenden Funktion zu entlassen in eine nach marktwirtschaftlichen Kriterien funktionierende Telekommunikationsinfrastruktur. Sie haben mit Ish Investoren hier. Sie müssen aber auch gewisse Freiheiten geben.

Ich hoffe, ich habe Ihnen aufzeigen können, dass sie schon qua Markt den Vielfaltskriterien, die Sie anlegen, entsprechen. Sie können solche Investitionen nicht erwarten - von dem erheblichen Kaufpreis, der geleistet wurde, einmal ganz zu schweigen - und gleichzeitig das alte Belegungsregime fortsetzen. Wie sagen die Engländer? "You can't have the cake and eat it." Wenn man solche Investitionen will - und man will sie und hat sie hier ja auch schon bekommen -, dann muss man auch bereit sein, die damit korrespondierenden Freiheiten zu gewähren. "Tertium non datur" - wem das Anglizistische zu jovial war.

Dr. Peter Charissé (ANGA Verband privater Kabelnetzbetreiber Satelliten- und Kabelkommunikation e. V.): Zu der Nachfrage: Ist das Digitalisierungsverbot wirklich eine Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Rechtsstand? Dies kann man ganz klar mit Ja beantworten, weil das Landesrundfunkgesetz derzeit keine Vorschrift zu dieser Frage enthält und man sich weitestgehend einig ist, dass die vor der tatsächlichen Belegung zu beantwortende Frage, wie viel Kapazitäten analog und wie viel digital verwendet werden, primär vom Netzbetreiber zu entscheiden ist.

Man kann das an einem einfachen Beispiel festmachen: Wenn Sie sich vorstellen, Sie hätten ein Netz mit ca. 40.000 Haushalten, Sie würden aufrüsten und sich als Netzbetreiber entscheiden, Geld in die Hand zu nehmen und die entsprechenden Digitalboxen, die auch alle Standards - z. B. MHP - erfüllen, bereitzustellen, dann dürften Sie das nach Rundfunkrecht derzeit tun. Nach dem neuen Landesmediengesetz, wie es im Entwurf vorliegt, wäre das untersagt, weil Sie 25 Kanäle analog aufrechterhalten müssten.

Natürlich würden wir so eine Entscheidung nicht gegen die Programmanbieter treffen. Auch wir bei der ANGA sind der Meinung, dass das im Konsens geschehen muss. Nur Frau Michel, es bringt nichts, wenn wir uns mit ARD, ZDF und dem privaten Rundfunk einig sind, dass wir digitalisieren wollen, das aber nach dem Gesetz gar nicht erlaubt ist. Insofern wären wir dann zwangsläufig in einer Sackgasse.

Zu der Frage: Fordern wir denn weniger "must carry" im analogen Bereich? Nein, wir fordern nicht weniger "must carry". Uns geht es primär um die Frage: Wo liegen die Zuständigkeiten? Bisher ist es so, dass die Belegung in jedem Fall durch die Landesmedienanstalt getroffen wird. Wir wünschen uns eine Regelung, dass zunächst der Netzbetreiber nach den gleichen Kriterien die Auswahlentscheidung trifft, und in dem seltenen Fall - das hat die Praxis in Baden-Württemberg gezeigt - eines Missbrauches dann die Landesmedienanstalt nachträglich einschreiten kann. Es geht keinesfalls um andere inhaltliche Maßstäbe, sondern es geht primär um die Frage des Verfahrens. Wir sind für Verfahrenserleichterungen.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Sie haben jetzt zum zweiten Mal die 25 Kanäle angesprochen, die nicht der Digitalisierung zur Verfügung stehen. Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor, aber das kann sicherlich gleich aufgeklärt werden.

Ingrid Haas (RTL Television GmbH): Ich glaube, Ish kann kein besonders ausgeprägtes Mitleid von uns dafür erwarten, dass sie für das Kabelnetz einen so hohen Kaufpreis bezahlt haben, der es schwierig macht, das Geld wieder zurückzuverdienen. Ich höre immer gern die enormen Summen, die dort im Raum stehen, und frage mich, ob einmal jemand zusammengerechnet hat, wie viel Investitionen die privaten Fernsehveranstalter über die Zeit da hineingesteckt haben, sodass wir im europäischen Vergleich eine vielfältigere Fernsehlandschaft haben als in jedem anderen europäischen Land.

Insofern glaube ich, dass man auch unsere Investitionen und die Unternehmenswerte, die wir im Laufe der Zeit geschaffen haben, schützen sollte. Auch wir sichern direkt und indirekt eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Es ist nun einmal so, Herr Schnepper, dass Sie mit dem regionalen Monopol und der Beherrschung der Infrastruktur, die für die Verbreitung von Fernsehprogrammen die wichtigste ist, sozusagen die Hand auf dem "bottle-neck" haben. Es kommt aber immer auf die Perspektive an. Es geht nicht ohne uns, sagen Sie, und dann fordern Sie uns immer zu mehr Selbstbewußtsein auf.

Was das Haus, das mich bezahlt, angeht, kann ich mit Selbstbewußtsein sprechen und habe keine Angst, dass ich aus den Kabelanlagen herausfliege. Ich spreche aber in meiner Eigenschaft als Vizepräsidentin des VPRT, und dort sind etliche Rundfunkveranstalter - auch unabhängige Rundfunkveranstalter - versammelt, bei denen es eben nicht so sicher ist, die nicht so publikumsattraktiv sind und nicht so hohe Marktanteile haben wie der Sender RTL-Television. Es gibt auch in unserer eigenen Sendergruppe Sender, die klein sind und evtl. hinten über fallen würden. Diese versuchen wir alle miteinander zu schützen.

Frau Brunn hat gefragt, wie wir damit umgehen würden, wenn es ein Anhörungsrecht gäbe. Ein Anhörungsrecht ist sicher schon besser als das, was derzeit im Entwurf steht, nämlich gar nichts. Natürlich wäre es uns lieber, wenn es - wie Frau Michel gesagt hat - nur im Benehmen mit uns ginge. Wenn wir nur die Wahl haben zwischen digitaler Einspeisung und je nach Penetration der Haushalte mit digitalen Set-Top-Boxen eine Reichweite von 5 % erreichen können oder gar keiner Einspeisung, wird sich natürlich jeder für die 5 % entscheiden. Wir müssen der digitalen Einspeisung auf jeden Fall zustimmen, weil es sich um einen urheberrechtlich relevanten Vorgang handelt.

Unser Problem ist nicht die Digitalisierung. Wir wollen die Digitalisierung, und zwar so schnell wie möglich, weil es besser für die kleinen Sender mit Spartenangeboten ist, aber auch für die großen Senderfamilien, die aufgrund der Kapazitätsengpässe derzeit große Schwierigkeiten haben, neue Angebote in den Markt zu geben.

Das Schwierigste für uns ist die Zeit "in between", wenn wir sozusagen digitalisiert haben, aber die Kunden keine digitalen Set-Top-Boxen annehmen. Angesichts dessen, was im Moment - ich beobachte das für den Raum Köln sehr genau - an Verunsicherung bei den Kunden stattfindet, was die Leistungsfähigkeit der Kabelnetzbetreiber angeht, befürchte ich, dass die Emphase der Kunden für die digitalen Angebote doch sehr reduziert sein wird.

Für uns ist die Reichweite das Wichtigste und dass wir ohne unsere Zustimmung nicht von der Reichweite abgeschnitten werden können, deswegen unsere Vorschläge in den diversen Anmerkungen.

Dr. Jürgen Brautmeier (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Wir reden über § 27 Abs. 4. Wenn man dem Vorschlag der LfR folgt, § 18 Abs. 8 zu streichen, nämlich diese 15 Kanäle, die noch im Regime der LfR sind und danach nicht mehr, dann wäre auch in § 27 Abs. 4 der Bezug zu § 18 Abs. 8 zu streichen. Damit ist dann auch dieses angebliche Digitalisierungsverbot gefallen. Dann stünde dort nur noch: Der Kabelanlagenbetreiber kann mit Einwilligung der LfM analoge Kanäle digitalisieren.

Im Übrigen steht einen Absatz weiter: Das Nähere regelt die LfM durch Satzung. Natürlich würden wir in die Satzung hineinschreiben, dass das nicht ohne Anhörung der Veranstalter zu geschehen hat. Ich würde aber davor warnen, Benehmen, geschweige denn Zustimmung der Veranstalter, hineinzuschreiben. Dann bestimmt das langsamste Schiff im Geleitzug das Tempo.

Wenn man dies wie es hier steht lässt und nur den Bezug zu § 18 Abs. 8 streicht, können wir gut in diese Richtung weitermarschieren.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Es gibt vonseiten der Abgeordneten keine weiteren Nachfragen. Damit schließen wir Block 4 ab. Ich danke Ihnen auch hier für Ihre konzentrierte und sachliche Mitarbeit.

Ich rufe nun auf den Block 5:

Sonstige Vorschriften

Das sind all die Paragraphen, die wir bisher noch nicht behandelt haben. Sie befinden sich im Abschnitt XI, XII und XIII. Gibt es vonseiten der Abgeordneten dazu Fragen? - Herr Hegemann

Lothar Hegemann (CDU): Ich habe eine Abschlussfrage an die LfR: Fühlen Sie sich jetzt mehr als Medienanstalt statt als Rundfunkanstalt? Jetzt haben Sie die Gesamtkompetenz auch in Medienfragen bekommen. Kommt die überhaupt bei Ihnen an, oder steht die nur im Gesetz?

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich glaube schon, konstatieren zu können - das konnten wir aber schon vor der Anhörung -, dass wir im Bereich dessen, was die Aufgabenstellung der Landesanstalt für Rundfunk und der künftigen LfM angeht, eine ganze Menge an Zuwachs bekommen. Das heißt, das Aufgabenprofil wird vielfältiger. Damit wird auch die Einflussmöglichkeit, die die Landesanstalt für Rundfunk auf bestimmte medienpolitische Bereiche nehmen kann, größer. Ich habe die Satzungsermächtigungen zwar nicht gezählt, aber es sind eine Reihe. Wenn man sich allein das Thema digital und analog ansieht, so heißt es in fast jedem zweiten Absatz: "Das Nähere regelt die LfM." Hier wird natürlich schon ein Gestaltungsspielraum geschaffen, den wir auch begrüßen. Die Kritikpunkte, die wir haben, sind von uns genannt worden.

Bei den Übergangsbestimmungen möchte ich auf einen Punkt hinweisen. Ich habe den Eindruck - das kann ich auch nachvollziehen -, dass man versucht, das Gesetz jetzt zügig zu beraten. Irgendwann Ende Juni wird wohl eine dritte Lesung des Gesetzentwurfes stattfinden. Im Juli wird dann das Gesetz in Kraft treten. Dazu muss man sich dann den Ferienplan des Landes Nordrhein-Westfalen ansehen. Man wird feststellen, dass die Zeit, in der der Vorsitzende nach der Übergangsvorschrift aufgefordert ist, die neue Kommission zu besetzen und allen Organisationen das mitzuteilen, in die Ferien fällt. Ich bitte deshalb darum, in dieser Frage die Übergangsfrist wenigstens von drei Monate auf vier Monate auszudehnen, damit mindestens zwei Monate in der ferienfreien Zeit liegen. Sonst ist das, glaube ich, nicht hinzubekommen.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank, Herr Hahn-Cremer für diesen sehr konkreten Vorschlag. - Frau Brunn, bitte.

Anke Brunn (SPD): Die letzte Anregung ist sehr praktischer Natur, und es ist auch wichtig, diese aufzunehmen. - Ich habe heute Morgen dazu eine Frage Herrn Professor Stock gestellt. Es werden sehr viele zusätzliche Definitionen im Gesetz gefordert. Ich hatte Professor Stock gefragt, wie wirksam die bisherigen Regelungen sind bzw. wie sich die Kontroll-, Sanktions- und Aufsichtspraxis aktuell darstellt. Die Vertreter der LfR haben darauf mimisch heftig reagiert, weil diese die Deregulierung als sehr angemessen ansehen. Jetzt frage ich Sie noch einmal explizit: Wie beurteilen Sie aufgrund Ihrer bisherigen praktischen Erfahrung die Sanktionsmechanismen im Hinblick auf die sehr viel strengeren Vorgaben, die das bisherige Gesetz enthält?

Wolfgang Hahn-Cremer (Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen): Ich darf die Aussage noch einmal wiederholen: Wir sind uns in der Tendenz völlig einig, was die Frage der Deregulierung und des so genannten Führerschein-Prinzips angeht und was die Frage der Zulassung und Trennung der Verbreitung betrifft. Ich glaube, das muss man aus der Praxis heraus sehen - deswegen kamen wahrscheinlich auch die heftigen Reaktionen -, weil Sie ja den letzten analogen Fernsehveranstalter vor Jahren zugelassen haben und es momentan am Horizont nicht die Hoffnung auf neue große Veranstalter gibt. Wir haben eher das Gefühl, dass es weniger Veranstalter geben wird. Bei den Spartenprogrammen wird das dann schon sehr schwierig.

Ich will das noch einmal an drei Punkten deutlichen machen: Wir streiten uns nicht mit denen, die heute Morgen hier Bedenken geäußert haben, was den bisherigen § 5 angeht, nämlich die Frage des Nachweises der wirtschaftlichen Fähigkeit. Das ist in Ordnung; das kann man mit aufnehmen. Natürlich haben wir noch Vollprogramme und müssen deswegen auf den § 12 Abs. 3 rekurrieren. Auch das ist in Ordnung. Das große Problem liegt bei § 11. Wer § 11 eins zu eins übernehmen will, wie das vorgeschlagen wird, unterwirft dann auch Spartenprogramme und vor allen Dingen Mediendienste einem Regime, das wir nicht mehr für adäquat halten. Dann kann der Gesetzgeber entweder darauf verzichten oder er müsste sich zu differenzierenden Regelungen durchringen. Das wäre die einzige Möglichkeit, die er hat. Eine Eins-zu-eins-Übernahme ist aber aus unserer Sicht nicht machbar. Dann muss man die Mediendienste aus diesem Gesetz herausnehmen. Das wäre ansonsten sehr schwierig für uns. Ich bin dankbar, dass ich auf diesen Punkt noch einmal eingehen konnte.

Vorsitzende Claudia Nell-Paul: Herzlichen Dank, Herr Hahn-Cremer. Sowohl durch die Frage als auch durch Ihre Antwort haben wir jetzt den Kreis zu heute Morgen wieder geschlossen. Das ist also ein rundes Ergebnis unserer Anhörung. Das heißt aber nicht, dass wir wieder von vorne anfangen sollten.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen für Ihre sehr sachliche und konstruktive Mitarbeit bei unserer Anhörung zum Landesmediengesetz. Ich danke Ihnen auch für Ihre Geduld, denn wir haben einige Stunden in diesem Plenarsaal verbracht.

Ich sichere Ihnen zu, dass die Fraktionen und der Medienausschuss sowohl Ihre schriftlichen Stellungnahmen als auch das heute mündlich Vorgetragene sehr intensiv beraten werden. Diese Anhörung war keine Scheinanhörung, wie ich das schon einmal gehört habe. Ich glaube, Sie haben am heutigen Tag gespürt, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Anregungen im Rahmen der heutigen konstruktiven und kritischen Diskussion stattfindet. Vieles von dem, was Sie eingebracht haben, wird sich wohl auch in den Änderungsanträgen der Fraktionen wiederfinden, manches vielleicht auch nicht. Das obliegt nun der politischen Debatte.

Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung und Hilfe. Ich hoffe, dass wir nach den Beratungen am Ende ein gutes Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen haben werden, mit dem alle gedeihlich arbeiten können.

Ich wünsche Ihnen einen guten Weg nach Hause und noch einen schönen Abend. Noch einmal herzlichen Dank. Sie sind auch herzlich willkommen bei den öffentlichen Sitzungen des Medienausschusses.

gez. Nell-Paul

Vorsitzende



jo/07.05.2002/08.05.2002

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